Montag, 31. Oktober 2016

Die Stadt der Heiligen - Petra Schier


Aachen im Jahr 1412:
Für Frau Marysa Markwardt reißen die schlechten Nachrichten nicht ab. Sie erhält Besuch von einem fremden Mönch, der ihr mitteilt, dass ihr Bruder Aldo während seiner Pilgerreise ums Leben gekommen ist. Er war Christophorus' bester Freund, und die beiden Männer waren gemeinsam auf dem Jakobsweg. Aldo nahm dem Mönch auf dem Sterbebett das Versprechen ab, sich um seine Mutter und seine Schwester zu kümmern.
Wenig später wird bekannt, dass Klas, der Geselle des Schreinbauers Reinold Markwardt, ermordet im Dom aufgefunden wurde. Zu ihrem Entsetzen muss Marysa feststellen, dass man ihren Mann verdächtigt, seinen Gesellen umgebracht zu haben. Reinold wird ins Gefängnis geworfen. Marysa kann nicht an die Schuld ihres Mannes glauben, und Christophorus' Schwur seinem Freund Aldo gegenüber erhält nun eine ganz andere Bedeutung, denn so hatte er sich die Aufgabe nicht vorgestellt, die beiden Frauen zu unterstützen. Zur gleichen Zeit tauchen in Aachen gefälschte Reliquien auf, und auch hiermit wird die Familie Markwardt in Verbindung gebracht. Marysa vermutet eine gefährliche Verschwörung hinter den dunklen Machenschaften, und sie befürchtet, dass ihr Mann als Sündenbock herhalten und den Verdacht von den eigentlichen Tätern ablenken soll. Dann gerät sie selbst noch in den Kreis der Verdächtigen und wird ebenfalls verhaftet.

Bisher habe ich fast alle historischen Romane von Petra Schier gelesen, nur die Aachen-Trilogie fehlte mir noch in meiner Sammlung. Nun habe ich mit dem ersten Band, „Die Stadt der Heiligen“ auch diese Trilogie begonnen zu lesen. Wie nicht anders erwartet, ist es der Autorin auch hier gelungen, mich innerhalb kürzester Zeit mit der Geschichte zu fesseln. Mit Marysa und dem Mönch Christophorus hat der Roman zwei äußerst vielschichtige und interessante Protagonisten. Marysa, eigentlich eine starke Frau, ist in einer nicht gerade glücklichen Ehe gefangen, und man hat zeitweise den Eindruck, sie hätte resigniert. Im Verlauf der Handlung wird ihr einiges an Mut und Durchsetzungsvermögen, aber auch an Diplomatie, abverlangt. Christophorus, der fremde Mönch, der in Aachen als Ablasshändler und Inquisitor auftritt, hat immer ein etwas mysteriöses Flair um sich. Marysa wird nicht schlau aus ihm, und auch als Leser gelingt es einem nicht so leicht, hinter seine Fassade zu schauen.
Die Fäden der Handlung laufen zwar am Ende zusammen, und vieles klärt sich, aber wie gesagt, es ist der erste Band einer Trilogie, und so gibt es eben auch einige Punkte, die offen bleiben. Das stachelt natürlich meine Neugierde gewaltig an, so dass ich mich in absehbarer Zeit um die Folgebände kümmern „muss“, denn ich möchte unbedingt wissen, wie es mit Marysa weitergeht. Nicht nur sie, sondern auch Frau Jolánda, ihre sympathische Mutter, ist mir im Lauf der Geschichte richtig ans Herz gewachsen. Wie gesagt, Christophorus ist schwer zu durchschauen, sein Geheimnis hütet er sorgsam, und ich wusste bis zuletzt nicht recht, was ich von ihm halten soll.

Neben einem fesselnden Kriminalfall, der hier gelöst werden muss, vermittelt die Autorin ihren Lesern viel Wissenswertes über Aachen und seinen Dom. Hier geht es besonders um das Ritual der Heiltumsweisung, die nur alle sieben Jahre stattfindet. Dann wird jeweils der Marienschrein geöffnet und die wertvollen Reliquien den Menschen gezeigt, die zu dieser Zeit in Scharen in die Stadt pilgern. So kann man bei dieser spannenden Lektüre auch gleich seine historischen Kenntnisse erweitern.

Wie gar nicht anders zu erwarten, hat mich auch dieses Werk der Autorin nicht enttäuscht, sondern konnte mich fesseln und geistig nach Aachen, in die Zeit des 15. Jahrhunderts, versetzen.




Samstag, 29. Oktober 2016

Bucht der Schmuggler - Ulf Schiewe


Bremen im Jahr 1635: Der junge Handelsherr Jan van Hagen entgeht nur knapp dem Schuldturm. Als er nämlich von einer längeren Reise zurückkehrt, erfährt er, dass das Familienunternehmen finanziell am Ende ist und sein Vater im Sterben liegt. Würde er bleiben, müsste er für die Schulden gerade stehen. Also bleibt ihm nur die Flucht. Mit dem holländischen Kaufmann Cornelis van Doorn schließt er einen Vertrag, und dieser unterstützt ihn finanziell, um ihm zu ermöglichen, in die Karibik zu segeln, denn der Schmuggel in der Neuen Welt blüht, und dies ist Jans einzige Chance, wieder zu Vermögen zu kommen. Auch hat van Doorn ein dringendes Anliegen, mit dem er den jungen Geschäftspartner betraut: Jan soll nach dem Sohn der van Doorns suchen, denn dieser ist samt Schiff und Mannschaft in der Karibik verschollen.
Zur gleichen Zeit auf Hispaniola: Ein neuer Gouverneur ist im Amt, und dieser will mit äußerster Härte gegen die Schmuggler vorgehen.
Die schöne Dona Maria weiß, dass ihr Gemahl Don Miguel, ein wohlhabender Pflanzer, maßgeblich in geheime Schmuggelgeschäfte verstrickt ist. Sie hat begründeterweise Angst um ihn, aber er lässt sich nicht von diversen gefährlichen Vorhaben abbringen.

