Freitag, 28. September 2012

Die Hurenkönigin - Ursula Neeb


Man schreibt das Jahr 1511. Im städtischen Frauenhaus herrscht große Aufregung, denn die Hure Rosi wird vermisst. Als sie wenige Tage später, am Gedenktag  der heiligen Maria Magdalena, tot und brutal verstümmelt aufgefunden wird, gerät ein armer Landgänger in Verdacht, da er Rosis letzter Kunde war, bevor sie verschwand. Lediglich Ursel Zimmer, die Frauenhauswirtin und „Hurenkönigin“, wie sie genannt wird, glaubt die Geschichte, die der Mann erzählt, dass er im Auftrag eines gut zahlenden Herrn gehandelt hat und Rosi für diesen anwerben sollte.
Es bleibt nicht bei dem einen Mord, und nachdem die Stadtobersten einmal ihr Urteil gefällt haben, ist für sie die Sache erledigt. Ursel, die auch Vorsteherin der städtischen Hurengilde ist, fühlt sich verantwortlich für die Frauen unter ihrem Schutz und macht sich allein auf die Suche nach dem wahren Mörder…
Die Handlung dieses Romans, die im Rotlichtmilieu Frankfurts, zu Beginn des 16 Jahrhunderts spielt, ist packend erzählt, von der ersten bis zur letzten Seite. Für mich war fast bis zum Schluss nicht abzusehen, wie sich die Sache mit den Morden klärt, denn die Zusammenhänge sind sehr komplex und lange nicht so geradlinig, wie es anfangs scheint. Dies ist auch gut so, denn sonst wäre die Geschichte ja viel zu schnell zu Ende.
Die Auswüchse eines extremen religiösen Fanatismus sind teilweise recht drastisch dargestellt und nicht unbedingt etwas für sensible Gemüter. Da lief mir beim Lesen so mancher Schauer über den Rücken. Aber auch die grausigen Szenen fügen sich ins Bild und sind für den Fortgang der Handlung notwendig. Die brutalen Morde an den Hübscherinnen sind jedoch nicht das einzige Problem von Ursel Zimmer, der Hurenkönigin. Zu allem Überfluss kommt die Zunft der Huren in Verruf, weil sich allerorts die Lustseuche immer stärker ausbreitet und auch vor dem Frankfurter Frauenhaus nicht Halt macht. Die Kunden bleiben aus, und die Schließung des Etablissements droht.

Sehr bemerkenswert finde ich, dass die Heldin des Romans ein Mensch ist, der einer Randgruppe der Gesellschaft angehört. Mit ihrer großen Liebe, dem Gelehrten Bernhard von Wahnebach, bildet sie ein recht ungleiches und doch sehr harmonisches Paar, das sich erstaunlich gut mit den Verhältnissen arrangiert hat, was in der beschriebenen Zeit ganz sicher nicht einfach war. Man erfährt  immer wieder sehr deutlich die starke Macht der Vorurteile, mit denen nicht gespart wurde, wenn es darum ging, Personen eines gewissen Standes auszugrenzen. Es ist interessant, die verschiedenen Reaktionen zu beobachten, und es hat mir gefallen, dass hier auch einmal die menschliche Seite der so genannten „Unehrlichen“ gezeigt und betont wird, was sich nicht nur auf die Huren beschränkt, sondern in diesem Fall den Henker einmal aus einem ganz anderen Blickwinkel zeigt.
Zudem ist mir positiv aufgefallen, dass in dieser Geschichte „schön“ nicht automatisch gleichbedeutend mit „gut“ ist.
Ein tolles Buch, bei dem nicht nur die Freunde gut recherchierter historischer Romane auf ihre Kosten kommen, sondern an dem auch die Liebhaber spannender Kriminalgeschichten ihre Freude haben werden. Ich habe mittlerweile erfahren, dass es zu diesem Roman einen Vorgänger gibt, in dem die Hurenkönigin Ursel Zimmer ebenfalls schon eine Rolle gespielt hat, jedoch nicht im Mittelpunkt stand. Daher ist es kein Problem, wenn man, wie ich, „Das Geheimnis der Totenmagd“ noch nicht gelesen hat. Ich konnte mich schnell in die Geschichte einfinden, ohne das Gefühl, etwas verpasst zu haben. Der Schreibstil der Autorin hat mich gefesselt, und ich habe mich inzwischen schon nach anderen Werken von Ursula Neeb umgesehen.


Dienstag, 25. September 2012

Die Stadt aus Gold und Silber - Kenizé Mourad


Kurzbeschreibung:
Ein bewegendes Epos, eine legendäre Frau und eine vergessene Welt

Indien 1856. Im Harem von Lakhnau herrscht blankes Entsetzen. Britische Soldaten haben den Palast gestürmt und vertreiben die Favoritinnen aus ihren Gemächern. Nur eine Frau stellt sich dem englischen Besatzer: Hazrat Mahal, das zur Königin aufgestiegene Waisenmädchen. Sie ist ebenso schön wie entschieden, ihre Heimat zu retten. An ihrer Seite kämpft der treue Radscha Jai Lal, der für sie alles opfern würde. Zwei Jahre lang ist Hazrat die Seele des Widerstands, bis die Briten ihr ein unmoralisches Angebot machen …

