Donnerstag, 31. März 2016

Denn Liebe ist stärker als Hass - Shlomo Graber



„Sei stark mein Junge und lass keinen Hass in dein Herz … Liebe ist stärker als Hass, mein Sohn … vergiss das nie!“
Dies sind die letzten Worte einer Mutter an ihren geliebten Sohn, kurz bevor sie im Lager Auschwitz für immer getrennt werden. Shlomo Graber, der in diesem Buch die Geschichte seines Lebens erzählt, hat sich die Worte für immer eingeprägt, zu seinem Lebensmotto gemacht und stets beherzigt, egal was passierte.
Obwohl fast seine ganze Familie im Holocaust umkam und obwohl er in drei verschiedenen Konzentrationslagern gefangen war und Schreckliches erdulden musste, ist er heute ohne Hass.
Es ist erschütternd und berührend, den Bericht eines der letzten Zeitzeugen zu lesen.
Shlomo Graber erzählt von der zermürbenden, qualvollen Zeit der Gefangenschaft. Er stellt sich immer wieder Fragen ob der Sinnlosigkeit des ganzen. Der Größenwahn eines kleinen Mannes mit einem ausgeprägten Minderwertigkeitskomplex hielt jahrelang die ganze Welt in Atem und kostete unfassbar viele Menschen das Leben.
Aber dieses Buch konzentriert sich nicht nur auf die Schreckenszeit während des zweiten Weltkriegs, sondern der Autor erzählt auch von seiner Kindheit und seiner Entwicklung zum jungen Mann. Als er deportiert wurde, endete seine Jugend auf brutale Weise.
Shlomo Graber betont, dass er in seinem Bericht eigentlich nur an der Oberfläche kratzt. Um den Leser zu schonen, verzichtet er darauf, die Schreckenszeit im Konzentrationslager allzu detailliert zu schildern. Das Ausmaß der Brutalität, mit der damals gegen die Inhaftierten vorgegangen wurde, ist gar nicht vorstellbar. Wie schon so oft habe ich mich auch während der Lektüre des Buches wieder gefragt, wie es überhaupt so weit kommen konnte. Wie konnte ein kranker Geist, der sich „Führer“ nannte, es erreichen, dass ihn so viele unterstützten und ihm zujubelten? Wieso haben sich so viele bereit gefunden, die blutige „Arbeit“ in den Konzentrationslagern auszuführen? Es gibt so vieles, was ich nicht begreife, weil es sich für mich jeglicher Vernunft und Menschlichkeit entzieht.

Das Buch endet nicht mit dem zweiten Weltkrieg und der Befreiung der Überlebenden. Shlomo Graber berichtet, wie es für ihn und die Welt weiterging. In die Freude, endlich wieder frei zu sein und das Grauen überstanden zu haben, in die Hoffnung, doch noch Verwandte oder Freunde zu finden, die ebenfalls überlebt haben, mischte sich auch immer wieder die Trauer um diejenigen, die er verloren hat. Mit Mut, Tatkraft und Optimismus hat er sich ein neues Leben aufgebaut. Dass er sich seinen feinen Humor und unerschütterlichen Lebensmut bewahrt hat, dass er keinen Hass empfindet, sondern immer die Liebe im Herzen trug, macht Shlomo Graber zu einem ganz besonderen Menschen. Er hat sein Glück gefunden und lebt mittlerweile ein zufriedenes, erfülltes Leben in Basel. Er arbeitet als Kunstmaler und hält daneben auch heute noch Vorträge an Schulen und in Gemeinden, um besonders jungen Menschen Werte wie Toleranz, Achtung und Menschlichkeit zu vermitteln. Seine Bilder drücken so viel Lebensfreude und Kraft aus, dass man nur staunen kann. Mit der Lebensweisheit seiner fast 90 Jahre blickt er ohne Bitterkeit zurück, und er hat am Ende auch noch so manchen kritischen Rat für die Menschheit, denn auch heute, in unserer modernen, aufgeklärten Zeit, gibt es noch Strömungen und Bewegungen, die sich von Hass und Vorurteilen leiten lassen, auch im 21. Jahrhundert ist die Welt noch lange nicht frei von Not, Fanatismus und Ungerechtigkeit.
Gerade heutzutage, wo man fast täglich über Aktionen von Fremdenhass liest oder hört, ist dieses Buch aktueller und wichtiger denn je. Ich kann es nur jedem ans Herz legen!