„Bucht der Schmuggler“ ist der erste Band einer neuen Reihe von Ulf Schiewe. Diesmal nimmt er seine Leser mit in die Karibik. Sehr lebendig, farbig und äußerst fesselnd schildert er die Ereignisse an den verschiedenen Schauplätzen. Da ist einmal das Leben auf der „Sophie“, Jan van Hagens Schiff. Hier wird man auch schon mit dem Problem der Sklaverei konfrontiert, denn Jan muss gezwungenermaßen einige Sklaven an Bord nehmen, und das zieht einige aufregende Ereignisse nach sich. Man begleitet Jan und seine Crew während der Fahrt von Amsterdam bis in die Karibik. Schon gleich nach ihrer Ankunft in Hispaniola müssen sie mit größeren Schwierigkeiten fertig werden.
Als Jan den Pflanzer Don Miguel kennenlernt, findet er in ihm nicht nur einen zuverlässigen Geschäftspartner, sondern auch Hilfe bei seiner Suche nach dem jungen van Doorn. Bei allen Aktivitäten in diesem fremden Land lauern ungeahnte Probleme auf den jungen Kapitän und seine Leute.
Mit diesem Roman hat sich Ulf Schiewe auf ein völlig neues Thema und eine ganz andere Zeit eingelassen.
Im Gegensatz zu den historischen Romanen seiner Normannen-Saga und den Romanen aus der Montalban-Serie, die von Rittern handeln und im elften oder zwölften Jahrhundert spielen, führt uns „Bucht der Schmuggler“ ins 17. Jahrhundert, in ein fernes, aufregendes Land, ins Reich der Piraten und Schmuggler. Entstanden ist hier ein Abenteuerroman vom Feinsten, mit interessanten Protagonisten, tollen Kulissen und einer mitreißenden Handlung. Man lernt sehr viele, ganz unterschiedliche Charaktere kennen, und so war ich sehr froh, gleich vorne im Buch ein Personenregister vorzufinden, denn so konnte ich stets den Überblick bewahren.

Wie bereits erwähnt, dieses Buch ist der Beginn einer Reihe um den sympathischen Jan van Hagen. Am Ende dieses Romans ist einiges offen, so dass ich auf eine baldige Fortsetzung hoffe, denn natürlich bin ich neugierig, wie es dem jungen Kapitän und seiner Crew weiterhin ergeht.  



Mittwoch, 26. Oktober 2016

Unter dem Sternenhimmel - Elisabeth Büchle


Eigentlich hatte Noa die Hoffnung schon fast aufgegeben, als sie plötzlich doch die Chance erhält, ihren großen Traum vom eigenen Cafe zu verwirklichen. Es soll kein normales Cafe werden, sondern auch eine Bücherabteilung, ein Shop mit Dekoartikeln und eine Blumentheke sollen dabei sein. In einer alten Vorstadtvilla soll ihr Projekt nun Wirklichkeit werden. Chiara und Florian unterstützen sie bei der Umsetzung und vermitteln auch den Kontakt zu ihrem Freund Jonas, der als Schreiner die Möblierung und sonstige Holzarbeiten für Noa übernehmen kann. Mit „Noas Arche“, wie sie ihr Cafe nennt, hat die junge Frau nicht nur ihren Traum erfüllt, sondern zugleich auch eine Heimat gefunden. Jonas ist hingerissen von seiner neuen Geschäftspartnerin, aber dann geschieht so einiges, was ihn an Noa zweifeln lässt. Er fragt sich, wer sie wirklich ist und ob er ihr vertrauen kann. Noa wird von ihrer Vergangenheit eingeholt und läuft Gefahr, alles, was sie sich mühsam aufgebaut hat, wieder zu verlieren.

„Unter dem Sternenhimmel“ ist Elisabeth Büchles zweiter „Weihnachtsroman“. Schon im vergangenen Jahr ist „Unter dem Polarlicht“ erschienen, und die beiden Geschichten hängen auch in gewisser Weise lose zusammen. Man begegnet alten Bekannten aus dem ersten Roman wieder, nur ist die Rollenverteilung neu. Waren im ersten Band Chiara und Florian die Hauptpersonen, so dreht sich diesmal die Geschichte in erster Linie um Noa und Jonas. Es ist nicht zwingend erforderlich, die Bände in der chronologischen Reihenfolge zu lesen, denn jeder Roman kann auch jederzeit und ohne Verständnisprobleme für sich allein bestehen.