Mein Eindruck:
Die Handlung des Romans spielt um die Zeit zwischen 1856 und  1859, beginnend bei der Annexion des indischen Fürstenstaates Awadh, der bis dahin unter der Herrschaft von Wajid Ali Shah stand. Diesem wurde von den Briten die Fähigkeit aberkannt, vernünftig zu regieren,  und so war die Ostindiengesellschaft bestrebt, den Staat zu annektieren, wie es das Schicksal vieler kolonialisierter Gebiete zur damaligen Zeit war. Awadhs Herrscher beschloss, selbst nach England zu reisen, um sein Recht bei der Königin persönlich einzufordern.
Wenig später erfuhr seine zurück gebliebene Familie, dass er inhaftiert und nach Kalkutta ins Exil verbannt worden war. Um dem Staat Awadh vorübergehend wieder eine Führung zu geben, bringt Wajid Ali Shas vierte Ehefrau, die Begum Hazrat Mahal, ihren 12-jährigen Sohn Birjis Quadar auf den Thron. Sie ist die Hauptperson dieser Geschichte, eine charismatische Frau, der ihr Volk am Herzen liegt, da das frühere Waisenmädchen selbst aus einfachen Verhältnissen stammt. Ihre Handlungen und Entscheidungen, die sie als Regentin, im Namen ihres Sohnes, für ihr Land trifft, ziehen sich wie eine Leitlinie durch das ganze Buch. In dem Radscha Jai Lal findet sie einen treuen Vertrauten und Mitkämpfer.
Die Ostindiencompany war nicht darauf gefasst, dass sich die Bevölkerung gegen die Engländer stellen würde, denn die Verantwortlichen hatten sich Dankbarkeit von den angeblich Ausgebeuteten erwartet.
Aber überall im Land brodelt es und kommt zu Unruhen, die sich 1857 zu einem blutigen Aufstand ausweiten. Hindus und Moslems ziehen gemeinsam an einem Strang, um ihren Unterdrückern die Stirn zu bieten.

Betrachtet man die prachtvoll-orientalische Covergestaltung, erwartet man eher eine märchenhafte, exotische Geschichte. Aber der erste Eindruck täuscht. Die Handlung ist alles andere als glänzend, phantastisch oder prachtvoll. Die Autorin schildert sehr real die politischen Unruhen und die erbitterten Kämpfe eines Volkes, für die Freiheit und gegen die Bevormundung und Arroganz ihrer Kolonialherren. Es werden die Beweggründe beider Seiten betrachtet, denn anfangs waren die Inder den Briten gegenüber eher friedfertig und freundschaftlich gesonnen. Die Umstände, die zur gewalttätigen Eskalation führten, waren vielfältig und komplex. Im Verlauf der Handlung werden sie sehr ausführlich dargelegt. Es geht nicht allein um die reichen Schätze des Landes, sondern auch um radikale Missionierungsversuche, um Unverständnis und Respektlosigkeit gegenüber den Bräuchen und dem Glauben der Einheimischen.
Folgendes Zitat aus dem Buch bringt es in wenigen Worten auf den Punkt: „Die Stärkeren machen sich selten die Mühe, die von ihnen Dominierten zu verstehen sie konzentrieren sich auf Details, die sie lächerlich und schockierend finden, und das bestärkt sie noch in ihrem Vorurteil. Doch wenn man ihnen etwas zu erklären versucht oder ihnen sogar beweisen kann, dass sie sich irren,  dann sträuben sie sich und brechen das Gespräch ab.“
Die im Präsens gehaltene Erzählung wirkte auf mich eher wie eine sachliche Berichterstattung. Sie zeugt von aufwändiger Recherche, und die Autorin verfügt über immense Kenntnisse der damaligen Geschichte. Ihre Ausführungen zu den Kämpfen und brutalen Übergriffen sind sehr detailliert und machen das Ausmaß des Schreckens für die Bevölkerung deutlich. Für mein Empfinden handelt es sich bei diesem Buch nicht um einen kurzweiligen Unterhaltungsroman (unterhaltsam fand ich die ständigen Gefechte und Auseinandersetzungen beileibe nicht), sondern es wirkt auf mich eher wie ein historisches, erschütterndes Zeitdokument, mit fiktiven Elementen. Leser, die sich für Indiens Vergangenheit interessieren, werden in diesem Buch einen wahren Fundus an Wissen entdecken, aber in Anbetracht der Tatsache, dass es sich um einen Roman mit sehr komplexer Handlung und vielen, größtenteils historisch realen Personen handelt, ist die Darstellung der einzelnen Charaktere leider etwas zu kurz gekommen.

Vielen Dank an den Blanvalet Verlag für die Überlassung des Rezensionsexemplars.



Freitag, 21. September 2012

Das Haus in der Löwengasse - Petra Schier



Das Haus in der Löwengasse

Pauline hat ihre Eltern früh verloren und wächst unter der Obhut ihres Onkels auf. Als dieser überraschend verstirbt, steht die junge Frau völlig allein und mittellos da. Ihr einziges Kapital ist ihre gute Erziehung und ihre Bildung. Sie arbeitet als Gouvernante in einem Bonner Haushalt, aber als der Hausherr zudringlich wird, bedeutet dies für Pauline die unehrenhafte Entlassung. Ohne gute Referenzen ist sie froh, als sie sehr schnell in Köln eine Anstellung als Magd bekommt, und obwohl ihr die ungewohnt schwere körperliche Arbeit sehr zusetzt, ist sie fest entschlossen, durchzuhalten und sich zu bewähren. Als der Textilfabrikant Julius Reuther auf sie aufmerksam wird, erhält Pauline eine zweite Chance auf eine bessere Zukunft, denn Reuther stellt sie als Gouvernante für seine beiden Kinder ein.
Anfangs fällt es ihr nicht leicht, mit dem ernsten, unnahbaren Mann auszukommen. Ihrem starken Willen und ihrem Einfühlungsvermögen hat sie es zu verdanken, dass sie sich bald in ihrer neuen Position einlebt und nicht nur das Vertrauen der Kinder erringt, sondern auch von Julius mehr und mehr geschätzt wird. Allerdings wird sie vom Schicksal auf eine harte Probe gestellt, denn sie verliebt sich in den Hausherrn, und die Vergangenheit droht, sie einzuholen.

