Donnerstag, 24. Februar 2011

Der Maler Gottes - Ines Thorn

Schon als Kind ist Matthias ein Außenseiter. Die Leute munkeln, dass er anders ist, denn bereits seine Geburt stand unter einem schlechten Vorzeichen: er kam mit der Nabelschnur um den Hals zur Welt, wie ein Gehenkter. Als zweitgeborener Sohn soll er eigentlich ins Kloster gehen, aber schon früh wird seine große Begabung für die Malerei erkennbar und er lernt das Handwerk in der väterlichen Werkstatt. Als der Vater stirbt, jagt der eifersüchtige Bruder Matthias aus dem Haus, und dieser begibt sich auf Wanderschaft, um sich in Frankfurt eine Lehrstelle zu suchen. Unterwegs trifft er Magdalena, und die beiden jungen Menschen fühlen vom ersten Moment an eine Seelenverwandtschaft. Matthias malt sie, wie er sie sieht. Noch ahnt er nicht, dass Magdalena die große und einzige Liebe seines Lebens sein wird. Weitgehend bleibt diese Liebe jedoch unerfüllt, denn in Matthias’ Leben ist kein Platz für eine Frau, eine Familie. Seine größte Leidenschaft ist und bleibt die Malerei.

Ines Thorn hat einen ganz besonderen, unverkennbaren Schreibstil, der bereits bei ihrem Debüt auffällt. Ihre Romane bestechen durch eine ausdrucksvolle Sprache und die starke Darstellung der Gefühle, so auch hier. Ihre Charaktere sind besondere Menschen mit außergewöhnlichen, tragischen Schicksalen. Die Autorin lässt mit ihren Worten Bilder entstehen, von großer Intensität und Ausdruckskraft. Der Schreibstil im Präsenz schafft zusätzlich eine besondere Nähe zu den Protagonisten.

Matthias Grünwald ist besessen von der Malerei und seinem Streben nach absoluter Perfektion, getragen von seinem Glauben, der schon an Fanatismus grenzt. Sein ganzes Dasein ist eine große Suche nach sich selbst, nach der Liebe und nach Vollkommenheit in seinen Werken. Ines Thorn beschreibt sein Leben als fortwährendes Ringen. Es ist ein steter Kampf, den er auf Dauer nicht gewinnen kann.

„Der Maler Gottes“ hat mich gefesselt von Anfang an. Zwar mag uns diese leidenschaftliche Geisteshaltung des Malers heute fremd sein, aber es war eine andere Zeit, vieles war im Umbruch, auch die Religion. Die Autorin hat diese Stimmung sehr intensiv wiedergegeben. Grünwalds Werke werden so anschaulich beschrieben, dass ich sofort Lust verspürt habe, sie mir anzusehen. Die Beziehung der einzelnen Bilder zur Romanhandlung ist faszinierend, und man kann nur erahnen, wie viel Recherchearbeit dieser Geschichte vorausgegangen ist.

⭐⭐⭐⭐⭐

Montag, 21. Februar 2011

Mein wildes Herz - Kat Martin


Dass es Mitte des 19. Jahrhunderts noch Wikinger gibt, erfährt Krista Hart, als sie bei einem Zirkusbesuch auf einen wilden Mann aufmerksam wird, der in einem Käfig gefangen ist und dem Publikum wie ein Tier vorgeführt wird. Er kommt von einer unbekannten Insel und hat vor Englands Küsten Schiffbruch erlitten. Da niemand seine Sprache verstehen konnte und er so anders aussah als die Engländer, wurde er gefangen genommen und wird nun als Attraktion „Der letzte Barbar“ ausgestellt. Krista hat Mitleid mit dem großen, stolzen Krieger und bittet ihren Vater, ihn frei zu kaufen. Ihr Vater ist Wissenschaftler und versteht die alten nordischen Sprachen, und so nimmt er Leif von Draugr bei sich auf und unterrichtet ihn. In kurzer Zeit bringt er dem wilden Mann alles bei, was dieser wissen muss, um in London als Gentleman auftreten zu können. Krista ist gegen ihren Willen fasziniert von dem anfangs recht ungehobelten Wikinger. Sie weiß, dass er noch viel lernen muss und nicht absichtlich immer wieder gegen Anstand und Sitte verstößt. Und eines Tages erkennt sie, dass sie sich in Leif verliebt hat. Aber ihre Liebe ist hoffnungslos, denn sie kommen aus völlig verschiedenen Welten, und Leif hat seinem Vater einen Eid geschworen, dass er auf die Insel Draugr zurückkehren wird.