Wie schon erwähnt, diesmal geht es in der Hauptsache um Noa und Jonas. Die junge Frau ist ein eher zurückhaltender Typ und hat kein großes Selbstbewusstsein, was auf ihre schwierige Vergangenheit zurückzuführen ist, wie man nach und nach erfährt. Weiter möchte ich hier gar nicht auf ihre persönlichen Probleme eingehen, um nicht zu viel vorweg zu nehmen. Dieser Roman zeigt auf jeden Fall, was ein Mensch schaffen und erreichen kann, wenn er es will. Die Kulisse der Geschichte bildet zum großen Teil das schöne Cafe, dieser wundervoller Ort der Begegnungen. Es wird Noas Entwicklung beschrieben, mit all der Freude, die sie erlebt, aber auch mit den Rückschlägen, die sie einstecken muss. Jonas, völlig im Zwiespalt zwischen Faszination für die hinreißende Frau mit den roten Locken und Misstrauen ihr gegenüber, weiß nicht recht, wie er sich verhalten soll. Auch er macht eine wichtige Entwicklung durch, muss sich seinen Zweifeln stellen und alte Wunden heilen lassen.
Es ist ein Roman mit vielen Facetten, einerseits kurzweilig und unterhaltsam geschrieben, aber auch mit vielen tiefgründigen Momenten.
Es gibt einige berührende Szenen in der Geschichte, die mir zwischendurch immer wieder einfallen und mir wohl lange im Gedächtnis bleiben werden. Ohne die Hilfe von Freunden würde es die Protagonistin nicht schaffen, ihre Pläne und Träume umzusetzen, aber zum Glück begegnet sie immer wieder Menschen, die mit viel Lebensweisheit und Herzenswärme gesegnet sind und die ihr Vertrauen entgegenbringen.
Mich hat diese Geschichte nicht nur nachdenklich gemacht, sondern auch zu intensiven Gesprächen innerhalb der Familie und mit Freunden angeregt. Es ist ein Buch, das mich nachhaltig beschäftigt und das ich sicher mit etwas Abstand erneut lesen werde.
Es wäre natürlich keine richtige Weihnachtsgeschichte, wenn nicht auch eine gute Portion Romantik darin vorkäme, außerdem gibt es, wie bereits im Vorjahr wieder eine Besonderheit.
Im ersten Buch wurden wir in das Geheimnis der rot-weiß gestreiften Zuckerstangen eingeweiht, und in diesem Jahr dürfen wir erfahren, was es mit dem allerersten Adventskranz auf sich hat.
Den perfekten Abschluss zu diesem bezaubernden Weihnachtsroman bildet ein Rezept für „Roses Apfel-Zimt-Kuchen“, den die Gäste in Noas Cafe genießen durften. Das werde ich bestimmt ausprobieren und mir damit ein wenig von der wundervollen und heimeligen Atmosphäre dieses Cafes nach Hause holen.




Freitag, 21. Oktober 2016

Die Null ist eine seltsame Zahl - Henriette Boerendans



Dieses wunderschön gestaltete Bilderbuch bringt schon den Kleinen ab drei Jahren die Welt der Zahlen nahe. Das geschieht auf spielerische Weise und durch liebevoll gestaltete Bilder; es sind Holzschnitte in warmen Farbtönen.
Die kleinen Betrachter lernen durch die Illustrationen verschiedene Tierkinder und ihre Eltern kennen. Da ist beispielsweise ein Elefantenkind mit seiner Mutter zu sehen. Es ist das einzige Elefantenbaby und steht somit für die Zahl 1. Gleichzeitig erfährt man einiges über dieses Tier.

Bei der Zahl 2 sind zwei Eisbärkinder mit ihrer Mama zu entdecken. Das geht so weiter, und um nur ein paar Beispiele zu nennen, so sind bei der Zahl 4 vier kleine Störche im Nest zu sehen, und bei der Zahl 8 können wir acht rosa Schweinchen bewundern. Immer gibt es zu den jeweiligen Tierkindern eine passende kleine Geschichte.  



 So lernen kleine Kinder die Zahlen 1 bis 10 kennen, dann geht es weiter mit den Mengen 50 und 100. Immer können die Kinder auch mitzählen, denn bei der Zahl 50 sind zum Beispiel auch wirklich 50 Tintenfischeier abgebildet, so dass sich die Kinder die beschriebene Menge auch plastisch vorstellen können. Zuletzt erfahren die Leser, was es mit der Null auf sich hat und was an dieser Zahl so seltsam bzw. so besonders ist.
Dieses Buch wächst mit. Sind bei den Dreijährigen wohl vor allem die vorderen Seiten mit den ersten Zahlen interessant, so können Sechsjährige die Zahlen viel besser erfassen und begreifen und werden sich auch für die 50 Tintenfischeier oder die 100 kleinen Seepferdchen interessieren. Durch immer wieder neues Betrachten und Lesen der Geschichte prägen sich die Zahlen ein, und so ganz nebenbei wird auch noch Wissen über verschiedene Tierarten vermittelt.



Schon die äußere Aufmachung des Buches und die künstlerische Gestaltung sind sehr schön. Die inneren Buchdeckel und die Vorsatzblätter sind mit bunten Zahlen dekoriert, die auf warm-gelbem Grund in verschiedenen Farben und Größen angeordnet sind, als würden sie tanzen. Der breite Leinenrücken mit schwarzem Druck unterstreicht die hochwertige Gestaltung.

Alles in allem ist hier ein kleiner Schatz für jedes Bücherregal entstanden, der nicht nur Kindern gefällt, sondern auch das Auge der erwachsenen Vorleser erfreut.  




Donnerstag, 20. Oktober 2016

Die Rebellin von Mykonos - Martina Kempff


Der Roman erzählt die Geschichte einer jungen aristokratischen Griechin, die sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Freiheitskampf ihres Volkes engagierte. Mando Mavrojenous wuchs in einem behüteten Elternhaus auf, das jedoch den großen Freiheitsdrang der gebildeten und lebenshungrigen jungen Frau behinderte. Einige Jahre nach dem Tod ihres Vaters schließt sich Mando den Rebellen an, die Griechenland von der Herrschaft der Osmanen befreien wollen.
Ihre Entwicklung und ihr Schicksal erzählt Martina Kempff in diesem historischen Roman.