Diese Geschichte, die Anfang des 19. Jahrhunderts spielt, wird von einem ganz anderen Zeitgeist beherrscht, als die bisherigen historischen Romane der Autorin, die alle im späten Mittelalter spielen. Aber auch hier ist es ihr wieder perfekt gelungen, das Flair einzufangen und es glaubwürdig und vielschichtig zu vermitteln. Besonders die Arbeits- und Lebenssituation der Frauen hat sich im Lauf der Jahrhunderte gar nicht so sehr gewandelt. Frauen werden auch im dieser Zeit der fortschreitenden Industrialisierung immer noch sehr schlecht bezahlt und gerne von ihren Vorgesetzten als Freiwild behandelt.

Julius Reuter ist kein einfacher Charakter, und anfangs tut man sich nicht leicht, ihn zu mögen. Aber im Lauf der Handlung, wenn man Näheres zu seiner ersten Ehe und zu seinen Sorgen mit der Firma erfährt, gewinnt man Verständnis für ihn und kann auch seine Reaktionen gut nachvollziehen. Pauline habe ich gleich ins Herz geschlossen. Sie ist ein starker und zugleich liebenswerter Charakter. Das Leben hat ihr ziemlich heftig mitgespielt, und obwohl sie einige schlimme Erlebnisse verarbeiten muss, die ihr regelmäßig Alpträume bescheren, hat sie die Kraft, immer wieder nach vorne zu blicken und sich nicht unterkriegen zu lassen.

Wenn ich ein Buch von Petra Schier zur Hand nehme, tue ich das mittlerweile mit einer gewissen Erwartungshaltung, in Vorfreude auf schöne, spannende und unterhaltsame Lesestunden, die mir zugleich interessantes Wissen über das Leben in früheren Zeiten bescheren. Auch ihr neuer Roman hat meine Erwartungen wieder in allen Punkten voll und ganz erfüllt.



Herzlichen Dank für das Rezensionsexemplar an den Rowohlt Verlag.

Donnerstag, 20. September 2012

11 Dinge über mich

Larissa von Lari's Bücherkiste hat einen Award, in Verbindung mit einem Tag, an mich weitergegeben.
Ich gebe zu, dass ich Awards mit sehr gemischten Gefühlen betrachte, aber den Tag mache ich gerne mit.
Lari hat mir elf Fragen gestellt, die ich hier nun beantworte:


1. Welches Genre liest du am meisten?
Das sind eindeutig historische Romane

2. Hast du einen Lieblingsautor/in?
Es gibt so viele tolle Autor(inne)n, dass ich mich absolut nicht auf eine(n) festlegen könnte.

3. Wie viel Geld gibst du durchschnittlich pro Monat für Bücher aus?
Das ist sehr unterschiedlich. In manchen Monaten gebe ich gar kein Geld für Bücher aus, dann wieder mal einen größeren Betrag auf einmal. Da ich auch gerne gebrauchte Bücher kaufe und auf Tauschplattformen unterwegs bin, ist die Summe auch nicht sehr aufschlussreich darüber, wie viele Bücher letztendlich monatlich bei mir einziehen.

4. Liest du nur oder schreibst du auch selbst Geschichten?
Früher habe ich ab und zu Gedichte oder Kurzgeschichten geschrieben, aber mittlerweile lese ich eigentlich nur noch.

5. Welches Buch ist dir besonders nahe gegangen?
Im aktuellen Lesejahr waren es bisher folgende Bücher:
Der letzte Sommer in Mayfair – Theresa Révay
Nocona, Eine Liebe stärker als Raum und Zeit – Britta Strauss

6. Ebook oder Buch?
Auf jeden Fall ziehe ich ein „richtiges“ Buch vor. Es ist ein ganz anderes Gefühl, ein Buch in der Hand zu halten und zu blättern, als mit dem Reader, wo man per Knopfdruck eine Seite weiter kommt. Der Ebook-Reader ist praktisch für unterwegs oder für nachts, wenn ich mal nicht schlafen kann. Da mein Gerät eine Hintergrundbeleuchtung hat, störe ich niemanden, wenn ich mitten in der Nacht noch ein wenig schmökere. Als kürzlich mein Ebook-Reader während des Lesens einfach streikte (Display wurde schwarz und ließ sich auch nicht mehr starten), ist mir wieder so richtig bewusst geworden, wie schön es ist, dass es Bücher gibt. Damit kann mir das nicht passieren!

7. Wo liest du am liebsten?
Zum Lesen habe ich gleich vier Lieblingsplätze:
  • Im Sommer, abends auf dem Balkon (wenn es schon dämmert, mit meinem Ebook-Reader)
  • Tagsüber in meinem alten Schaukelstuhl, in einer kuscheligen Ecke, zwischen Heizung und einem großen Fenster. Da ist es hell, warm und sehr gemütlich.
  • In meinem Lieblingssessel, direkt neben meinem Bücherregal. Dort habe ich eine Tageslicht-Leuchte, bei deren Licht es sich sehr angenehm liest. Das ist mein Leseplatz für abends.
  • In meinem Bett lese ich meist noch eine halbe Stunde vor dem Einschlafen, manchmal auch nachts.

8. Wenn du einen Autor bzw eine Autorin deiner Wahl treffen könntest, wer wäre das?
Hier fällt mir die Antwort genauso schwer, wie bei der Frage nach meinem Lieblingsautor.