Es ist gut geschildert und amüsant zu lesen, wenn zwei so unterschiedliche Menschen zusammentreffen. So manches Missverständnis entsteht durch die Verschiedenheit der Kulturen, aus denen Leif und Krista kommen. Aber Krista ist nicht zickig und nicht ungerecht, sie bringt Verständnis für Leif auf, was sie sehr sympathisch macht. Sie ist keine typisch weibliche Vertreterin des Viktorianischen Zeitalters, denn obwohl sie aus adliger Familie stammt, geht sie einer geregelten Tätigkeit nach, sie ist Verlegerin einer Frauengazette, die sich jedoch nicht nur mit speziell weiblichen Themen befasst, sondern auch politische und wirtschaftliche Missstände offen anspricht. Daher ist sie einigen Unternehmern ein Dorn im Auge und bringt mit ihrer offenen Kritik sich selbst und ihre Mitarbeiter in Gefahr. Leif macht sich sehr schnell unentbehrlich, denn in ihm hat sie einen aufmerksamen und sicheren Beschützer.

Durch die genaue Beschreibung der verschiedenen Schauplätze vermittelt der Roman ein farbiges Bild der damaligen Zeit. Zwar steht die Liebesgeschichte im Vordergrund, aber sie gewinnt durch die Rahmenhandlung an Tiefe. Als Krista Leifs alte Heimat kennen lernt, kann man ihre Zerrissenheit und ihre Zweifel gut verstehen, denn hier wird so richtig klar, wie stark sich das Leben und die Kultur an den verschiedenen Handlungsorten unterscheidet.

Nicht so ganz glaubwürdig war für mich das Finale, denn das dort geschilderte „Timing“ bringt zwar zusätzliche Spannung in die Handlung, passt aber einfach nicht in die damalige Zeit.

Insgesamt betrachtet ist es ein gut geschriebener, spannender Liebesroman mit viel Herz, aber auch der Verstand kommt nicht zu kurz. Trotz diverser kleinerer Schwächen finde ich, es ist ein kurzweiliges und lesenswertes Buch, ideal für gemütliche Schmökerstunden.

Sonntag, 20. Februar 2011

Nicht weit vom Stamm - Oliver Uschmann

Der Verlag Script5 veranstaltet gerade eine interessante Aktion für Blogger(innen).

Jede Einbindung des neuen "Nicht weit vom Stamm"-Trailers auf eurer Blog-Startseite wird mit einem Wunsch-Rezensionexemplar von script5 belohnt!


Nachtrag: Die Aktion wurde von Script5 am Sonntag, 20.2.2011 um 15 Uhr auf Facebook beendet, nachdem sich im Zeitraum von 48 Stunden mehr als 120 Blogs beteiligt hatten.

Hier eine kleine Zusammenfassung über den Inhalt des Romans:
Sven hat die schiefe Bahn verlassen und ist am Ziel angekommen: ganz unten. Seine Tage verbringt er im Rausch, seine Nächte wahlweise mit Sex oder Prügeleien. Dabei stünden ihm alle Türen offen, sagt sein Vater – hätte Sven sie nicht vor fünf Jahren zugeschlagen. Als seine Schwester bedroht wird, findet sich Sven in seinem schlimmsten Albtraum wieder: Der einzige Weg, Lina zu retten, ist, so zu werden wie sein Vater. Oliver Uschmanns Roman "Nicht weit vom Stamm" erzählt schonungslos und ehrlich von verlorenen Zielen, falschen Freunden und der Macht der Zuversicht.