Samstag, 26. März 2016

1000 Peitschenhiebe - Raif Badawi / Constantin Schreiber (Hrsg)


Raif Badawi ist ein saudi-arabischer Blogger, der im Internet seine Meinung zu Politik, Religion, Gleichberechtigung und Freiheit äußerte. Weil er seine liberale Einstellung öffentlich kundtat, wurde er mit zehn Jahren Haft, einer saftigen Geldstrafe und 1000 Peitschenhieben bestraft.
Dieses kleine Buch enthält vierzehn seiner Texte, die er zwischen 2010 und 2012 auf seinem Blog veröffentlicht hatte. Er sitzt immer noch im Gefängnis, und fünfzig Peitschenschläge musste er bereits erdulden. Es ist erschütternd, wenn man seine Ausführungen liest und weiß, dass er für diese Worte seine Freiheit eingebüßt hat. Er setzt sich für Liberalismus,Toleranz, Pluralität, Meinungsfreiheit und Menschenrechte ein. Sein Motto ist "Leben und leben lassen". Die Streitschrift wurde vom Ullstein Verlag herausgegeben. Es ist ein Non-Profit-Projekt zu Gunsten des Autors. Da es sich hier um ein Buch handelt, das die Meinung eines Menschen wiedergibt, der sagt was er denkt, um jeden Preis, würde ich es als Anmaßung empfinden, die Texte mit Sternen zu beurteilen, denn dazu fehlt mir auch das nötige Hintergrundwissen. Wenn überhaupt, dann kann ich sowieso nur fünf Sterne vergeben, weil er mir mit dem, was er hier ausführt, aus dem Herzen spricht. Ich muss gestehen, dass ich nicht alle Zusammenhänge hundertprozentig verstehe, dazu fehlt mir schlichtweg das Hintergrundwissen. Aber weitgehend kann man auch als Europäer verstehen und nachvollziehen, was Raif Badawi anspricht. 
Es ist eine wichtige Schrift, und auch wenn hier ein junger Mann für seine freie Meinungsäußerung so bitter bestraft wird und auch, wenn die aktuellen Terrormeldungen eine andere Sprache sprechen, so birgt das Buch auch ein Quäntchen Hoffnung, denn es zeigt, dass es in jedem Land, egal wie brutal und diktatorisch sein Regime ist, immer auch Menschen gibt, die liberal denken und sich für ein friedliches Miteinander und für die Menschenrechte einsetzen.
Diesen Menschen gilt meine ganze Hochachtung, und ich möchte mit dem Kauf und der Vorstellung dieses Buches meinen persönlichen, wenn auch winzigen Teil dazu beitragen, etwas zu ändern, denn hier fällt mir ein Zitat von Stefan Zweig ein: "Viele kleine Leute an vielen kleinen Orten, die viele kleine Schritte tun, können das Gesicht der Welt verändern."


Freitag, 18. März 2016

Das glücklichste Jahr - Petra Oelker

Das Leben der Eva Lessing




Dies ist kein Roman, sondern hier nimmt Petra Oelker ihre Leser mit auf eine Zeitreise ins 18. Jahrhundert. Wir wandeln auf den Spuren von Eva Lessing, im März 1736 als Eva Catharina Hahn in Heidelberg geboren. Zwölf Jahre war sie mit dem Hamburger Kaufmann Engelbert König verheiratet. Gotthold Ephraim Lessing war dem Ehepaar König freundschaftlich verbunden, und als Engelbert im Jahr 1768 starb, kümmerte sich Lessing um die Witwe, wie er es dem Freund versprochen hatte.