Mando ist für mich nicht unbedingt eine Sympathieträgerin, aber ich finde ihren Mut beachtenswert. Einiges an ihrem Verhalten konnte ich nicht unbedingt nachvollziehen, denn sie legt zum Teil eine etwas hochmütige Art an den Tag. Ihre Entscheidungen werden oft weniger von Vernunft und Verstand regiert, sondern sie ist impulsiv und lässt sich leicht von ihren Gefühlen leiten.
Aber schon die Sache an sich, dass eine Frau zur damaligen Zeit ein derartiges Ansehen in einem Lebensbereich erringen konnte, der eigentlich nur Männern offen stand, ist faszinierend.
Die Autorin hat sehr ausgiebig recherchiert und jede Menge an historischen Fakten zusammengetragen. Wen wundert es, dass sie sich in der Geschichte Griechenlands so gut auskennt, hat sie doch längere Zeit selbst auf Mykonos gelebt, wie sie im Nachwort schreibt.
Neben dem historischen, politischen Plot hat der Roman aber auch eine mehr oder weniger romantische Seite, denn hier wird auch die Geschichte von Mandos heimlicher Liebe zu ihrem Cousin Marcus erzählt.

Es ist kein Buch, das sich mal so leicht zwischendurch wegschmökert, zumindest mir ging es so, dass ich sehr lange daran gelesen habe. Die im Roman beschriebene politische Situation, der Befreiungskrieg und die zahlreichen beteiligten Personen erforderten meine ganze Aufmerksamkeit, und ich musste des öfteren zurückblättern und manchen Abschnitt noch einmal lesen, denn die historischen Zusammenhänge sind sehr detailliert und komplex geschildert.
Ergänzend gibt es im Anhang eine historische Spurensuche mit zahlreichen alten Bildern.
Der dort hergestellte Bezug zur Realität und zur Gegenwart ist äußerst interessant, und die dargelegten Informationen sowie das Bildmaterial stellen eine gute Abrundung von Mandos Geschichte dar. Besonders interessant stelle ich es mir vor, den Roman ergänzend zu einem Griechenland-Urlaub zu lesen und dann zeitnah die Schauplätze zu besuchen. Sollte mich eine Urlaubsreise irgendwann nach Mykonos führen, dann werde ich dieses Buch im Gepäck haben und erneut lesen.

Ich hatte vorher schon einige Bücher der Autorin gelesen, (zwei ihrer „Kehr“-Krimis und einen historischen Roman) weswegen ich neugierig auf dieses Buch war. Ein direkter Vergleich ist eigentlich nicht möglich , aber stelle ich diesen nun dem 2014 gelesenen historischen Roman „Die Gabe der Zeichnerin“ gegenüber, der damals zu meinen Lieblingsbüchern und Jahres-Highlights gehörte, so empfinde ich die Bücher als sehr unterschiedlich, auch schon vom Schreibstil her. „Die Rebellin von Mykonos“ ist sehr viel sachlicher und ausführlicher, was die historischen Fakten betrifft. Aber ich habe hier ein wenig die Leichtigkeit in der Schreibweise und die Intensität der Charaktere vermisst, die mich bei der „Gabe der Zeichnerin“ so mitgerissen haben.



Dieses Buch wurde mir über eine Aktion bei  vom Ammianus-Verlag zur Verfügung gestellt, wofür ich mich ganz herzlich bedanke. Das Buch kann direkt beim Verlag bestellt werden: Shop


Dienstag, 18. Oktober 2016

Das Geheimnis der Mittsommernacht - Christine Kabus


Klappentext:
Norwegen, 1895. Im Bergbaustädtchen Røros begegnen sich zwei junge Frauen, deren Schicksal kaum unterschiedlicher sein könnte. Die Deutsche Clara ist ihrem Ehemann in dessen Heimatstadt gefolgt, wo sich dieser endlich mit seinen Eltern aussöhnen will. Doch die Ordals begegnen Clara und ihrem kleinen Sohn Paul mit unverhohlener Ablehnung. Als wenig später ein furchtbares Unglück geschieht, ist Clara plötzlich auf sich allein gestellt. Unerwartete Hilfe erfährt sie ausgerechnet durch Sofie, die Tochter des mächtigen Bergwerksbesitzers, dem die Ordals schon lange ein Dorn im Auge sind. Sofie empfindet ihr behütetes Dasein als goldenen Käfig und bewundert es, wie Clara ihr Leben meistert. Während Clara und Sofie zu Freundinnen werden, kommen sie einem Geheimnis auf die Spur, das ihre Familien seit Jahrzehnten überschattet -

Mein Eindruck:
Dieser Roman hat zwei große Handlungsstränge, die zum Teil nebeneinander her laufen, sich aber auch des öfteren kreuzen, denn es geht hier in der Hauptsache um das Schicksal zweier junger Frauen, die sich zufällig begegnen und sich anfreunden.