Oliver Uschmann » Nicht weit vom Stamm « 1. Auflage 2011 528 Seiten, 14.0 x 21.5 cm ISBN 978-3-8390-0120-2 Klappenbroschur 14,95 € (D) 15,40 € (A)

Samstag, 19. Februar 2011

Lügen, die von Herzen kommen - Kerstin Gier


Hanna ist Single, rothaarig und mollig. Sie selbst stört das alles nicht, wären da nicht immer wieder kleine Sticheleien im Kreis der Kolleginnen, die auf ihre Eieruhr-Figur abzielen. Dass sie sich in einen Chat „Boris“ kennen lernt, hat sie einem Auftrag ihres neuen Chefs zu verdanken, sie soll für die Zeitschrift, bei der sie arbeitet, über Online-Bekanntschaften recherchieren. Ein Beziehungstest zwischen Boris und Hanna zeigt eine Übereinstimmung mit 397 von 400 Gesamtpunkten. Boris möchte nun seine „ideale“ Partnerin persönlich kennen lernen, aber da Hanna im Chat, bei ihren Angaben zur Person, ein wenig geflunkert hat (von wegen Konfektionsgröße 36), möchte sie ihr Treffen so lange wie möglich hinausschieben, um noch abzunehmen. Ihre Freundinnen und die ziemlich durchgeknallte Familie sind ihr dabei keine große Hilfe, ganz im Gegenteil. Und der neue Chef entpuppt sich als gar nicht so unsympathisch. Kann er mit Boris’ 397 Punkten konkurrieren?

Hanna ist eine junge Frau, die man gerne zur Freundin haben möchte. Ehe sie an sich selbst denkt, kümmert sie sich selbstlos und gutmütig um ihre Mitmenschen. Diese wiederum machen ihr das Leben nicht gerade einfach. Alle haben Ansprüche und Bedürfnisse, nur wie es Hanna dabei geht, interessiert keinen wirklich. Und Hanna ist nicht nur rührend darum bemüht, es allen Recht zu machen, so ganz nebenbei möchte sie auch noch ein paar Pfunde verlieren, um ihrem virtuellen Traum-Mann unter die Augen treten zu können. Mit dieser Geschichte ist Kerstin Gier wieder ein genialer Treffer gelungen. Ihre Protagonistin Hanna ist liebenswert und mit jede Menge trockenem Humor ausgestattet. Mirja Boes trifft als Sprecherin genau den richtigen Ton; sie ist die beste Wahl für Kerstin Giers Hörbücher. Ich habe mich prächtig unterhalten.

Mittwoch, 16. Februar 2011

Ohnmachtspiele - Georg Haderer


Vom Innenministerium festgesetzte Reformen, Kürzungen beim Personal und bei den Finanzen, all das macht dem Wiener Polizeimajor Schäfer das Leben schwer. Wie soll er mit seiner Crew anständig ermitteln, wenn er immer wieder Steine in den Weg gelegt bekommt? Geht es nach dem Polizeipräsidenten, sollten alle Fälle, bei denen nicht auf den ersten Blick Fremdeinwirkung festzustellen ist, möglichst gleich zu den erledigten Akten verbannt werden.

Bei den beiden ertrunkenen Frauen, mit denen Schäfer sich beschäftigen muss, hat man zuerst den Eindruck, als wären sie in Folge eines Unfalls gestorben. Aber Schäfer hat da so ein Gefühl, als würde mehr dahinter stecken. Und da gibt es dann noch die Leiche eines Junkies, der im Wald gefunden wurde. Gibt es zwischen den Toten etwa einen Zusammenhang, sind sie etwa sogar alle einem Serientäter zum Opfer gefallen? Das beschäftigt Schäfer, der ganz nebenbei noch mit Depressionen zu kämpfen hat. Immerhin ist er erst aus dem Krankenstand zurückgekommen und noch bei einem Therapeuten in Behandlung. Der triste November macht die Situation auch nicht gerade besser.

Je mehr Schäfer nachforscht, umso sicherer ist er, es hier mit einer ganzen Mordserie zu tun zu haben, die ihren Ursprung in einem Kartenspiel findet. Er stürzt sich in die Arbeit, aber von oberster Stelle bekommt er nicht die benötigte Unterstützung, seine Erkenntnisse werden als Spinnereien abgetan.