Schon bald merkt man, dass seine Zuneigung für Eva tiefer geht. Gotthold Ephraim Lessing hatte sich in die junge Witwe verliebt. Dieses Gefühl war ganz sicher nicht einseitig, und 1771 verlobten sich die Beiden. Aber es sollte noch acht Jahre dauern, bis sie endgültig ein Paar wurden, denn es warteten anderweitige Verpflichtungen auf sie. Während Lessing in Wolfenbüttel die Stelle als Bibliothekar in der Herzog-August-Bibliothek antrat, musste sich Eva erst einmal um den Nachlass ihres verstorbenen Mannes kümmern und reiste für längere Zeit nach Wien, um die König'schen Fabriken weiterzuführen und später zu veräußern. Dies alles nahm mehr Zeit in Anspruch als sie anfangs vermutete.

Erst im Oktober 1776 heirateten sie und zogen nach Wolfenbüttel. Leider war dem Ehepaar Lessing nur ein kurzes gemeinsames Glück beschieden, denn schon im Januar 1776 starb Eva, wenige Tage nach ihrem neu geborenen Sohn Traugott, am Kindbettfieber. Der frühe Tod seiner großen Liebe und seines einzigen, neu geborenen Kindes war ein Schicksalsschlag, von dem sich Lessing wohl nie ganz erholte. Er selbst starb nur drei Jahre später.

In feinfühliger und sehr sympathischer Weise spürt die Autorin den damaligen Ereignissen und Gegebenheiten nach und fügt sie zu einem stimmigen Bild zusammen. Anhand ihrer lebendigen Schilderungen kann man sich bestens in die Geschichte hinein versetzen, denn sie stellt diesen Zeitabschnitt, das soziale, gesellschaftliche, kulturelle und auch wirtschaftliche Leben, mit all seinen Facetten, sehr bildhaft und ausführlich dar, so dass sich der damalige Zeitgeist (wir befinden uns in der Epoche der Aufklärung) sehr deutlich nachempfinden lässt. Vieles von damals lässt sich anhand von schriftlichen Überlieferungen nachvollziehen, anderes ist ungewiss. Die Autorin hat ein sehr feines Gespür für Stimmungen und Situationen. Eva Lessings Lebensweg ist liebevoll und sehr gründlich recherchiert und dargelegt. Die Lücken zwischen den bekannten Fakten füllt Petra Oelker mit realistischen und sehr pragmatisch angestellten Vermutungen. Anhand der Tatsachen stellt sie sich die Fragen, wie könnte es wirklich gewesen sein, wie hätten die Betroffenen in bestimmten Fällen reagiert. Als Quelle für Informationen standen unter anderem hier besonders die so genannten „Brautbriefe“ zur Verfügung. Dieser rege Schriftwechsel zwischen Eva und Lessing gibt sehr persönliche und authentische Einblicke in das Denken und Fühlen dieses außergewöhnlichen Liebespaars.

Bisher kannte ich nur die Romane der Autorin, habe aber nun entdeckt, dass sich Petra Oelker daneben auch gerne außergewöhnlichen Frauenschicksalen widmet und diese nachzeichnet. „Das glücklichste Jahr“ hat mich sehr berührt und beeindruckt, denn das Buch zeigt, dass die faszinierendsten und berührendsten Geschichten doch das Leben selbst schreibt.



Mittwoch, 16. März 2016

Meine Neuzugänge der ersten März-Hälfte

In der ersten Hälfte des Monats März 2016 sind wieder ein paar Neuzugänge bei mir eingetrudelt.


Die drei Krimis hinten in der Mitte sind Rezensionsexemplare, ebenso "Frühlingsnächte". Da ich den ersten Band noch nicht gelesen habe und die Rose-Harbor-Reihe gerne von Anfang an verfolgen möchte, habe ich mir  "Winterglück" bestellt und werde demnächst damit beginnen. 
In der hinteren Reihe links steht ein kleines Geschenkbändchen aus dem Diogenes-Verlag. "Der schönste Ort der Welt" ist natürlich eine Buchhandlung, wie könnte es auch anders sein. Ich habe das Büchlein in unserem öffentlichen Bücherschrank gefunden, und es musste unbedingt mit, ebenso "Die Stimme der Violine" von Andrea Camilleri. Die beiden Bücher in der vorderen Reihe links "Siesta für die Seele" und "Winter in Maine" habe ich ertauscht.