Da ist einmal die Deutsche Clara. Während eines Besuchs in Røros, der alten Heimat ihres Mannes, kommt dieser bei einem tragischen Unfall ums Leben. Sie ist nun auf sich allein gestellt und muss sehen, wie das Leben für sie und ihren kleinen Sohn weitergehen soll. Ihre Situation, die zuerst so hoffnungslos erscheint, klärt sich nach und nach, und der Kampf, für sich und ihren Sohn ein Auskommen und Anerkennung in diesem fremden Land zu finden, macht Clara stark.
Der zweite Handlungsfaden dreht sich um Sophie Svartstein, die Tochter eines der reichsten und mächtigsten Männer von Røros. Die junge Frau fühlt sich in den gesellschaftlichen Zwängen gefangen, die ihr durch ihre Stellung auferlegt werden. Ihre Sehnsucht nach einem selbstbestimmten Leben bringt sie in so manche Zwickmühle.
Sophie und Clara begegnen sich in der örtlichen Bibliothek, und aus dem zufälligen Treffen wird eine innige Freundschaft, die auf tiefer Verbundenheit und vielen Gemeinsamkeiten beruht
Jedoch müssen beide ihren eigenen Weg finden und ihr Schicksal annehmen. Es gibt immer wieder Berührungspunkte, denn die beiden Frauen sind sich in einer Sache sehr ähnlich: sie haben ein großes Herz. Diese eigentlich lobenswerte und schöne Eigenschaft bringt jedoch beiden Frauen auch viel Kummer und Leid und beschert ihnen einige tragische Momente.
Dem im Klappentext erwähnten Geheimnis kommen sie jedoch nicht gemeinsam auf die Spur, denn beide haben ihre persönlichen Probleme und jede für sich ihr Päckchen zu tragen, und eigentlich ist es Clara, die in der Vergangenheit stöbert und der sich dadurch so manches Geheimnis offenbart.

Einige Aspekte dieses erwähnten Geheimnisses werden auch nur am Rande erwähnt und nicht weiter ausgeführt. Manches ist vorhersehbar, aber für mich hielt dieser Roman auch einige bewegende Momente und Überraschungen bereit. Das Schicksal dieser beiden starken Frauen hat mich stark berührt, und ich gestehe, dies ist mir schon lange nicht mehr passiert, dass mir bei einer Szene die Tränen in den Augen standen, aber hier war es so.
Zwei Frauen – zwei Geschichten, die zum Teil parallel verlaufen, sich auch in bestimmten Momenten treffen und dann doch wieder getrennte Wege gehen.
Ihre Erlebnisse sind eingebettet in einen Roman mit wundervollen Landschaftsbeschreibungen, vielen Erläuterungen zum damaligen Leben und zur politischen Situation in Norwegen. Man erfährt sehr viel über Sitten und Bräuche des Landes, aber auch über die Missstände, die es damals gab, über Standesdünkel, gesellschaftliche Zwänge und die Arroganz gesellschaftlichen Minderheiten gegenüber.

Der Schreibstil ist schön, lebendig und kurzweilig, die Schilderungen sind größtenteils sehr detailliert, und manches hätte ich nicht in dieser Ausführlichkeit gebraucht. Dafür gibt es wiederum für mein Empfinden in beiden Handlungssträngen ein paar offene Fädchen, die sich am Ende nicht verbinden. Aber Claras und auch Sofies Geschichte haben mich so mitgerissen und fasziniert, dass ich die kleinen Ungereimtheiten wohlwollend akzeptieren und sagen kann, dass mir der Roman insgesamt sehr gut gefallen hat.




Samstag, 15. Oktober 2016

Neuzugänge der ersten Monatshälfte Oktober 2016


Hier ein kurzer Beitrag und ein kleiner Blick auf meine Neuzugänge der ersten Monatshälfte im Bücherregal.
Zwei der sechs neuen Bücher (die beiden oberen) sind Rezensionsexemplare, "Die Glasbläserin" war erwartet, "Die Sippe" kam überraschend bei mir an. Das Buch von Ingrid Noll habe ich in unserem städtischen Bücherschrank entdeckt. Mit den Büchern von Sophia Farago und Alan Bennett wurde ich in meiner Facebook-Gruppe überrascht, und "Die Frauen meiner Familie" habe ich ertauscht.
In diesem Sinn wünsche ich euch ein schönes, lese-reiches Wochenende.

Freitag, 14. Oktober 2016

Vergeltung im Münzhaus - Petra Schier


Köln 1408: Die Apothekerin Adelina Burka kommt dazu, als ein Toter im Haus des Münzwechslers Birboim gefunden wird. Der Mann ist ermordet worden, und wie sich herausstellt, ist es der Vater der Hebanne Clara van Oeche. Der Knecht ihres Vaters beschuldigt die junge Frau, den Mord an Urs van Oeche verübt zu haben, um sich an ihm zu rächen, denn er hatte vor Jahren, als ihm die Schulden bis zum Hals standen, seine Tochter und seine Frau an ein Hurenhaus verpfändet. Clara kommt in den Kerkerturm. Van Oeches Knecht ruht nicht, sondern klagt Clara auch noch wegen eines zweiten Mordes an, den sie vor Jahren seiner Meinung nach ebenfalls begangen haben soll.
Adelinas Stieftochter Griet, die mit Clara gut befreundet ist, will der jungen Hebamme helfen, und ehe sich Adelina versieht, stecken sie und Griet mitten in den kriminalistischen Ermittlungen zu diesem Fall. Aufgrund ihrer tragischen Vergangenheit hält sich Griet nach Möglichkeit von den Männern fern. Sie hat beschlossen, niemals zu heiraten, sondern möchte eines Tages in ein Beginenhaus ziehen, in der Hoffnung, dort ihren Seelenfrieden zu finden. Um Clara zu helfen, muss sie über ihren Schatten springen und gezwungenermaßen mit Cristan Reese zusammenarbeiten. Cristan ist zweiter Hauptmann der Kölner Stadtsoldaten und Neffe des Gewaltrichters Georg Reese, welcher der Familie Burka freundschaftlich verbunden ist. In Kürze soll Cristan das Amt seines Onkels übernehmen und wird deshalb mit der Klärung des aktuellen Mordfalls betraut. Bei den gemeinsamen Bemühungen, Clara zu helfen und die Wahrheit herauszufinden, kommen sich Griet und Cristan gefährlich nahe...