9. Ein Charakter, der dich total in seinen Bann gezogen hat?
Da sind mir im Lauf der Jahre schon viele „begegnet“. Besonders faszinierend finde ich immer, über Personen zu lesen, die es wirklich gegeben hat. Dazu kann ich schon allein im aktuellen Lesemonat zwei Charaktere nennen: Julia Butterfly Hill und Phoolan Devi.

10. Wo kaufst du deine Bücher? Online, in deiner örtlichen Buchhandlung,...
Ganz unterschiedlich. Ich bestelle häufig online, teils neue, aber auch oft gebrauchte Bücher. Aber ich lasse es mir auch nicht nehmen, regelmäßig in meinen örtlichen Lieblingsbuchhandlungen zu stöbern.

11. Wie bist du zum Bloggen gekommen?
Die Vorgeschichte ist, dass ich 2004 angefangen habe, ein Lesetagebuch zu führen, anfangs als Word-Datei auf meinem Computer, dann eine Zeitlang auf meiner Homepage. Mit dem Bloggen habe ich 2006 angefangen, allerdings anfangs über Handarbeiten und meine selbst gesiedeten Seifen. 2008 habe ich dann beschlossen, mein Lesetagebuch auch per Blog weiter zu führen, weil es einfach praktischer ist.

Ich verleihe den Award nicht weiter und verpflichte auch niemanden, aber wer mag, kann die Fragen gerne aufgreifen und den Tag weiterführen.

Mittwoch, 19. September 2012

Devi. Die Rebellin mit den sanften Augen - Christel Mouchard


Devi ist erst elf Jahre alt, als sie gegen ihren Willen mit einem viel älteren, brutalen Mann verheiratet wird, der ihr in seinem ganzen Wesen widerstrebt. Er behandelt sie nicht gut, und sie flieht aus seinem Haus. Zurück bei ihren Eltern, zieht sie die Verachtung der Dorfbevölkerung auf sich. Sie wird ausgegrenzt und gilt als unrein, da sie sich gegen die allgemeinen Sitten aufgelehnt hat.
Soviel zur Vorgeschichte, an die sich die Handlung des Romans anschließt. Devi und ihre Schwester Shalini schleichen sich heimlich zum Palast des reichen Babu, wo die Hochzeit seiner Tochter gefeiert wird. Die beiden 15-jährigen Mädchen sind überwältigt von der Pracht der Feier und des Anwesens. Beim Anblick der vielen aufgetragenen Speisen macht sich bei den Zwillingsschwestern der Hunger bemerkbar, denn sie stammen aus einer armen Familie, wo es oft nicht für eine Mahlzeit reicht. Als die Mädchen entdeckt werden, droht ihnen eine schwere Strafe, denn sie gehören einer niederen Kaste an und werden von dem reichen Babu als minderwertig betrachtet und gedemütigt.
Die Begegnung mit dem Banditenführer Vikram gibt für Devi kurz darauf den Ausschlag, sich nicht länger unterdrücken zu lassen. Sie verlässt ihr Elternhaus und schließt sich den Banditen an. Die Männer der Bande verehren sie, da Devi ihrer Ansicht nach unter dem Schutz der Göttin Durga steht. Bald schon wird sie zur Anführerin der Gruppe. Die Banditen berauben die Reichen und geben den Armen, um deren Leben zu verbessern. Devi wird von den einfachen Menschen als Banditenkönigin und als „Heldin der Armen“ gefeiert.  Bei einem ihrer Raubzüge trifft sie den angehenden Juristen Singh. Ausführliche Gespräche mit ihm bringen die junge Frau zum Nachdenken, ob es nicht noch einen anderen Weg gäbe, die Situation der Frauen und Mädchen im Land zu verändern und das ungerechte Kastensystem aufzulösen.

Dieser Roman ist nach dem wahren Schicksal der Phoolan Devi erzählt. Er berichtet über einen kurzen Abschnitt ihres Lebens, beginnend bei ihrem Entschluss, zu den Banditen zu gehen bis hin zu ihrer freiwilligen Kapitulation.
Nachdem ich das Buch gelesen hatte, war mein Interesse an der Biografie dieser außergewöhnlichen Frau geweckt, die sich von der Banditenkönigin und Rebellin zur Menschenrechtlerin entwickelte. Man könnte sie als weiblichen Robin Hood Indiens bezeichnen, denn sie handelte nicht aus Habgier, sondern um anderen Menschen zu helfen und um etwas in der Gesellschaft zu verändern. Diversen Berichten zufolge ist der realen Phoolan Devi viel Grausames widerfahren.  
Die Autorin hat ihre Geschichte sehr einfühlsam aufgebaut und den Schwerpunkt ihrer Erzählung auf Devis ausgeprägten Gerechtigkeitssinn gelegt. Da es sich um ein Jugendbuch handelt, das ab 12 Jahren empfohlen wird, hat sie darauf verzichtet, sehr schlimme, radikale Ereignisse aus Devis Leben allzu detailliert auszuführen, sondern sich auf wesentliche Tatsachen beschränkt. Für diesen Roman hat sie ein harmonisches Gleichgewicht zwischen Realität und Phantasie gefunden, um schon jungen Menschen den Zugang zum Lebenslauf dieser eindrucksvollen, mutigen Frau zu ermöglichen.  


Herzlichen Dank an den Verlag Urachhaus für das Rezensionsexemplar.

Über die Autorin:
Christel Mouchard,
geboren 1954, arbeitete als Journalistin für eine historische Zeitschrift, bevor sie ins Verlagswesen wechselte. Sowohl in ihren Büchern für Erwachsene als auch in ihren Jugendromanen schildert sie das Leben mutiger, idealistischer, oft in fernen Kulturen lebender Frauen, die sich jenseits aller Normen für ihre Ziele einsetzten: Entdeckerinnen, abenteuerlustige Reisende, Frauen auf der Suche nach ihrem persönlichen Glück oder dem der anderen.