Und dann hat mich Anfang dieser Woche noch Überraschungspost erreicht:


Carolyn Lucas hat passend zu ihren bisher erschienenen Engel-Romanen "Verrat der Engel" und "Vermächtnis der Engel" nun ein wunderschönes Notizbuch und passende Lesezeichen herausgebracht. Ich finde beides sehr gelungen und habe mich riesig gefreut, als ich das Päckchen in meinem Postkasten fand.
Ihr kennt die beiden Romane noch nicht? Ich kann sie euch empfehlen, wenn ihr gerne Urban Fantasy lest und neben guter Unterhaltung auch gerne ein wenig in das Reich der Legenden einsteigen möchtet. 
Für weitere Informationen verlinke ich euch hier meine Rezensionen dazu:
Vermächtnis der Engel
Verrat der Engel
Ich könnte mir übrigens gut vorstellen, dass es vielleicht irgendwann noch einen dritten Band dazu geben wird.

Donnerstag, 10. März 2016

Der Königsfluch - Pilippa Gregory


Über 42 Jahre begleitet man die Ich-Erzählerin Margaret Pole durch ein bedeutendes Stück englischer Geschichte. Margaret ist eine geborene Plantagenet, aber seit die Tudors England regieren, vermeidet sie jeden Hinweis auf ihre Herkunft, denn ihr Name könnte sie in Lebensgefahr bringen, da auch in ihren Adern königliches Blut fließt. Die Handlung beginnt im Jahre 1499, zur Regierungszeit von Henry VII. Dieser tut alles, um eventuelle Ansprüche auf seinen Thron auszuschalten. Dadurch hat Margaret schon ihren Vater und ihren Bruder auf tragische und schmerzliche Weise verloren, und doch steht sie loyal zum Königshaus. Sie kennt und betreut die Prinzen Arthur und Henry bereits in ihrer Kindheit. Sie wird zur besten Vertrauten und Freundin der spanischen Prinzessin Katharina von Aragón und folgt ihr als Hofdame, als sie mit Henry VIII. die Ehe eingeht. Aus Margarets Sicht erlebt man die Hoffnungen und Niederlagen der jungen Königin mit, deren wichtigste Aufgabe es ist, einen Thronfolger zur Welt zu bringen. Aber alle männlichen Nachkommen des Königs sterben, und Henry wird mit der Zeit immer unzufriedener und wendet sich von Katharina ab. Die Geschichte, wie sich Henry VIII. mehrfach neu vermählt und immer wieder Gründe findet, sich von seinen Ehefrauen zu trennen, ist wohl zur Genüge bekannt. Neu und interessant war für mich ein Blick auf die Vorgeschichte, auf die Jugendjahre dieses Königs, der später zum launischen Tyrannen wurde, dessen Entscheidungen und Urteile oft willkürlich ausfielen. Die Entwicklung dorthin ist sehr plastisch und ausführlich dargestellt.