Dies war nun also der sechste und voraussichtlich letzte Band von Petra Schiers Adelina-Reihe.
Über drei Jahre ist es her, dass ich den ersten Band „Tod im Beginenhaus“ gelesen habe. Mit Spannung habe ich Adelinas Entwicklung und ihr Leben verfolgt, habe Anteil an Freud und Leid der Protagonisten genommen. Im Lauf der Zeit, während ich einen Band nach dem anderen las und an den Geschicken der Familie Burka Anteil nahm, sind mir Adelina und ihre Lieben so vertraut wie alte Bekannte geworden.
In diesem Abschlussband hat sich der Schwerpunkt ein wenig von Adelina und Neklas Burka weg bewegt, denn diesmal steht Griet, Neklas' leibliche Tochter und Adelinas Stieftochter, im Mittelpunkt der Geschichte. Das verstörte Mädchen von damals ist inzwischen zu einer schönen jungen Frau herangewachsen. Allerdings kann sie die Schrecken der Vergangenheit nicht vergessen. Um Männer macht sie nach Möglichkeit einen großen Bogen, zu schwer lasten die Erlebnisse aus der Kindheit auf ihrer Seele.
Und dann kommt Cristan, ein Bild von einem Mann, von dem Griet sofort merkt, dass er ihr gefährlich werden kann. Aber er ist nicht nur attraktiv und respekteinflößend, sondern er hat auch eine sensible Seite, ist feinfühlig und liebevoll. Und er hat ein gefährliches Geheimnis. Wie er damit umgeht und ob es ihm gelingt, Griets Schutzwall um ihre Seele zu durchbrechen, dazu möchte ich gar nicht allzu viel schreiben, denn das muss man einfach selbst lesen. Die einfühlsam und wunderschön beschriebenen Szenen, die von der erst zaghaften Annäherung der Protagonisten erzählen, sind ein wahrer Lesegenuss.
Um diese zarte Liebesgeschichte,die viel Raum einnimmt, weil sie so vielschichtig und komplex ist, ranken sich mehrere Handlungsstränge, die natürlich ebenfalls Beachtung verdienen. Da ist zum einen Claras Schicksal. Was der jungen Hebamme widerfährt, ist schrecklich. Sie sitzt im Kerker und ist zweifach des Mordes angeklagt. Ihre Lage scheint hoffnungslos, wenn da nicht ihre guten Freunde wären, die sich um sie sorgen.

Auch in das normale Familienleben der Burkas wird der Leser wieder mit einbezogen und kann sich im Kreis dieser liebenswerten und klugen Menschen wohl fühlen. Hier muss man sagen, dass der „normale“ Alltag der Burkas immer ein wenig turbulent und aufregend ist. Die Familienmitglieder zeichnen sich alle durch ein hohes Maß an Toleranz und Mitgefühl aus, und sie können nicht wegsehen, wenn irgendwo ein Unrecht geschieht. Sie urteilen nicht vorschnell über ihre Mitmenschen, denn was Vorurteile und Engstirnigkeit auslösen können, das haben sie alle schon zur Genüge erlebt. Wer das Schicksal der Burkas schon länger verfolgt, wird hier auch einige alte Bekannte wieder treffen, manche davon mit einem unguten Gefühl. Um die Zusammenhänge in vollem Umfang erfassen zu können, ist es empfehlenswert, die sechs Bände in ihrer chronologischen Reihenfolge zu lesen, denn dann weiß man um die Vorgeschichten der einzelnen Charaktere. Aber auch wenn man die bisherigen Bände nicht gelesen hat, wird man keine Verständnisprobleme haben, denn es gibt immer wieder geschickte kleine Rückblicke zu früheren Ereignissen.
Petra Schier schreibt kurzweilig und doch gehaltvoll. Der Roman bietet gerade die richtige Mischung aus romantischen Szenen, Spannung und Alltagsleben im Mittelalter, gut aufbereitet mit vielen wissenswerten Details zum Leben der damaligen Zeit. Die plastischen und detaillierten Ausführungen lassen einen die Ereignisse fast hautnah miterleben.

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge verabschiede ich mich nun von der Familie Burka. Das lachende Auge ist für die vielen Stunden wunderbare Lesezeit, die ich mit den Romanen, insbesondere mit diesem wunderbaren letzten Band, verbringen konnte. Das weinende Auge ist dem Abschied geschuldet. Ob es ein endgültiger Abschied sein wird? Ich hoffe auf ein Wiedersehen mit den sympathischen Burkas. Um mit Adelinas Worten zu sprechen: „Warten wir es ab“ ;-)


Die sechs Bände der Adelina-Reihe in chronologischer Reihenfolge:


Montag, 10. Oktober 2016

Die Canterbury Schwestern - Kim Wright


Che de Milan muss eine ganze Reihe an Schicksalsschlägen einstecken. Erst stirbt ihre Mutter, dann verlässt sie ihr Freund. Che beschließt, dem letzten Wunsch der Mutter nachzukommen. Da diese schwer krank wurde, bevor sie sich den Traum einer Pilgerreise nach Canterbury erfüllen konnte, möchte nun Che die Asche ihrer Mutter an den magischen Ort bringen und dort verstreuen.
Eigentlich ist sie eher eine Einzelgängerin, aber nun schließt sie sich einer Reisegruppe an, um nach Canterbury zu pilgern. Zusammen mit acht anderen Frauen macht sie sich auf den Weg.
Während der mehrtägigen Wanderung haben die Frauen Gelegenheit, sich gegenseitig näher kennenzulernen, und jede von ihnen erzählt ihre Geschichte. Dies ist ganz im Sinn der Canterbury Tales aus dem 14. Jahrhundert. Während der Pilgerreise gelingt es Che, zur Ruhe zu kommen und Ordnung in ihr Gefühlschaos zu bringen.