Montag, 17. September 2012

Neues in meinen Bücherregalen

Es gibt Neuigkeiten in meinen Bücherregalen.
Vom Blanvalet-Verlag habe ich ein Leseexemplar "Die Stadt aus Gold und Silber" erhalten.
Ein historischer Roman, der Mitte des 19. Jahrhunderts in Indien spielt. Ich habe heute mit dem Lesen angefangen.
 Eine weitere Bereicherung meiner Büchersammlung ist "Zeitenzauber" von Eva Völler. Das Buch stand schon lange auf meinem Wunschzettel, und nun habe ich es endlich ertauschen können.
 Von rororo sind zwei historische Romane eingetroffen: "Frevlerhand", ein neuer historischer Krimi von Ines Thorn und "Kaltes Herz" von Charlotte Freise (spielt um 1900 in Berlin).
 "Maschenglück" von Angelika Wolk-Gerche hat mich auch glücklich gemacht. Schon beim ersten Durchblättern habe ich Lust bekommen, mal wieder die Stricknadeln zu schwingen. Ich werde dieses Buch demnächst auf meinem "Wollfühlblog" vorstellen.
 Und dann habe ich diese süße kleine Dose vor einigen Tagen beim Einkaufsbummel gesehen und bin nicht daran vorbei gekommen ;-) Entdeckt habe ich sie bei Rossmann, im Regal mit Sonder- und Kleingrößen. Es gab verschiedene Motive, aber nur eine einzige Dose mit den Eulen. Ist doch klar, dass ich die nicht dort lassen konnte! Sind die drei kleinen Gesellen nicht allerliebst? Die Dose schmückt nun meine Leseecke, und ich bewahre Stifte und meine Haftmarker darin auf. So ist alles gut verstaut, und ich habe gleich noch eine schöne Dekoration.

Sonntag, 16. September 2012

Die vierte Zeugin - Aus zwölf Federn

Köln 1534: Die Witwe Agnes Imhoff kämpft um ihr Recht, denn ihre Existenz ist bedroht. Ein Londoner Geschäftspartner ihres verstorbenen Mannes hat sie verklagt. Sie soll für einen Betrug ihres Gatten haften, denn sie hat den betreffenden Vertrag mit unterzeichnet. Verzweifelt versucht sie, ihre Unschuld zu beweisen und klarzustellen, dass sie diese Unterschrift nicht freiwillig geleistet hat. Auch sind die Umstände des Todes von Andreas Imhoff undurchsichtig und zweifelhaft. Agnes wird sogar verdächtigt, selbst dabei eine Rolle gespielt zu haben.
Im Verlauf des Prozesses werden verschiedene Zeugen gehört, wobei einige Aussagen sehr belastend für die Angeklagte sind. Ihr Anwalt steht ihr nicht besonders hilfreich zur Seite, und man hat den Eindruck, dass sich das hohe Gericht bereits vorab eine feste Meinung gebildet hat. Mit der Zeit wenden sich auch viele von Agnes ab, die anfangs auf ihrer Seite waren. Sehr schnell wird klar, dass die verzweifelte Frau im Grunde genommen keine Chance hat. Es steckt viel mehr hinter der Sache, als nur die Klärung dieses Betrugsfalls. Auf höherer Ebene wurde beschlossen, an der Witwe des Andreas Imhoff ein Exempel zu statuieren. Dafür wird im Hintergrund auch mit Erpressung und Bestechung gearbeitet, denn die Interessen an diesem Präzedenzfall reichen bis in die hohe Politik. Zudem kommen dem Leser mit der Zeit starke Zweifel, ob Agnes nicht vielleicht doch schuldig ist…

Zwölf Autoren haben sich gemeinsam dieser historischen Geschichte angenommen, die auf einem wahren Fall basiert. Um eine harmonische Einheit zu erreichen, hat jeder Verfasser seinen Teil aus der Sicht eines der beteiligten Personen geschildert, was sich jeweils über zwei Kapitel erstreckt. Da jeder Autor „seinen“ Protagonisten hatte, wirkt es im Roman ganz natürlich, dass sich der Erzählstil immer ein wenig verändert, wenn der nächste Schreiber zur Feder gegriffen hat. Dieser interessante Aufbau des Buches hebt die individuellen Eigenheiten der Protagonisten in besonderer Weise hervor. Alle Abschnitte gemeinsam bilden dann ein geschliffenes, gut durchdachtes Gesamtbild.  
Das letzte Kapitel stellt eine Brücke zur Gegenwart dar, denn hier wird auf das dramatische Ereignis eingegangen, als im März 2009 Kölns historisches Archiv einstürzte, wobei unter anderem das Dokument dieses Gerichtsfalls schwer beschädigt wurde. Der Autorenkreis „Quo Vadis“ hat die Patenschaft für dieses alte Aktenstück übernommen und bei mehreren Benefiz- Lesungen Spenden für die Restaurierung betroffener Archivalien gesammelt.

Dieses Buch ist etwas ganz Besonderes, denn wann hat man schon die Gelegenheit, zwölf Meister ihres Fachs in so einem Gemeinschaftsprojekt zu erleben. Ich finde diese Aktion ganz hervorragend gelungen. Es ist ein fesselnder, in sich stimmiger und faszinierender Roman entstanden, der bis zuletzt Überraschungen bereithält und Zweifel zulässt, denn der Ausgang der Geschichte ist absolut nicht vorhersehbar.

Mein herzlicher Dank und ein großes Kompliment an alle Beteiligten, die zur Veröffentlichung dieses interessanten Projekts beigetragen haben!