Mit Schäfer hat Georg Haderer für seine Krimis einen eigenwilligen und zugleich sympathischen Protagonisten geschaffen. Der Polizeimajor ist in seinem Inneren nicht so abgebrüht, wie es der Beruf vielleicht erfordern würde, und gerade seine seelischen Probleme, die anscheinend von der Arbeit an vergangenen Fällen herrühren, machen Schäfer so menschlich und glaubwürdig.

Die beschriebene Atmosphäre in der Wiener Mordkommission ist einerseits geprägt von Kollegialität und gegenseitigem Verständnis unter den Mitarbeitern, wo es auch schon mal gutmütige Frotzeleien gibt, aber es fehlt die nötige Unterstützung von vorgesetzter Stelle. Die vielen Kürzungen und Einschränkungen sind nicht gerade motivierend. So muss Schäfer seinen eigenen Weg gehen und sich ganz nebenbei mit unsinnigen Anordnungen herumplagen. Er ermittelt nicht immer streng nach Dienstvorschrift, ist manchmal ziemlich exzentrisch in seiner Vorgehensweise. Aber letztendlich zählt das Ergebnis, und seine bisherige Erfolgsquote spricht für sich.

Bemerkenswert finde ich ein Stilmittel, das der Autor im Kapitel 17 angewendet hat. Dieser Abschnitt besteht ausschließlich aus aneinander gereihten Dialogen, die auf den ersten Blick wahllos erscheinen, aber insgesamt Sinn machen und die Handlung weiter tragen. Die Geschichte wird dadurch auf witzige und zugleich interessante Weise aufgelockert. Sogar ein Foxterrier kommt zu Wort ;-)

Einigen Kritiken, der Roman würde von der kriminalistischen Handlung abweichen und hätte dadurch Längen, konnte ich nicht zustimmen. Gerade diese Passagen fand ich sehr unterhaltsam und gut, denn auch ein Kriminalmajor hat ein Leben außerhalb seines Dienstes, eine Familie sowie private Interessen, und ich persönlich habe gerne ein wenig mehr über den Menschen Schäfer, seine Einstellung und seine Gefühle erfahren. Spannend war’s trotzdem zur Genüge. Besonders die letzten hundert Seiten habe ich nonstop gelesen, konnte einfach nicht mehr bremsen. Es gibt ja bereits einen Vorgänger-Roman, und soviel ich weiß, ist schon der dritte Roman mit Major Schäfer in Arbeit. Ich freue mich auf jeden Fall auf ein Wiedersehen mit Schäfer und Team.


Dienstag, 15. Februar 2011

Die Pelzhändlerin - Ines Thorn


Frankfurt im Jahr 1462: Als Kürschnermeister Wöhler einen Brief mit der Nachricht vom Tod seiner einzigen Tochter Sibylla liest, stirbt er im Schock an einem Herzanfall.

Nur die Wäscherin Martha ist bei seinem Tod zugegen und nimmt den Brief in der ersten Aufregung an sich. Als sie sich das Schreiben später vorlesen lässt, kommt ihr der Gedanke zu einem sehr gewagten Plan: Marthas eigene Tochter, die ein hoffnungsloses Leben als Wäscherin in einem Siechenhaus vor der Stadt fristet, soll Sibyllas Platz einnehmen, denn sie sah der Wöhlers-Tochter immer sehr ähnlich. Luisa findet sich erstaunlich schnell und gut in das neue Leben, aber egal was sie von nun an tut, die Angst vor Entdeckung begleitet sie auf Schritt und Tritt. Um den väterlichen Betrieb weiterführen zu können, muss Sibylla einen Kürschnermeister heiraten, und dann begegnet sie der Liebe ihres Lebens. Egal wie sie sich entscheidet, es wird immer ein Verlust für sie sein.