Aus Margaret Poles Sicht wird das Leben am englischen Königshof sehr lebendig geschildert. Der Roman ist im Präsens, in der 1. Person, geschrieben, was einem die Ereignisse besonders nahe bringt.
Das Außergewöhnliche an diesem Roman ist für mich, dass er keine fiktive Handlung hat, und auch die Protagonisten hat es alle wirklich gegeben, zumindest alle wichtigen Charaktere. Durch die vielen kurzen Kapitel liest er sich wie ein Tagebuch, und auch wenn man natürlich nicht wissen kann, wie es sich damals genau zugetragen hat, so bewegt sich die Handlung doch sehr nahe am der Realität.
Margaret Pole weilte nicht ständig am Königshof. Da gab es auch ihre Familie und die eigenen Landgüter, um die sie sich kümmern musste. Als sie Witwe wird, beginnt ein langer und mühsamer Existenzkampf für sie und ihre Kinder. Aber ihre Loyalität gegenüber dem englischen Thron behielt sie durchgehend bei, und immer wieder wird sie als Ratgeberin und Unterstützung an den Hof geholt. So kümmert sie sich auch liebevoll um die Erziehung von Prinzessin Mary.
Ich fand es sehr aufschlussreich, die Geschichte von Heinrich VIII. einmal aus einer anderen Warte zu sehen und zugleich einen ausführlichen Blick auf die Lebensweise des englischen Adels werfen zu können, denn die Autorin spart nicht an Details, was das Leben und Schicksal und auch den Alltag ihrer Protagonistin betrifft. Philippa Gregory hat meine absolute Hochachtung, wenn man bedenkt, welch umfangreiche und ausführliche Recherche sie zu diesem Roman leisten musste. Man erhält einen kleinen Eindruck von den Ausmaßen, wenn man sich das Literaturverzeichnis im Anhang ansieht, denn das ist sage und schreibe acht Seiten lang! Eigentlich ist „Roman“ der falsche Ausdruck, sondern man könnte sagen, im „Königsfluch“ wurden historische Tatsachen sehr gründlich und detailreich aufbereitet und neu erzählt.
Beim Lesen historischer Romane suche ich immer gerne nach Sekundärliteratur, für noch ausführlichere Informationen und um die Geschichte aus mehreren Blickwinkeln betrachten zu können. Alles, was ich begleitend zum „Königsfluch“ gelesen habe, führte mich immer sehr präzise zu Philippa Gregorys Handlung hin, was zeigt, dass sich die Autorin sehr nahe an die Tatsachen hält. Ich habe durch dieses Buch einiges gelernt und so viel Neues über die englische Geschichte im 16. Jahrhundert erfahren, dass mich die Fülle an Informationen fast überwältigt hat. Für mich war dies kein Buch, das ich in einem Rutsch durchschmökern konnte, sondern ich habe es eher in Etappen gelesen und das Erfahrene immer wieder zwischendurch sacken lassen. Auch wird man mit sehr vielen Personen und Beziehungen konfrontiert, die sich glücklicherweise anhand zweier Stammbäume im Buch gut nachvollziehen lassen.
„Der Königsfluch“ ergänzt als sechster Band die Rosenkrieg-Reihe. Für mich war dies das erste Buch der Autorin, aber ich kann auf jeden Fall sagen, dabei wird es sicher nicht bleiben. Wer sich für Englands frühere Geschichte interessiert, der kommt an Philippa Gregorys Büchern einfach nicht vorbei.



Dienstag, 8. März 2016

Weltfrauentag 2016

Heute ist internationaler Frauentag. Er wurde erstmals 1911 organisiert und wird seit 1921 alljährlich am 8. März "gefeiert". Damals wie heute geht es an diesem Tag speziell um die Rechte und die Gleichstellung der Frauen, nicht nur allgemein in der Gesellschaft, sondern besonders auch im Beruf, denn da ist Chancengleichheit leider auch in Deutschland immer noch nicht die Norm, in manchen Ländern wird noch nicht einmal daran gedacht!
Es finden auch heute wieder zahlreiche Aktionen und Veranstaltungen statt.

Ich habe mir aus aktuellem Anlass wieder einmal ein Buch aus dem Regal geholt, das bereits in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts bei Zweitausendeins erschienen ist. Der 448 Seiten dicke Band zeigt und beschreibt die Situation der Frauen in verschiedenen Ländern der Welt, und obwohl das Buch schon so alt ist und sich die Zeiten geändert haben, sind viele der angeprochenen Situationen und Probleme nach wie vor aktuell. "Frauen der Welt" ist zwar nicht mehr im Buchhandel erhältlich, aber man kann es bei Interesse jederzeit noch gebraucht erwerben.


Amazon würdigt weltweit den Internationalen Frauentag am 8. März mit starken Büchern über starke Frauen und hat zu diesem Zweck eine Liste mit interessanter Lektüre zusammengestellt:
Ich wünsche euch viel Spaß beim Stöbern in starken Büchern über und für starke Frauen.