Beteiligte Autoren:

Heike Koschyk (Herausgeber)
Alf Leue (Herausgeber)

Weitere interessante Links zum Buchprojekt:



Donnerstag, 13. September 2012

Die Botschaft der Baumfrau - Julia Butterfly Hill

Das zwölfte und letzte Buch, das ich für die 2. Chance-Challenge gelesen habe, ist der Erfahrungsbericht einer außergewöhnlichen Frau. Julia Butterfly Hill schildert ihre Erlebnisse, während der zwei Jahre, die sie auf einem  Baum lebte. Es handelt sich dabei um einen 1000 Jahre alten kalifornischen Mammutbaum, auch als „Redwood“ bezeichnet, den Umweltaktivisten besetzt hatten, um ihn und seine Umgebung vor dem Abholzen zu schützen. Ein Jahr zuvor wurde der kleine Ort Stafford, der am Fuß einer gerodeten Fläche steht, zum Teil unter einer Schlamm- und Geröll-Lawine begraben, und ein Teil der Einwohner wurde obdachlos. Für den Erdrutsch war die radikale Abholzung verantwortlich.
Im Dezember 1997 schloss sich Julia den Umweltschützern an und stieg auf den Baum, der von der Gruppe „Luna“ genannt wurde. Nachdem sie das Ausmaß und die Folgen des Kahlschlags erfahren hatte, schwor sich die damals 22-Jährige, die Erde erst wieder zu betreten, wenn sie alles getan hätte, der Zerstörung  Einhalt zu gebieten.
Julia verbrachte durchgehend 738 Tage auf dem Baum.
Während dieser Zeit musste sie nicht nur unter primitivsten Bedingungen leben und den Angriffen und der Zermürbungstaktik der Holzfirma Maxxam widerstehen, sondern auch den Naturgewalten trotzen. In großer Kälte, Hagel, Schnee und Sturm harrte sie auf dem Baum aus, und was sie alles erlebt hat und ertragen musste, ist unvorstellbar.
Aber ihr Einsatz, der zum Teil lebensgefährlich war, hat sich gelohnt. Sie hat erreicht, dass Luna nicht gefällt wurde und auch die Bäume der Umgebung gerettet werden konnten.
Julias Geschichte liest sich packend wie ein Krimi und ist zugleich tief beeindruckend. Sie wurde durch ihre Aktion in aller Welt als die „Baumfrau“ bekannt. Auch heute noch setzt sie sich aktiv für den Umweltschutz ein. Ihre Geschichte ist einzigartig und faszinierend. Sie zeigt, was ein einzelner Mensch, mit viel Zivilcourage, bewirken kann.
Im Buch enthalten sind viele Fotos, Zeichnungen und Gedichte der Autorin. Zugleich lernt man einiges über die biologischen Zusammenhänge und Auswirkungen, wenn der Mensch derart brutal in die Natur eingreift. Auch wenn die beschriebene Aktion schon 15 Jahre her ist, hat dieses Thema leider immer noch aktuelle Gültigkeit, denn auch in unserer Zeit werden uralte Wälder gerodet, wird täglich so viel Natur zerstört und ist unwiederbringlich verloren. 

Montag, 10. September 2012

Die Pestmagd - Brigitte Riebe



Köln, im Jahr 1540: Die erst kürzlich verwitwete Johanna Arnheim muss um ihre Existenz kämpfen. Sie würde gerne den Weinhandel ihres verstorbenen Mannes weiterführen, aber ihr Schwager, der Kürschnermeister Hennes, macht ihr das Leben schwer. Er hat um ihre Hand angehalten, um dadurch an das Erbe seines Bruders zu gelangen, und nach ihrer Ablehnung greift er nun zu unsauberen Methoden, um sein Ziel zu erreichen. Er setzt alles daran, das Haus zur Lilie in seinen Besitz zu bekommen und Johanna loszuwerden. Dabei schreckt er auch nicht davor zurück, ein falsches Gerücht über sie zu verbreiten, und ehe sie sich versieht, wird sie des Mordes am eigenen Ehemann angeklagt.
Zur gleichen Zeit wird Köln von einer Rattenplage heimgesucht, und bald finden sich die ersten Kranken, mit verdächtigen Anzeichen der Pest.
Vincent de Vries, erst kürzlich nach Köln gekommen, um dem Erzbischof Hermann von Wied als Leibarzt zu dienen, muss sich nun um dieses neue Problem in der Stadt kümmern, auch wenn die Obrigkeit die verheerende Krankheit am liebsten totschweigen würde.
Als er eines Tages überraschend Johanna begegnet, erkennt er in ihr seine Liebe aus früheren Tagen. Johanna ist bestürzt, ihn wieder zu treffen, denn er hat sie in der Vergangenheit schwer enttäuscht, und doch ist schnell die alte gegenseitige Anziehungskraft wieder da. Kurz darauf muss Vincent erfahren, dass Johanna verhaftet worden ist. In seinem verzweifelten Bemühen, ihr zu helfen und ihr Leben zu retten, fasst er einen gewagten Plan.