Als ich den Klappentext des Buches gelesen habe und mir der Bezug zu den alten Canterbury Tales aufgefallen ist, hat mich das neugierig auf den Roman gemacht. Che hat einen außergewöhnlichen familiären Hintergrund, denn sie stammt aus einer Hippie-Familie. Daher rührt ihr exzentrischer Vorname, denn sie wurde nach dem Revolutionär Che Guevara benannt.
Allgemein kann ich sagen, dass mir der lebendige Schreibstil und die stimmungsvollen Landschaftsbeschreibungen schon gut gefallen haben. Allerdings war mir das Gewusel der neun beteiligten Frauen zu viel, denn anfangs konnte ich die Charaktere nur schwer auseinander halten, da man die Frauen zuerst nur bruchstückhaft vorgestellt bekommt.
Die Geschichten der Frauen waren dann auch nicht dazu angetan, mich zu fesseln oder gar zu berühren, vor allem weil sich schnell herausstellt, dass sie zum Teil von den Erzählerinnen nur erfunden sind. Meist geht es darin um Partnerschaftsprobleme, um Treue und Untreue, um Liebe und Gleichgültigkeit. Die Pilgerreise und damit das Buch haben sich für mich gezogen wie Kaugummi, denn alles plätschert so dahin, und auch die Ankunft in Canterbury, die Art, wie Che dem letzten Wunsch ihrer verstorbenen Mutter nachkommt, das wirkte auf mich alles eher banal.
Lediglich auf den letzten siebzig Seiten tut sich doch so einiges, das mich fesseln konnte. Aber so richtig emotional hat mich der Roman leider nicht erreicht.



Samstag, 8. Oktober 2016

Wolkenküsse - Debbie Macomber


„Wolkenküsse“ ist eine Kurzgeschichte, die es nur als eBook gibt, und die eine kleine Ergänzung zur Rose Harbor Tetralogie von Debbie Macomber darstellt.
Genauer gesagt spielt sich diese Geschichte parallel zum zweiten Band „Frühlingsnächte“ ab. Ich empfehle, das kurze eBook auch gleich nach dem genannten Roman zu lesen.
Sind die vier Bände mit den jahreszeitlichen Titeln aus der Sicht von Jo Marie Rose geschildert, so wird in „Wolkenküsse“ die Situation aus Marks Sicht dargestellt. Mark ist freiberuflicher Handwerker, der Jo Marie Rose für Reparaturen und andere Arbeiten in ihrem Bed & Breakfast empfohlen wurde und der mittlerweile schon fast so etwas wie ein Freund für die junge Witwe geworden ist. Zumindest empfindet sie das so. Was Mark dazu meint, wird hier erzählt. Meines Erachtens macht es nur Sinn, diese Kurzgeschichte ergänzend zu lesen, wenn man auch Jo Maries Geschichte in der Tetralogie verfolgt. Liest man „Wolkenküsse“ einzeln, wird man vermutlich keine große Freude daran haben bzw. es wird einfach dann nicht wirklich interessant sein. Nur wenn man Mark bereits aus den anderen Romanen kennt, kann man seine Reaktionen und Gedanken nachvollziehen. Dann ist es auch äußerst amüsant, manche bekannte Szene nun noch einmal aus seiner Sicht zu erfahren.

„Wolkenküsse“ hat mich prima unterhalten, und ich habe mich teilweise köstlich amüsiert. Einiges macht nun für mich mehr Sinn, nachdem ich weiß, was wirklich dahinter steckt und wieso sich Mark stellenweise so ruppig benimmt. Seine Geheimnisse gibt er hier jedoch weitgehend noch nicht preis, die werden vermutlich im vierten Band „Herbstleuchten“ aufgedeckt, und ich bin schon sehr gespannt darauf.


   

Freitag, 7. Oktober 2016

Im Land der goldenen Sonne - Wendy Wallace


Die 23-jährige Harriet Heron leidet unter schwerem Asthma. Das neblig-feuchte Londoner Klima mit dem Rauch der Fabriken ist Gift für die junge Frau. Um ihre Gesundheit wieder herzustellen, setzt sie bei ihrem Arzt und ihrer Familie durch, dass sie in den Süden reisen darf. Ihre Mutter Louisa und ihre Tante Yael sollen sie begleiten. Voller Hoffnung brechen sie zu einer langen Reise nach Ägypten auf.
Unterwegs haben die drei Frauen mehrere schicksalhafte Begegnungen. Jede von ihnen kommt nach Ägypten, in dieses fremde, geheimnisvolle Land, mit anderen Empfindungen und Erwartungen, von denen sich einige so ganz anders erfüllen als gedacht.

