Klappentext:
Herr
Sommer läuft stumm, im Tempo eines Gehetzten, mit seinem leeren
Rucksack und dem langen, merkwürdigen Spazierstock von Dorf zu Dorf,
geistert durch die Landschaft und durch die Tag- und Alpträume eines
kleinen Jungen. Erst als der kleine Junge schon nicht mehr auf Bäume
klettert, entschwindet der geheimnisvolle Herr Sommer.
Mein
Eindruck:
Vorweg
muss ich sagen, dass Süskinds einziger Roman „Das Parfum“ zu
meinen Lieblingsbüchern gehört. Daher war ich neugierig, was der
Autor sonst noch geschrieben hat. „Die Geschichte von Herrn Sommer“
ist ca. sechs Jahre nach „Das Parfum“ entstanden. Es ist eine
Novelle in einem eher schmalen Büchlein mit ca. 130 Seiten. Der Text
ist relativ groß und übersichtlich gedruckt, und dazwischen sind
zahlreiche Illustrationen des Zeichners Jean-Jacques
Sempé zu finden. Die Aufmachung des Buches ist
insgesamt sehr schön und liebevoll gestaltet.
Die
Novelle erzählt in erster Linie die Geschichte eines kleinen Jungen.
Herr Sommer, dem das Buch seinen Titel verdankt, ist eigentlich eher
eine Randfigur, zumindest was die Handlung betrifft, und doch ist
seine Rolle in der Geschichte von großer Bedeutung. Von klein auf
beobachtet der Ich-Erzähler Herrn Sommer, diesen rast- und ruhelosen
Geist, der ständig zu Fuß unterwegs ist und sich von nichts und
niemandem aufhalten lässt. Die Erwachsenen schwingen kluge Reden,
und jeder hat so seine eigene Ansicht dazu, was wohl Herrn Sommer
antreibt. Die fremdartigen Begriffe, die bei solchen Unterhaltungen
fallen, wenn beispielsweise der Vater des Erzählers der Meinung ist,
Herr Sommer möge es wohl nicht, wenn man in Stereotypen zu ihm
spricht, während die Mutter zu der Vermutung neigt, der arme Mann
könne unter Klaustrophobie leiden, rauben dem Jungen den Nachtschlaf
und bescheren ihm wilde Träume.
Dabei
hat der junge Mann ganz andere Probleme, so dass er sich gedanklich
nicht ausgiebiger mit Herrn Sommer befassen kann, denn der
Ich-Erzähler erlebt die erste Liebe, er klettert auf Bäume und
lernt Fahrrad fahren. Das und seine Erlebnisse mit seiner
Klavierlehrerin, die für ein Kind wohl der reine Horror sein
mussten, sind sehr lebendig und bildhaft beschrieben. Bei diesen
Ausführungen war für mich die Faszination zu spüren, die auch „Das
Parfum“ auf mich ausübt.
Dieses
Büchlein kommt zwar bei weitem nicht an den oben erwähnten
Bestseller des Autors heran, aber es ist auf seine Art sehr schön
geschrieben und auf jeden Fall lesenswert.
Wie
gesagt, Herr Sommer ist ständig unterwegs, er ist jedem bekannt,
aber keiner kennt ihn dabei wirklich. Obwohl er sich ständig in der
Öffentlichkeit bewegt, ist er dabei seltsam anonym; die Menschen
nehmen ihn gar nicht richtig wahr, zumindest nicht bewusst. So fällt
es auch erst gar niemandem auf, als Herr Sommer verschwunden ist. Nur
einer weiß, was wirklich passiert ist: der Ich-Erzähler, aber er
schweigt, aus einem besonderen Grund, den er seinen Lesern am Ende
anvertraut. Das Buch mutet für mich tragikomisch und auch ein wenig
skurril an, wobei dieser Eindruck von Sempés Illustrationen noch
unterstrichen wird.
Dies ist mein Januar-Buch zur Klassiker-Lesechallenge, wo es darum geht, alte Schätze zu entdecken, das heißt, einen Klassiker oder ein Buch, das mindestens zehn Jahre alt ist, zu lesen.
✦✦✦
⭐⭐⭐⭐
Guten Morgen liebe Susanne.
AntwortenLöschen"Das Parfum" fand ich auch grandios, danach habe ich dann noch einige andere Bücher von Süskind gelesen. Toll fand ich auch "Die Taube" - die hat mich in der richtigen Lesestimmung erwischt. ALle anderen konnten dann da leider nicht mithalten.
Liebe Grüße
Sabine
Hallo liebe Sabine,
Löschenvielen Dank für den Tipp, da muss ich mir "Die Taube" auf jeden Fall einmal näher ansehen.
Liebe Grüße
Susanne