Alabama,
1853. Als Clarissa Allen, Tochter eines reichen und grausamen
Plantagenbesitzers, heiratet, erhält sie von ihrem Vater Cornelius
ein Hochzeitsgeschenk: Sarah, die junge Sklavin, mit der sie
aufgewachsen ist. Nach der Geburt ihres Sohnes behauptet Clarissas
Ehemann, nicht der Vater des Neugeborenen zu sein. In Schande kehren
Clarissa und Sarah zurück auf die Plantage der Allens und setzen
damit eine Kette von Ereignissen in Gang, die für die einstmals so
einflussreiche Familie unvorhersehbare Konsequenzen haben wird.
Mein
Eindruck:
Ein
Großteil des Romans ist aus Sarahs Sicht geschrieben. Die junge Frau
ist bereits als Sklavin geboren. Sie hat hellere Haut als ihre Mutter
und ihre Schwester, denn sie ist nicht nur Cornelius Allens Besitz,
sondern zugleich seine Tochter. Sarah kann sich nicht mit ihrer
Situation abfinden. Im Gegensatz zu ihrer Mutter und ihrer Schwester
Belle denkt sie häufig an Flucht. Da sie im gleichen Alter ist wie
Cornelius' anerkannte, eheliche Tochter Clarissa, wachsen die beiden
Mädchen zusammen auf, und Sarah erfährt mehr Bildung als es für
eine Sklavin üblich ist. Durch ihre bloße Anwesenheit, während
Lady Allen ihre Tochter Clarissa unterrichtet, lernt Sarah fast
spielerisch das Lesen und Schreiben. Dieses Wissen ist
lebensgefährlich, denn kein Sklave sollte lesen und schreiben
können. Käme Sarahs Wissen an die Öffentlichkeit, würde sie
ausgepeitscht werden.
Clarissas
Verheiratung ändert alles in Sarahs Leben, denn sie begleitet die
junge Braut auf die Plantage ihres Ehemanns. Die Tatsache, dass
dieser Clarissas Kind nicht als das seine anerkennt, wirft neue
Probleme auf, und auch Sarah kommt durch die veränderte Sachlage in
Bedrängnis.
Die
Autorin zeigt die Situation auf den Plantagen in den Südstaaten, zur
Mitte des 19. Jahrhunderts, aus einem anderen Blickwinkel als man es
von den meisten historischen Südstaatenromanen kennt, wo es oft in
der Hauptsache um die Herrschaften und Plantagenbesitzer geht und die
Sklaven nur eine Statistenrolle einnehmen.
Hier
erfährt man hautnah, wie sich das Leben der Sklaven auf so einer
Plantage abgespielt hat. Welche Demütigung war es für die
Versklavten, wenn sie kaum etwas in ihrem Leben frei entscheiden
durften, wenn sie nicht als denkende, fühlende Menschen, sondern
lediglich als Gewinn bringende Ware angesehen und behandelt wurden.
Sie waren ein wirtschaftlich wertvoller Besitz der Plantagenbesitzer,
der sich im optimalen Fall sogar noch vermehrte, wenn die Herrschaft
einer eheähnlichen Beziehung zustimmte und sich Nachwuchs
einstellte.
Zwischen
den Kapiteln, in denen Sarah erzählt, gibt es auch Abschnitte aus
einem anderen Blickwinkel, nämlich aus der Sicht von Lady Theodora
Allen, Cornelius' Gattin. Sie ist zwar die Dame des Hauses und
offiziell die Frau an seiner Seite, hat aber genauer besehen nur
wenig mehr Rechte als ihre Sklaven. Cornelius bevormundet und betrügt
sie und gewährt ihr kaum Einblick in seine Geschäfte und sonstigen
Angelegenheiten. Wenn ihm etwas nicht passt, wird er sogar
handgreiflich. Dieses Machtgefüge innerhalb der Familie war sicher
kein Einzelfall, sondern in vielen Häusern damals ähnlich zu
finden.
Die
Autorin lässt ihre Protagonisten sehr ausführlich zu Wort kommen.
Sarahs und auch Theodoras Erzählungen sind ausgesprochen bildhaft,
und der Schreibstil des Romans passt sich sehr gut den damaligen
Gegebenheiten an. Manche Episoden im Verlauf der Geschichte wurden
für mein Empfinden fast etwas zu detailliert geschildert. Dafür
sind die letzten Kapitel sehr kurz gefasst, und gerade hier hätte
ich gerne noch ein paar mehr Informationen erhalten, wie es mit den
Protagonisten weiterging, auch wenn das Ende plausibel und schlüssig
war.
Der
Roman hat mich nachhaltig beschäftigt, und besonders Sarahs
Schicksal fand ich sehr beeindruckend. Am Ende hat diese auch noch
einige Überraschungen parat. Es klärt sich vieles in einer Weise,
wie ich es vorab nicht vermutet hätte.