Klappentext
Auf der Suche nach einer Zukunft: Sinem ist Deutschtürkin, bereitet sich zielstrebig auf das Abi vor, ist das, was als "gut integriert" bezeichnet wird. Doch sie ist es leid: Immer diese Debatten, über sie und ihresgleichen, manchmal Hetze. Auch ihr neuer Deutschlehrer macht da mit und benotet sie außerdem ungerecht. Noch dazu verändert sich ihr Vater mutiert er gar zu einem türkischen Klischee-Patriarchen? Auf einmal sind nicht nur ihre Noten, sondern auch ihre Freiheit gefährdet. Sie überlegt, nach der Schule in die Türkei zu gehen, ein Land, das sie kaum kennt..
Meine Meinung:
Sinem versteht die Welt nicht
mehr. Ihr sonst so freundlicher und toleranter Vater verhält sich plötzlich
völlig anders, als er beobachtet, wie sich seine Tochter mit einem jungen Mann
auf der Straße unterhält. Er befiehlt ihr, sofort ins Haus zu kommen. Die
Ich-Erzählerin fragt sich, was in ihn gefahren ist, dass er so reagiert, wo sie
sich gerade ein wenig in den attraktiven Bela verliebt hat und ihn nur allzu
gerne wieder treffen möchte. Aber die Veränderung im Benehmen ihres Vaters ist
nicht ihr einziges Problem. Nach einem Lehrerwechsel bekommt die strebsame und
ehrgeizige Schülerin, kurz vor dem Abitur, plötzlich nur noch schlechte
Zensuren in Deutsch. Bald regt sich in Sinem der Verdacht, dass Herr Brink, der
neue Lehrer, nicht gerecht und objektiv beurteilt.
Sinem ist in Deutschland
geboren, es ist ihr Zuhause. Die Türkei, woher ihre Großeltern vor vielen
Jahren kamen, ist ihr weitgehend fremd und nur durch Urlaubsreisen und
Verwandtenbesuche ein wenig bekannt . Obwohl sie sich in Deutschland wohl und
heimisch fühlt, bekommt sie häufig Anfeindungen und Fremdenhass zu spüren. Die
junge Frau muss für sich einen Weg finden, mit den Problemen fertig zu werden
und ihre Zukunft zu planen. Wie Sinem mit der Situation umgeht, was sie denkt
und empfindet, hat die Autorin in sehr feinfühliger Weise und doch sehr
nachdrücklich beschrieben.
Zwischendurch sind mehrere
Kapitel aus der Sicht des Vaters eingefügt. Er erinnert sich, wie es früher
war, wie er als Kind mit seinen Eltern nach Deutschland kam, wie sein Vater um
seine Existenz und für das Wohl der Familie kämpfen musste und welche
Ungerechtigkeiten er selbst als Jugendlicher erfahren hat. Auch über seine Frau
und seine Kinder denkt Alââddin nach. Je mehr man über ihn erfährt und von
seinen Ängsten und Sorgen liest, umso besser begreift man, wieso er sich seiner
Tochter gegenüber plötzlich so streng verhalten hat.
„Seidenweg“ ist ein Buch, das
an vielen Beispielen zeigt, wie falsch es ist, Pauschalurteile zu fällen. Man
kann nicht ein ganzes Volk für die Fehler oder das Verhalten Einzelner
verantwortlich machen und alles über einen Kamm scheren.
Das Buch ist nicht nur für Jugendliche
interessant, denn letztendlich betrifft das Thema uns alle, egal welcher Nation,
Gesinnung oder welcher Religion wir angehören und wie alt wir sind. Dieser
Roman gibt wertvolle Denkanstöße und bietet eine gute Gesprächsgrundlage,
vielleicht auch als Schullektüre. Er plädiert für gegenseitiges Kennenlernen, Akzeptanz
und Verständnis. Ich wünsche dem Buch eine möglichst große Verbreitung und eine
vielfältige Leserschaft, damit die „Brinks“ dieser Welt mit ihrer Engstirnigkeit keine Chance haben.
Vielen Dank für das Rezensionsexemplar an die Verlagsgruppe Ueberreuther