Die Atmosphäre, die Brigitte Riebes neuen Roman bestimmt, ist fast durchweg düster. Das Leben in der Stadt Köln ist geprägt von Angst vor Krankheit, denn nicht nur die Pest hält reiche Ernte, auch weitere Geißeln der Menschheit sind präsent. In diesem Umfeld ist es für den Arzt Vincent de Vries nicht leicht, seinen Beruf zufriedenstellend auszuüben. Vincent hat sich der Erforschung der Franzosenkrankheit verschrieben, aber sein Wissen über die Lustseuche ist noch lückenhaft. Auch über die Pest ist noch viel zu wenig bekannt, um wirkliche Heilerfolge zu erzielen. Nur Wenige können gerettet werden, wenn die Krankheit einen bestimmten Verlauf nimmt. Zudem scheint jemand ein Interesse daran zu haben, den Ursprung der Seuche den Protestanten Kölns zuzuschieben.
In diesen schwierigen Zeiten, wo die Menschen der Stadt von Angst und Zweifeln heimgesucht werden, trifft Vincent nun seine Jugendliebe wieder. Aber er stößt bei Johanna zuerst auf eine Mauer der Ablehnung, denn zu tief hat er sie damals enttäuscht. Johannas Reaktion ist nur allzu verständlich, und die Geheimnisse ihrer Vergangenheit machen sie besonders verletzlich. Aber dann gerät sie in eine Situation, wo sie Vincents Hilfe dringend braucht, um zu überleben. Vincent mutet ihr fast Unmenschliches zu, in der Hoffnung auf eine zweite  gemeinsame Chance. Als wäre die Situation der beiden nicht schon schwer genug, erhält Johanna dann auch noch anonyme Drohungen.

Der Roman hat eine starke Sogwirkung auf mich ausgeübt. Während des Lesens habe ich mich nur ungern von der Handlung gelöst, denn die Schilderung von Johannas Schicksal hatte mich von Anfang an gepackt, und ihre erneute Begegnung mit Vincent ist von starken Gefühlen geprägt. Aber dieser Roman ist viel mehr als eine historische Liebesgeschichte. Er zeigt die angespannte Atmosphäre in der Stadt Köln zur damaligen Zeit, nicht nur durch diverse Seuchen ausgelöst, sondern auch erschüttert von Uneinigkeiten in Glaubensfragen. Anhand der detaillierten Schilderungen der Szenerie kann man sich die Stimmung in der Stadt und das Grauen der Menschen, in Anbetracht der drohenden Gefahren, nur allzu gut vorstellen. Vor dieser Kulisse hat der Roman eine Vielzahl ausgeprägter und zum Teil recht eigenwilliger Charaktere zu bieten, die alle bis ins Detail ausgearbeitet sind. In der Beschreibung ihrer Protagonisten belässt es die Autorin nicht bei Äußerlichkeiten, sondern sie blickt ihnen in die Seele.
Mit einer fesselnden Handlung, die einen starken Spannungsbogen aufweist und mit viel historischem Wissen über das Köln des 16. Jahrhunderts angereichert ist, hat die Autorin ein lebhaftes und intensives Zeitbild geschaffen, das mir während der Lesestunden nicht nur packende Unterhaltung, sondern auch so manche kräftige Gänsehaut beschert hat. Ich gebe diesem Buch meine uneingeschränkte Leseempfehlung und die volle Punktzahl.


Vielen Dank an den Club Bertelsmann, dass ich diese Buch-Premiere bereits vorab lesen durfte.
Das Buch ist ab dem 12. September beim Club/Bertelsmann lieferbar.


Mittwoch, 5. September 2012

Lust, "Buchunär" zu werden? Dann klickt mal 'rein

Bei Plumblossoms Leseparadies gibt es ein tolles Gewinnspiel, mit super Chancen, die ähnlich gestaffelt sind, wie bei "Wer wird Millionär". Eine schöne Idee, finde ich!
Wenn ihr Buchunär werden möchtet, klickt hier: 
Bei der Gelegenheit gratuliere ich Plumblossom zu mittlerweile über 200 Lesern!

Montag, 3. September 2012

Mein Leben in 80 B - Anja Goerz



Eigentlich ist Ilse mit sich und der Welt zufrieden. Sie ist glücklich verheiratet, hat zwei halbwüchsige Kinder, ein gemütliches Haus im Grünen und einen flexiblen Nebenjob: sie veranstaltet Dessous-Partys. Als ihre beste Freundin Elissa sie einlädt, zu ihr nach Sylt zu kommen, um den vierzigsten Geburtstag mit ihr zu feiern, zögert sie zuerst mit einer Zusage, aber nachdem ihr Mann Toni ihr versichert, dass es durchaus auch einmal vier Tage ohne sie gehen wird, entschließt sie sich, die Einladung anzunehmen. Auf Sylt lernt Ilse den jungen, attraktiven Koch Oke kennen, der ihr nicht nur ein paar besondere Leckerbissen kredenzt, sondern ihr nebenbei auch noch den Kopf verdreht. Ilses heile Welt gerät ins Wanken, und der alte Spruch „Ilse Bilse, keiner will se, kam der Koch, nahm se doch“ erhält für sie eine ganz neue Bedeutung…