Die Romanfigur Sibylla hat mich absolut gefesselt. Trotz ihrer inneren Ängste geht sie unbeirrt ihren Weg, baut sich ein Unternehmen auf, das seinesgleichen sucht. Dabei stellt sie ihr privates Glück hinten an, weil ihr die Zunft keine Wahl lässt. Würde sie ihrer großen Liebe folgen, wäre die Kürschnerei für sie verloren. Also heiratet sie einen ungeliebten Mann und stürzt sich in die Arbeit. Sie ist, was man heutzutage als „Workaholic“ bezeichnen würde, eine Karrierefrau im ausgehenden Mittelalter. Ihr ganzes Verhalten, ihre Entscheidungen für den Erfolg und gegen ihr persönliches Glück, prägen und verändern Sibylla mit der Zeit. Was ihr eine alte Wahrsagerin einmal prophezeite, sie würde nur durch die Liebe heil werden können, scheint sich zu bewahrheiten. Sibylla wirkt zerrissen. Einerseits sucht sie fortwährend ihr eigenes Ich, zugleich läuft sie aber vor sich selbst und ihren Erinnerungen davon, setzt sich dabei über die persönlichen Wünsche hinweg.

Ein faszinierender Gedanke ist, dass Sibylla ein reales Vorbild hat. Zur damaligen Zeit lebte Margaretha Weickmann in Frankfurt, und auch wenn über ihr Leben nicht mehr allzu viel bekannt ist, finde ich es spannend, zu überlegen, wie es wohl damals wirklich gewesen sein könnte.

Andrea Hörnke-Triess ist als Sprecherin für dieses Hörbuch die perfekte Wahl. Sie liest die Geschichte mit großem Nachdruck und zugleich mit viel Gefühl, was die Charaktere noch intensiver erscheinen läßt. Sibyllas Schicksal hat mich von Anfang bis Ende gefesselt, und ich finde, es ist eine „runde“ Geschichte mit einem überzeugenden Ausgang.

Samstag, 12. Februar 2011

Der Ruf der Highlands - Amy Cameron


Edinburgh 1913
Bei einer Schulaufführung lernt die junge Lehrerin Lili Campbel den Vater ihrer Lieblingsschülerin kennen. Sie ist sogleich fasziniert von dem attraktiven Sir Niall Monroy, und das Interesse scheint gegenseitig zu sein. Als Niall um ihre Hand anhält, wird Lili zuerst von großen Zweifeln geplagt, denn sie passt so gar nicht in seine Welt. Der verwitwete Highlander ist aus adligem Haus, während Lili als Tochter einer einfachen Köchin aufgewachsen ist – Vater unbekannt. Letztendlich nimmt sie Nialls Antrag an und folgt ihm und seiner Tochter in die neue Heimat und damit in eine ungewisse Zukunft. Sie hofft, dadurch auch dem mutterlosen Mädchen als Freundin zur Seite stehen zu können.
Die Begrüßung in Lilis neuem Zuhause fällt frostig aus, denn Nialls Familie steht der jungen Frau skeptisch gegenüber, und auch Isobel reagiert störrisch auf die Nachricht, als sie von der Verlobung zwischen ihrer Lieblingslehrerin und ihrem Vater erfährt; das Mädchen ist völlig durcheinander. Lili muss um Isobels Zuneigung kämpfen und sich zugleich gegen Nialls Mutter, seinen Bruder und dessen Frau durchsetzen, die ihr zum Teil mit Arroganz, aber auch mit unverhohlener Abneigung begegnen.
Zu ihrer Enttäuschung findet Lili in ihrem zukünftigen Mann nicht die erhoffte Rückenstärkung. Niall reagiert oft jähzornig und seine Launen sind unberechenbar, ganz besonders wenn ein Thema zur Sprache kommt: die Feindschaft zwischen den Munroys und dem verhassten Clan der MaKenzies. Sobald Lili fragen stellt, stößt sie immer wieder auf eine Mauer des Schweigens. Es gibt im Scatwell nur zwei Menschen, die ihr Sympathie und Verständnis entgegenbringen, das sind Nialls Großmutter Mhairie und sein Cousin Dusten.