Es ist keine spezielle Jahreszahl angegeben, aber es geht aus diversen Bemerkungen hervor, dass der Roman im viktorianischen Zeitalter spielt. In dieser beginnenden Zeit der Industrialisierung war die Luft über London geschwängert von giftigen Dünsten der Fabriken.
Die Reise der drei Frauen, ihre Ankunft in Ägypten, ihre Erlebnisse und Gefühle sowie das Land selbst, das alles ist sehr bildhaft und ausdrucksstark geschildert. Harriet, Louisa und Yael sind drei grundverschiedene Charaktere, wobei jede der drei Frauen als interessante Persönlichkeit dargestellt wird.
Harriets Gesundheitszustand bessert sich, und die junge Frau findet in Ägypten neuen Lebensmut und ihre persönliche Erfüllung, als sie die Möglichkeit erhält, bei historischen Ausgrabungen assistieren zu können. Über Louisa erfährt man einiges aus ihrer Vergangenheit. Da gab es Erfahrungen, die sie zeitlebens geprägt haben. Ihr Hang zum Spiritismus bringt sie zu so mancher irrtümlichen Einschätzung, und sie begeht fast einen verhängnisvollen Fehler.
Yael findet ihre Berufung in diesem fremden Land. Sie ist erfüllt von dem Wunsch, den armen und kranken Kindern Ägyptens zu helfen.

Dieser Roman entführt seine Leser in das rätselhafte Ägypten der damaligen Zeit. Es ist fesselnd, die Protagonistinnen auf ihrem Weg zu begleiten. Während ich Louisas Hang zur Dramatik und ihre Handlungsweise zwar mit Faszination wahrgenommen habe, aber nicht immer nachvollziehen konnte, ging mir Harriets Schicksal sehr nahe. Die junge Frau kämpft nicht nur um ihre Gesundheit, sondern daneben auch um ihr Lebensglück und ihre persönliche Freiheit, denn dies alles war ihr in London verwehrt, da sie dort weitgehend ans Bett gefesselt war.
Für Yael, die ich anfangs ein wenig wegen ihrer betulichen Art belächelt habe, empfand ich im weiteren Verlauf der Geschichte Bewunderung.
Der Ausgang des Romans hat mich mit gemischten Gefühlen zurück gelassen. Im Nachhinein konnte ich für vieles, das sich mir nicht sofort erschlossen hatte, Verständnis gewinnen. Einige Begebenheiten waren dramatisch und haben mich sehr berührt, denn das Schicksal geht zum Teil seltsame Wege, und es meint es nicht mit allen Beteiligten gut.

Mich hat dieser faszinierende Roman mitgerissen und bis zuletzt in Atem gehalten.



Montag, 3. Oktober 2016

Luther und der Pesttote - Birgit Jasmund


Wittenberg 1517:
Almuth Gronenberg ist erschüttert, als sie vom Tod ihres Verlobten Tamme Redecker erfährt. Der Student soll an der Pest gestorben sein. Almuth kann es einfach nicht glauben. Tief in ihrem Innern ist sie sicher, dass Tamme noch lebt, denn seine Leiche hat niemand wirklich gesehen. Aber ihre Nachforschungen bleiben erfolglos, und von Tammes Stiefvater erhält sie keine Hilfe, ganz im Gegenteil, denn Georg Herkner weist ihr die Tür!
Zur gleichen Zeit kämpft Dr. Martin Luther gegen den Ablasshandel, denn immer mehr Menschen kommen nicht mehr zur Beichte, sondern besorgen sich einen solchen Brief, der ihnen alle ihre Sünden erlässt, und das Geschäft des Ablasspredigers Johann Tetzel blüht. Luther verfasst 95 Thesen gegen den Ablass, und durch einen Zufall werden diese schneller veröffentlicht als geplant.
Im Roman kreuzen sich die Wege von Almuth und dem Professor für Bibelkunde, und wie sich zeigt, können sie sich gegenseitig bei ihren Problemen von Nutzen sein.

Wie es zur Veröffentlichung von Martin Luthers 95 Thesen gegen den Ablasshandel kam, dazu gibt es heute unterschiedliche Theorien. Birgit Jasmund hat ihre glaubwürdige Version der Ereignisse hier sehr lebendig dargestellt und in einen spannenden Roman verwoben. Was Tammes Schicksal angeht, war ich anfangs skeptisch, aber wie die Autorin im Nachwort beschreibt, beruht es auf einer wahren Begebenheit, die sich in Wittenberg zugetragen hat. Solche realen Hintergründe machen für mich einen Roman viel lebendiger und greifbarer. Die Charaktere sind sehr plastisch dargestellt, und die ganze Geschichte macht auf mich den Eindruck, auf einer soliden und ausführlichen Recherche zu basieren. Man fühlt sich regelrecht in die alte Stadt Wittenberg versetzt, so detailliert werden die Schauplätze geschildert.
Die Spannung hält bis zuletzt an, und die Handlung hält den Leser durchgehend in Atem, denn es gibt keine Längen und keine unnötigen Ausführungen. Lediglich eine Sache hat sich mir logisch nicht erschlossen, und das war die Geschichte mit Herkners finanziellen Verpflichtungen. Die Geldnöte von Tammes Stiefvater spielen im Roman eine wichtige Rolle, allerdings wurde nicht recht klar, wer hier die Hintermänner sind. Herkners Gläubiger treten sehr fordernd auf und wirkten auf mich kriminell. Im weiteren Verlauf der Handlung scheint dies aber dann nur noch eine untergeordnete Rolle zu spielen und sich quasi in Luft aufzulösen. Auch kommt hier der Name eines bekannten damaligen Malers ins Spiel, der jedoch nur kurz in Erscheinung tritt und dann plötzlich nicht mehr zur Erwähnung kommt. Dieser Teil der Handlung wirkte auf mich etwas undurchsichtig, und ich musste schon ein Auge zudrücken, um die angebotene Lösung, die mir etwas fadenscheinig vorkam, zu akzeptieren. Hier gab es zwar ein paar Zweifel meinerseits, was aber generell den Unterhaltungswert des Romans in keiner Weise schmälert.