Montag, 7. März 2016

Neuzugang: Ein Alpenkrimi von Nicola Förg


Am 1. März 2016 erschienen und neu bei mir eingezogen ist der siebte Band von Nicola Förgs Alpenkrimis. Ich habe die Krimireihe und damit die beiden sympathischen Ermittlerinnen im Frühjahr 2013, mit dem damals erschienenen fünften Band "Platzhirsch", kennengelernt. Diese Art Lokalkrimis gefällt mir richtig gut, denn neben einer spannenden Handlung sind immer tolle Landschaftsbeschreibungen enthalten, außerdem sind sie, wie Nicola Förg selbst sagt, auch immer ein wenig "aufklärerisch", denn die Autorin engagiert sich in hohem Maße für den Tier- und Naturschutz. 

Auch im neuen Band scheint der Umweltschutz wieder eine große Rolle zu spielen, wie man der Inhaltsbeschreibung des Verlags entnehmen kann.
Zur Verlagsseite des Krimis: Klick

Und hier könnt ihr schon mal 'reinhören:


Das Hörbuch wird von Michaela May gesprochen

Noch ein aktueller Hinweis: Im Rahmen des Münchner Krimifestivals findet am 15. März 2016 die Buchpremiere mit Nicola Förg und Michaela May statt.
Zeit: 20:00 Uhr
Ort: Alte Rotation, Bayerstr. 57 (ggü. Hauptbahnhof), 80336 München

Falls ihr die Alpenkrimis noch nicht kennt und euch erst noch ein wenig darüber informieren möchtet, füge ich im Anschluss meine Rezensionen zu den beiden Bänden, die ich schon gelesen habe, ein. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass man hier nicht unbedingt mit Band 1 beginnen muss, da jedes Buch eine abgeschlossene Handlung hat und daher auch gut für sich allein gelesen werden kann:


Hier alle bisher erschienenen Alpenkrimis, mit den beiden cleveren Ermittlerinnen Irmi Mangold und Kathi Reindl, in der chronologischen Reihenfolge:
  1. Tod auf der Piste (Mai 2009)
  2. Mord im Bergwald (März 2010)
  3. Hüttengaudi (April 2011)
  4. Mordsviecher (März 2012)
  5. Platzhirsch (Februar 2013)
  6. Scheunenfest (März 2014)
  7. Das stille Gift (März 2016)

         

Freitag, 4. März 2016

Der Ruf des Henkers - Björn Springorum



England, Mitte des 19. Jahrhunderts
Um seine große Liebe Elizabeth vor dem Galgen zu retten, willigt der 15-jährige Richard Winter ein, mit dem berüchtigten Henker William Calcraft zu gehen, denn das ist Calcrafts Bedingung dafür, dass er Liz verschont. Obwohl er der Einzige ist, der an Elizabeths Unschuld glaubt, folgt er dem Henker und wird sein Lehrling. In den folgenden Jahren lernt er nicht nur alles über das grausige Handwerk, sondern er erfährt, dass Calcraft noch einer weiteren Aufgabe nachkommt: er verfolgt bösartige, unheilvolle Wesen, die es darauf abgesehen haben, die Menschheit zu unterwandern und zu vernichten. Als sie nach London kommen, um einen großen Auftrag zu erfüllen, trifft Richard seine geliebte Liz wieder. Die Begegnung mit ihr lenkt ihn ab, und er kann sich nicht mehr auf seine Aufgaben konzentrieren. Auch das Verhältnis zu seinem Meister ist angespannt. Erst nach und nach merkt Richard, worauf er sich eingelassen hat.