Was wie eine nette Romanze beginnt, entwickelt sich dramatisch und mysteriös. Der Schatten alten Unrechts fällt erneut auf die beiden verfeindeten Clans und lässt sie nicht zur Ruhe kommen. Es gibt zu viele Geheimnisse, die gewahrt werden sollen, und die ganze verfahrene Situation macht es Lili schwer, in ihrer neuen Heimat Fuß zu fassen. Anfangs ist es gar nicht so leicht, die vielen Verwicklungen zu durchschauen, die in dieser Geschichte verwoben sind und ihren Ursprung bereits Generationen zuvor haben. Aber die Autorin bringt sehr gekonnt Stück für Stück Licht ins Dunkel, sowohl für Lili als auch für die Leser des Romans. Sehr interessant und aufschlussreich fand ich hier die ausführliche Rückblende in Mhairies Vergangenheit. Der Beginn des Weltkriegs wird nur am Rande gestreift, obwohl seine Auswirkungen tief in die Handlung eingreifen. Aber ich fand das gerade richtig so, denn dies ist kein historischer Roman, sondern ein packendes Familiendrama über mehrere Generationen.

Bemerkenswert schön und gelungen finde ich auch das Cover, welches die schottische Landschaft ausdrucksstark zeigt. Sogar das kleine rote Boot hat seinen Platz in der Geschichte, lasst euch überraschen. ;-)



Donnerstag, 10. Februar 2011

Alles Liebe! Alle Liebesmärchen von Folke Tegetthoff

Der Valentinstag ist nicht mehr weit, und vielleicht sucht der bzw. die eine oder andere von euch noch ein kleines Geschenk für einen lieben Menschen. Was könnte besser zu diesem Tag passen, als ein Buch mit Märchen, die alle von der Liebe handeln. Soeben im Haymon Verlag erschienen ist ein Sammelband mit allen Liebesmärchen von Folke Tegetthoff. Zusätzlich im Buch enthalten ist eine schöne Grußkarte, auf der sich das Bild des Einbands wiederholt. Gerade wenn man das Buch verschenken möchte, ist dies eine praktische Sache, und wer sich das Buch selbst gönnt, hat gleich ein wunderbares, passendes Lesezeichen.


Der Verlag schreibt über das Buch:

„Geschichtenerzählen bedeutet nicht das Herstellen von Leitungen zwischen meinem Mund und euren Ohren, es ist das Legen sehr feiner Fäden zwischen meinem und eurem Herzen“, sagt Folke Tegetthoff und verspricht damit nicht zu viel. Tatsächlich darf man ihn als den größten Märchenerzähler unserer Zeit bezeichnen, der vor allem mit seinen legendären Liebesmärchen die Herzen hunderttausender Menschen auf der ganzen Welt erreicht hat. Erstmals sind nun alle 45 Liebesmärchen von Folke Tegetthoff vollständig in einem Band vereint. In einer einzigartigen Mischung aus klassischen und modernen Märchenelementen durchdringt ihr Zauber unseren Alltag und versetzt uns für wunderbare Augenblicke in Schwerelosigkeit, der man noch lange nachspürt.


Der Autor:
Folke Tegetthoff, geboren 1954 in Graz, lebt in einem ehemaligen Kloster in der Steiermark. Seit 1979 als Märchendichter und Erzähler tätig, seit 1988 organisiert er Europas größtes Erzählkunstfestival fabelhaft!NIEDERÖSTERREICH. Bis 2011 sind 36 Bücher erschienen, die in zahlreiche Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet wurden.

Meine Meinung:
Es ist ein ganz zauberhaftes Buch voller Schätze: Märchenschätze, die zum Teil anmuten, als kämen sie aus alter Zeit, andere dagegen ganz modern, als könnte sich die Geschichte heute, in unmittelbarer Nachbarschaft ereignen. Folke Tegetthoffs Märchen sind herzlich, voller Wärme und Gefühl. Sie sprechen den Romantiker in uns an, laden zum Träumen ein und lassen uns auch hin und wieder schmunzeln, denn in ihnen steckt jede Menge Humor und meist ein Körnchen Weisheit. Sie erzählen von Königen und Prinzessinnen, von Zauberern und Feen, von Menschen, Tieren und einige von Pflanzen, aber alle haben sie eines gemeinsam: sie erzählen von der Liebe.
Es sind magische Geschichten, die Zufriedenheit und gute Laune vermitteln und sogar ein wenig Glück, wenn wir uns nur darauf einlassen.

Vielen Dank an Frau Oberdanner vom Haymon Verlag für die Übersendung des Rezensionsexemplars.

