Die
Geschichte spielt 1814, zur Zeit des zweiten Unabhängigkeitskriegs
zwischen England und USA.
Catherine
und Emily, die Töchter des Plantagenbesitzers Frederick Hansen, sind
sehr unterschiedlich in ihrer Wesensart. Während Emily eine
gesittete und zurückhaltende junge Dame ist, hat Catherine eine
Erziehung genossen, wie sie normalerweise nur Söhne erhalten. Für
die damalige Zeit und für die gehobenen Kreise von South Carolina
war dies äußerst ungewöhnlich, aber sogar Catherines verstorbene
Mutter förderte diese außergewöhnliche Erziehung. Cat wuchs auf
wie ein Junge, kann reiten und fechten, klettern und schwimmen und
vieles mehr. First, ein gleichaltriger Sklave, ist ihr bester Freund
und Gefährte bei all ihren waghalsigen Unternehmungen.
Nun
ist Emilys Bräutigam eingetroffen, und Catherine soll ihre Schwester
nach England begleiten, um dort ebenfalls einen Mann kennenzulernen,
der bei ihrem Vater um ihre Hand angehalten hat.
Während
der Reise geraten die Schwestern zwischen die Fronten des
Unabhängigkeitskrieges, denn die „Santiago de Cuba“, das Schiff
von Emilys Verlobtem, wird gekapert, und sie landen auf einem
Freibeuterschiff. Lieutenant
Lennart Montiniere, der Commander der Silver Eagle, ist mit seiner
Crew in geheimer militärischer Aktion unterwegs. Catherine gibt sich
spontan als Schiffsjunge aus und nennt sich von nun an Cato.
Montiniere weiß nicht recht, was er von dem rätselhaften und wilden
„Jungen“ halten soll, der einerseits behände in die Wanten
klettert, dessen Umgangsformen und Bildung aber auf eine gute
Erziehung schließen lassen.
Es
ist nur eine Frage der Zeit, wie lange Catherine ihr Geheimnis wahren
kann. Dass sie tiefe Gefühle für den Commander hegt, macht die
Sache nicht leichter, denn sie hat sich vorgenommen, ihr Ziel zu
erreichen und in England den Sohn eines Lords zu heiraten. Sie will
ihren Vater nicht enttäuschen und seinen Wünschen gerne
entsprechen. Aber zuerst müssen sich alle Beteiligten auf dieser
langen, gefahrvollen Reise bewähren und diverse Abenteuer
durchstehen. Irgendwann hat Catherine den Eindruck, dass ihr jemand
nach dem Leben trachtet. First, der inzwischen ein freier Mann ist,
bleibt aus eigenem Willen an Catherines Seite. Wird er sie schützen
können?
Als
sie letztendlich wirklich in England ankommt, entwickeln sich die
Dinge ganz anders als geplant. Auch erfährt sie nun endlich etwas
über die Vergangenheit und das frühere, tragische Schicksal ihrer
Mutter.
Bei
ihrem neuen historischen Roman kann Elisabeth Büchle wieder mit
wunderbaren Protagonisten aufwarten, die mir vom ersten Moment an
sympathisch waren. Catherine, der liebenswerte Wildfang, bringt sich
in brisante Situationen, als sie sich als Junge ausgibt. Sie muss
einiges über sich ergehen lassen, denn in ihrer Verkleidung wird sie
behandelt wie alle Schiffsjungen an Bord, und man stellt schnell
fest, dass deren Leben nicht leicht ist. In dieser harten Männerwelt
auf der Silver Eagle gibt es eine Rangordnung, und die Schwächeren
werden von den Stärkeren oft unterdrückt und schikaniert. Aber
Cato, wie sie sich nennt, erduldet alles klaglos und ist doch froh
über ihre Entscheidung, denn unter Deck, bei ihrer Schwester in der
Kabine, hätte sie sich völlig fehl am Platz gefühlt.
Bei
Commander Lennart Montiniere spürt man von Anfang an, dass er das
Herz auf dem rechten Fleck hat, es aber hinter einer strengen Fassade
verbirgt. Aus Cato wird er nicht schlau. Er spürt, dass er anders
ist und mag den wilden, aufgeweckten Jungen, der so manches wegsteckt
und sich in rauen Situationen behauptet, der aber auch gebildet ist,
lesen und schreiben kann und sich mit Montiniere so manches amüsante
Wortgefecht liefert. Bald hat Cato gewisse Sonderrechte auf dem
Schiff und seinen Ruf bei der Besatzung weg, die ihn als „Äffchen
des Kapitäns“ bezeichnet, da sein Lieblingsplatz hoch oben in der
Takelage ist.
Ein
Großteil der Handlung spielt auf See, und so hat man es
hauptsächlich mit Leuten der Crew zu tun, wozu auch Lennarts
jüngerer Bruder Marlon gehört, der als Midshipman dabei ist.
Zwischen den Brüdern gibt es Spannungen, weil die Männer so
grundverschieden sind. Aber im Lauf der Zeit, mit gegenseitigem
Verständnis, kommen sie sich menschlich näher und können eine gute
Lösung für sich finden. Catherines Schwester Emily macht während
der Reise eine gewaltige Entwicklung durch und wächst über sich
hinaus, als es nach einem Sturm Verletzte gibt. Die Autorin hat ein
gutes Händchen, wenn es darum geht, Menschen zu charakterisieren und
ihnen ins Herz zu schauen. Sie blickt hinter die Fassaden, denn es
ist nicht alles schwarz oder weiß, böse oder gut, sondern hier gibt
es viele feine Zwischentöne, und so kann man in manchem „Bösewicht“
auch gute Ansätze erkennen, wenn man seine Beweggründe
berücksichtigt. Der Mensch wird stark von seinem Umfeld geprägt,
und gerade das Leben der Seeleute ist schwer, was sich in den
Charakteren auf ganz unterschiedliche Weise widerspiegelt. Es sind
zum Teil raue Gesellen, und wenn es auf See zu einem schweren Sturm
oder zu einem Gefecht mit dem Feind kommt, müssen sie äußerste
Willensstärke, Wagemut und körperliche Kraft beweisen, zugleich
aber auch ein gewisses Gottvertrauen haben, denn letztendlich liegt
ihr Schicksal in den Händen ihres Schöpfers. Was die Seefahrt und
das Leben auf dem Schiff angeht, ist ein enormes Wissen nötig, um
all das realistisch zu beschreiben. Zwar hat Elisabeth Büchle schon
eine „Vorbildung“, wie sie im Nachwort erklärt, aber gewiss war
das Schreiben dieses Romans mit einer enormen Recherchearbeit
verbunden, die ich bewundere.
Alle
Situationen sind so lebendig und intensiv beschrieben, dass man sich
sehr gut hineinversetzen kann, und so hat dieses Buch alles, was ich
mir von einem guten Roman erwarte: Jede Menge Spannung, großartige
Protagonisten, starke Schilderungen, eine gute Portion Romantik,
Menschlichkeit und Herzenswärme und auch ein wenig historische
Wissensvermittlung.
Ich
habe diesen Roman fast an einem Stück gelesen, so gefesselt war ich.
Schon
das Bild auf dem Cover verspricht eine Geschichte von Freiheit und
Abenteuer, und der Inhalt des Buches hat meine Erwartungen in allen
Punkten absolut erfüllt.
😍😍😍😍😍