Scouts harmonische, geborgene Kinderwelt wird jäh gestört, als ihr Vater als Pflichtverteidiger für Tom Robinson eingesetzt wird. Der farbige Baumwollpflücker soll angeblich eine weiße Frau vergewaltigt haben. Obwohl objektiv betrachtet schnell klar wird, dass Tom die Tat gar nicht begangen haben kann, sind nur wenige Menschen von seiner Unschuld überzeugt. In den 30er Jahren hatte ein Farbiger in den Südstaaten einen schweren, fast hoffnungslosen Stand, denn hinter der Fassade einer beschaulichen Kleinstadtidylle lauern Vorurteile und Rassenhass. Scout und ihr Bruder bekommen das ganze Ausmaß dieses Dramas hautnah mit. Die Engstirnigkeit, welche sie hier bei ihren nächsten Nachbarn erleben, können sie nicht begreifen, denn Intoleranz hat in ihrer kindlichen Vorstellung keinen Platz. Nun müssen sie erfahren, dass selbst ihr gerechter und vorurteilsloser Vater nur wenig ausrichten kann, obwohl er alles tut, um seinen Mandanten Tom vor der Verurteilung zu bewahren. Und der Hass des Vaters der angeblich vergewaltigten jungen Frau wendet sich am Ende auch gegen die gesamte Familie Fink.
Die Gedanken und Handlungen eines kleinen Mädchens im Angesicht von Rassenhass und Gewalt sind berührend und gehen unter die Haut. Da ist einerseits ihre kindlich heile Welt, voller Abenteuer und Geheimnisse, die Scout mit dem Bruder teilt, aber es gibt auch die Kehrseite, denn durch den Beruf und das Engagement ihres Vaters werden die Kinder bald mit der bitteren Realität konfrontiert. Sie müssen erleben, dass nicht alle Nachbarn nett und harmlos sind. Vieles ist nicht so, wie es auf den ersten Blick erscheint. „Wer die Nachtigall stört“ ist ein Plädoyer gegen Rassenhass und Vorurteile. Durch den flüssigen und ansprechenden Schreibstil liest sich der Roman leicht, obwohl der Inhalt sehr tiefgründig ist. Es wird nichts beschönigt, die Autorin hält der Gesellschaft einen klaren Spiegel vor. Zu Unrecht ist dieses Buch ein wenig in Vergessenheit geraten. Meiner Meinung nach gehört es bereits zu den Klassikern, und die Aussagen der Geschichte sind nach wie vor aktuell, denn das Thema „Rassenhass“ gab es zu jeder Zeit und gibt es leider auch heute noch.
Ich habe eine alte Ausgabe im Nachlass meines Vaters gefunden, und eine Leserunde bei Büchereule.de gab den Ausschlag für mich, die Geschichte nun endlich zu lesen. Ganz sicher werde ich es mir, mit etwas zeitlichem Abstand, erneut vornehmen, denn vieles, was zu Beginn beschrieben wird, kann man besser verstehen, wenn man das Ende kennt. In diesem Sinn ist es gut, bei dem Roman zum „Wiederholungstäter“ zu werden.
Ich kann für dieses Buch eine vorbehaltlose, absolute Empfehlung aussprechen.
na das Buch steht ja sowas von auf meiner Wunschliste - danke für deine tolle Rezi.
AntwortenLöschenLG Kerry
Ich mach bei der gleichen Leserunde bei den Büchereulen mit. Leider komme ich im Moment nicht sooo viel zum Lesen, aber mir gefallen die ersten Seiten schon sehr gut.
AntwortenLöschenTolle Rezi!
Das klingt alles super interessant. Als Leser von meinem Blog lasse ich dir mal diese Nachricht da
AntwortenLöschenEinen schönen Sonntag
LG HANNE
http://lesegenuss.blogspot.com/2011/05/mein-blog-award-fur-meine-blog-leser.html