Mittwoch, 9. Februar 2011

Schlafen bei Licht - Wolfgang A. Gogolin


Torsten Burmester wird von einem Bus angefahren und landet mit mehreren Knochenbrüchen im Krankenhaus. Als ihn seine Freundin Silke besucht, eröffnet sie ihm bei der Gelegenheit, dass sie die Beziehung als beendet betrachtet. Torsten ist ihr nicht schnell genug auf der Karriereleiter nach oben, und auch mit seinem Kulturverständnis ist die Kunstfachfrau unzufrieden. Er ist eher der sympathische, konservative Junge von nebenan, immer adrett und nie so ganz aus seiner Sohn-Rolle herausgewachsen.

Torstens Freund Mark hat seine eigene Philosophie, was Frauen angeht. Vom Charakter her eher simpel gestrickt, fühlt er sich als absoluter Frauenheld zumindest mit dem Mundwerk. Seine Ehefrau nennt er wenig liebevoll „Mutti“ oder auch „Alte“, je nach Gemütslage. Seinem Freund Torsten ist er in Beziehungsfragen keine große Hilfe, denn sein Verhältnis zu Frauen beschränkt sich auf „Flachlegen“. Torsten muss selbst die Initiative ergreifen, wenn es um sein künftiges Liebesglück geht, und er macht sich auch gleich auf die Suche nach der Frau fürs Leben. Weit muss er den Blick nicht schweifen lassen, denn ganz nah und greifbar ist zu dieser Zeit Krankenschwester Anja. Krankenschwestern seien besonders leicht zu haben, versichert ihm sein Freund Mark, aber so einfach gestaltet sich die Eroberung nun doch wieder nicht. Ganz nebenbei hat Torsten auch noch ein psychisches Problem: Er kann nur bei Licht schlafen.

Kurzweilig ist die Geschichte, ich habe die 136 Seiten im Laufe eines Nachmittags gelesen. Mir persönlich war sie zu kurzweilig, denn die Handlung bewegt sich ziemlich an der Oberfläche, es geht fast ausschließlich um Torstens Beziehungsprobleme. Für tiefgründige Gedanken ist dieser Roman nicht die richtige Anlaufstelle. Torstens Abenteuer lassen sich recht vergnüglich lesen, allerdings werden im Verlauf der Geschichte wohl so ziemlich alle Klischees bedient, die es über das Beamtentum und seine Anwärter gibt. Auch Frauen kommen allgemein nicht so gut weg, was nicht nur an Marks eindeutigen Äußerungen liegt. Torsten selbst geht auch zum Teil sehr seltsame Wege, um seine Angebetete zu erobern, er zäumt das Pferd vom falschen Ende auf, was besonders beim „ersten Kuss“ deutlich wird. Liebe scheint eher zweitrangig zu sein, denn in erster Linie sucht er „geordnete Verhältnisse“. Aber auch Anja verhält sich manchmal etwas seltsam, und ihre Beweggründe sind ein wenig fadenscheinig. Und Torstens Problem, welches dem Buch seinen Namen gab, wird leider eher nebensächlich am Rand abgehandelt.

Wer eine leichte Lektüre sucht, sich nur gut unterhalten und einfach mal abschalten möchte, ist mit diesem Roman jedoch gut beraten.

Das Buch hat mir der Autor zur Verfügung gestellt, an dieser Stelle noch einmal vielen Dank dafür. Es tut mir leid, dass ich so viele Einwände anzubringen habe, aber die kritischen Punkte schön zu reden, wäre nicht ehrlich und kommt daher für mich nicht in Frage.

Sonntag, 6. Februar 2011

Die Lagune des Löwen - Charlotte Thomas


Kurzbeschreibung:
Venedig Anno D
omini 1502. In den Gassen von San Marco begegnen sie einander als Kinder zum ersten Mal: Laura, die vor den Nachstellungen ihrer Feinde flieht, und Antonio, der sich mit Straßenkämpfen und Diebstählen über Wasser hält. Von Anfang an fühlen sie sich trotz ihrer unterschiedlichen Lebensauffassungen zueinander hingezogen und vor allem in einem Ziel vereint, der brennenden Sehnsucht, Not und Armut hinter sich zu lassen.