Meist wird dies ja eher den Männern zugeschrieben; über eine Frau in der Midlife-Crisis hört oder liest man nur selten. Auf den ersten Blick scheint Ilse auch gar nicht die Frau zu sein, die schnell den Kopf verliert. Nachdem aber ihre Freundin Elissa, selbst überzeugter Single, keinen Moment auslässt, ihr zu versichern, dass ihre Ehe nicht zufriedenstellend ist und sie sich doch etwas Abwechslung gönnen sollte, wird Ilse unsicher und kommt zu dem Schluss, dass ihr vielleicht wirklich der richtige Pfiff im Leben fehlt.
Elissas Verhalten konnte ich ehrlich gesagt weder nachvollziehen noch gutheißen.  Von einer besten Freundin würde ich etwas anderes erwarten, als ständige Kritik. Elissas krampfhafte Versuche, Ilse zu einem Seitensprung zu überreden und ihre Ehe madig zu machen, haben sie mir zusehends unsympathischer gemacht. Vielleicht ist ja Missgunst im Spiel, obwohl Elissa stets betont, dass sie sich in ihrem Leben absolut wohl fühlt. Aber vermutlich bringt es einfach ihr Beruf mit sich, mit Kritik nicht zu sparen und mit allem erst einmal unzufrieden zu sein.
Als Ilse dem Koch Oke begegnet, fühlt sie sich sichtlich geschmeichelt, denn sie merkt, dass er sich besonders um sie bemüht. Aber sie hat auch Skrupel, denn eigentlich liebt sie ihren Mann und möchte ihn nicht betrügen. Nach dem Motto „Alles, was ich denk’ und tu’, trau’ ich auch dem Anderen zu“, beginnt Ilse dann, ihren eigenen Mann zu verdächtigen, eine Geliebte zu haben. Es ist ein ziemliches Hin und Her, bis Ilse ihre „Frühlingsgefühle“ wieder in den Griff und den Kopf frei bekommt, wobei die Gefühle der Männer in ihrem Leben weniger „frühlingshaft“ wegkommen.
So richtig sympathisch waren mir die beiden Protagonistinnen nicht, denn statt Probleme wirklich zu lösen, wurden diese größtenteils erst einmal kräftig in Alkohol ertränkt bzw. es wurden überhaupt erst richtige Schwierigkeiten geschaffen.
Der Roman liest sich insgesamt flott und kurzweilig, aber wirklich Tiefgang darf man nicht erwarten, und das richtige „Sylt-Feeling“ ist leider auch nicht aufgekommen.
Am Ende des Buches gibt es allerdings dann noch ein besonderes Schmankerl.  Spitzenköche haben eine Auswahl interessanter Rezepte zur Verfügung gestellt, die einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Sicher werde ich mich demnächst am einen oder anderen Gericht versuchen.


Vielen Dank für das Rezensionsexemplar an den Rowohlt Verlag

Samstag, 1. September 2012

August-Rückblick

Und schon wieder ist ein Monat vorbei. Der August war für mich ein sehr starker Lesemonat, eigentlich sogar der stärkste von 2012 überhaupt.
Ich habe insgesamt 10 Bücher gelesen, das waren 3928 Seiten. An diesem Quantum merkt man einerseits das "Sommerloch", denn im August standen kaum Termine an, und außerdem macht sich bemerkbar, dass es einige laue Abende gab, wo man schön lange draußen sitzen und schmökern konnte. Praktischerweise waren auch drei EBooks dabei, das ging dann auch noch, wenn es bereits dunkel war.

Und das waren meine August-Bücher:
 Die Reihenfolge im Regal sagt nichts darüber aus, wie mir die Bücher gefallen haben. Ich habe sie nacheinander "reingestellt", wie ich sie gelesen habe, und die EBooks sind in der ganz unteren Reihe.
Wie gewohnt verlinke ich euch in meiner Monats-Übersicht nochmal alle Rezensionen zu den Büchern.
Die Rezension zur Pestmagd folgt in den nächsten Tagen. Hier habe ich an einer Aktion von Zeilenreich teilgenommen und durfte den Roman schon vorab als Ebook lesen.
An den Sternebewertungen (durchweg gut bis sehr gut) könnt ihr sehen, dass der August nicht nur von der gelesenen Menge her erfolgreich war, sondern durchaus auch von der Qualität der Bücher. Für einen absoluten Spitzenreiter (bzw. drei Bücher für die Siegerehrung) konnte ich mich diesmal nicht entscheiden; es waren einfach zu viele gute Bücher dabei.

Nicole C. Vosseler: Das Herz der Feuerinsel *****
Sanna Seven Deers: Feuerblume *****
Sofie Cramer: Der Himmel über der Heide ****
Letizia Conte: Villa Monteverde *****
Susanna Kearsley: Rosehill *****
Martina Rauen: Die Seidenbaronin *****
Nicole Sowade: Miss Januar ****
Mila Roth: Von Flöhen und Mäusen *****
Antje Babendererde: Starlight Blues - In der Kälte der Nacht *****
Brigitte Riebe: Die Pestmagd *****

Auch ein paar Neuzugänge kann ich bei dieser Gelegenheit vermelden:
Aus dem Rowohlt Verlag "Das Lied des Todes" von Axel S. Meyer, "Das Haus in der Löwengasse" von Petra Schier und "Mein Leben in 80 B" von Anja Goerz. Letzteres lese ich gerade.
Die vierte Zeugin: Ein sehr interessantes Gemeinschaftsprojekt mehrerer Autoren, die zusammen einen historischen Roman geschrieben haben. Darauf bin ich schon besonders gespannt. Mehr dazu dann in der Rezi, wenn ich das Buch gelesen habe.

Devi, Die Rebellin mit den Sanften Augen von Christel Mouchard (Die wahre Geschichte der indischen Banditenkönigin Phoolan Devi)

Beatrix Potter: Peter Hase und seine Freunde (in neuer, wunderschöner Aufmachung)

und "Dornentöchter" von Josephine Pennicott. Dieses Buch hat mein Interesse schon durch die besondere Umschlaggestaltung geweckt.


Mein Teeregal hat nichts Neues zu bieten. Ich muss erst einmal meine Vorräte verarbeiten, damit Platz für neue Sorten im Herbst wird.

Die Duftlampe war auch in der letzten Zeit wenig aktiv. Am Balkon habe ich sie gleichzeitig als Windlicht benutzt und ein wenig ätherisches Zitronenöl verdunstet. Das hält die Mücken fern und duftet schön erfrischend.

Einen schönen September, mit tollen Büchern und einer guten Portion Wärme und Sonne
wünsche ich euch allen. Lasst es euch gut gehen.