Meine Meinung:
Insgesamt betrachtet hat Charlotte Thomas wieder ein farbenprächtiges und mitreißendes Szenario gestaltet. Die Handlung ist durchgehend spannend, und die Protagonisten sowie auch die vielen Nebenfiguren sind ausführlich und gut charakterisiert. Außerdem fließt sehr viel historisches Wissen in die Geschichte ein, wodurch sie weitgehend authentisch wirkt.

Aber es gab auch einiges, was mir nicht ganz so gut gefallen hat:
Vor längerer Zeit habe ich schon „Die Madonna von Murano“ gehört, und ein Vergleich der beiden Werke drängt sich automatisch auf. Hierbei schneidet „Die Madonna…“ für mich eindeutig noch besser ab. Hätte ich die Hörbücher in anderer Reihenfolge gehört, wäre vielleicht meine Meinung dazu auch anders ausgefallen, aber für mein Gefühl gab es sehr viele Ähnlichkeiten in der Handlung der beiden Romane. Beide Male ist die Protagonistin Waise, und die Umstände, wie die Eltern ums Leben kommen, ähneln sich.

Ein wenig befremdlich fand ich zudem Lauras Visionen, die irgendwie so gar nicht in die eher realistisch-historische Handlung und zu der an sich sachlichen jungen Frau passen wollen. Schade auch, dass die Handlung beim Hörbuch gekürzt war, denn die dadurch bedingten abrupten Szenenwechsel fand ich doch recht störend, und es gingen viele Feinheiten verloren.

Trotz dieser kleineren Kritikpunkte hat mir die Geschichte gut gefallen. Dana Geissler liest sehr ausdrucksvoll, und ich lausche ihr nur allzu gerne.

Der Schatten des Windes - Carlos Ruiz Zafón

Barcelona im Jahr 1945: Der 10jährige David Sempere begleitet seinen Vater zu einem geheimnisvollen Haus, es ist der „Friedhof der vergessenen Bücher“. Er darf sich ein Buch aussuchen und geht mit „Der Schatten des Windes“ von Julián Carax nach Hause. Der Roman fasziniert und berührt den Jungen sehr, und Daniel beginnt, sich für den Verfasser zu interessieren und über dessen Schicksal nachzuforschen. Niemand weiß, was aus Carax geworden ist, er scheint wie vom Erdboden verschluckt. Daniels Leben ist von dieser Suche bestimmt, und er gerät dabei in Lebensgefahr, denn noch ein Mann ist Carax auf der Spur: der brutale und eiskalte Inspektor Fumero.

Bei „Der Schatten des Windes“ handelt es sich um einen Roman im Roman. Je länger Daniel sich mit dem Buch und seinem Autor beschäftigt, umso tiefer scheint sich sein Schicksal mit dem von Carax zu verstricken. Es erscheint, als würde Daniel die Geschichte noch einmal neu erleben. Aber vielleicht hat er die Chance, es besser zu machen…

Es ist einfach genial, wie Zafón mit der Sprache spielt, wie er mit Worten jongliert, als wären es bunte Bälle. Dramtisch, mystisch, dunkel aber auch mit schönen Momenten, durchwirkt von subtilem Humor, spinnt der Autor die Handlung um seine Protagonisten herum. Sehr schnell entwickelt dieser Roman eine Sogwirkung, der man sich als Leser kaum entziehen kann (und auch nicht will!). Man lebt und leidet mit dem Ich-Erzähler und taucht gemeinsam mit Daniel immer stärker in die Geschichte ein. Beim Lesen gewinnt man vielfach tiefe Einblicke in die Abgründe der menschlichen Seele, denn einige der Charaktere, denen Daniel begegnet, tragen dunkle Geheimnisse mit sich herum. Aber es gibt auch die glücklichen Momente im Roman, die von Freundschaft und Liebe erzählen.

Freundschaft ist überhaupt ein großes Thema der Geschichte, denn Daniel findet sie dort, wo er sie am allerwenigsten vermutet: quasi auf der Straße…. Es wäre schade, mehr zu verraten, denn dieses Buch muss man selbst ganz unvoreingenommen genießen, von der ersten bis zur letzten Seite.