Schon die äußere Aufmachung des Buches ist meines Erachtens sehr gelungen. Der Torbogen vom Cover zieht sich als Symbol durch das ganze Buch, denn er erscheint bei jedem Kapitelanfang. Man „betritt“ sozusagen jeden Abschnitt durch dieses Tor.
Der Roman ist durchgehend in der 1. Person geschrieben, aber die Erzähler wechseln von Kapitel zu Kapitel. So werden die Ereignisse abwechselnd aus Richards Sicht und aus dem Blickwinkel von William Calcraft erzählt. Hinzu kommen später noch Tagebucheinträge von Rose, der Nichte des Wirts Benjamin, bei dem der Henker und sein Lehrling während ihres Aufenthalts in London wohnen.
Auf den ersten Blick könnte man meinen, hier einen historischen Jugendroman vor sich zu haben, denn nicht nur William Calcraft hat es wirklich gegeben, sondern auch das ganze Umfeld Londons, insbesondere Whitechapel und das Newgate-Gefängnis, sind sehr plastisch dargestellt, und auch das eine oder andere Ereignis, das im Verlauf der Handlung erwähnt wird, beruht auf realen historischen Tatsachen. Aber wenn der erste Wechselbalg in Erscheinung tritt, wird klar, dass der Henker und sein Lehrjunge es hier mit gefährlichen Wesen aus dem Reich der Fantasy zu tun bekommen.
Alles in allem erfährt man eine äußerst spannende Geschichte mit einigen Gruseleffekten, die einem auch so manche Gänsehaut bescheren. Der Schreibstil ist dem Zeitalter der Handlung angepasst, dabei aber flott und eingängig, und durch die wechselnden Erzählperspektiven wird die Geschichte zusätzlich aufgelockert. Mit Richard, Benjamin und Rose hat die Geschichte richtiggehend liebenswerte Protagonisten, und selbst der brummige, verschlossene Calcraft konnte so manchen Sympathiepunkt sammeln.
Der Beruf des Henkers wird zwar recht ausführlich beschrieben, aber da es ein Jugendbuch ist, hat der Autor auf blutige und allzu brutale Ausschmückungen verzichtet, was den Reiz der Geschichte jedoch in keiner Weise schmälert, denn derartige Effekthascherei hat sie nicht nötig. Auch für Erwachsene wird hier gute Unterhaltung geboten, und wenn auch manches schon bald vorhersehbar ist, so gibt es doch auch die eine oder andere Überraschung, die ich so nicht erwartet hätte.

Den Namen des Autors werde ich mir auf jeden Fall merken, denn auf weitere Veröffentlichungen aus seiner Feder darf man sicher gespannt sein.




Mittwoch, 2. März 2016

Ich heiße nicht Miriam - Majgull Axelsson




Zu ihrem 85. Geburtstag bekommt Miriam Guldberg einen silbernen Armreif von ihrer Familie geschenkt, wo ihr Name eingraviert ist. Als sie dies sieht, bemerkt sie spontan „Ich heiße nicht Miriam“ und stürzt damit ihre Lieben in Verwirrung.
Als junge Frau kam die Jüdin zum Ende des Krieges nach Schweden, aber bisher wurde auch in der Familie nie über ihre schlimme Vergangenheit und ihre schreckliche Zeit während der Gefangenschaft im KZ gesprochen.
Als sie nun behauptet, sie sei nicht Miriam, befürchtet ihre Enkelin sogar, sie könne womöglich unter beginnender Demenz leiden. Aber dem ist ganz und gar nicht so, denn Miriam hat ein gutes Gedächtnis, fast zu gut. Dabei fällt es ihr schwer, die Erinnerungen an die furchtbare Zeit, die sie damals erlebt hat, zuzulassen. Im Lauf der Jahre ist sie eine Meisterin der Verdrängung geworden. In der Gegenwart hat sich Miriam eine Art Zuflucht in ihre eigene Gedankenwelt geschaffen. Ihr geistiger Rückzugsort gibt ihr Schutz und Halt, wenn die schrecklichen Erinnerungen zu übermächtig werden, an damals, als Miriam noch Malika war, ein Roma-Kind, zu einer Zeit, als es vor dem Regime schon als Verbrechen galt, anders zu sein.

An ihrem 85. Geburtstag muss es heraus. Zu lange hat sie all das Schreckliche in ihrem Innern verschlossen. Nun bricht sie ihr Schweigen und offenbart sich ihrer Enkeltochter. Die Verleugnung und Aufgabe ihrer Identität damals hat ihr das Leben gerettet und ihr eine sichere Zukunft ermöglicht. Nun, da die Wahrheit ans Licht will und sie sich Camilla anvertraut, wird sie zugleich von der Angst beherrscht, ihre eigene Familie könnte sie verurteilen und ablehnen. Als Jüdin konnte sie nach der Befreiung auf Mitleid und Hilfe hoffen. Aber viele, die sie als Miriam mitfühlend unterstützten, hätten Malika, die Romni, entsetzt fallen gelassen.

Es gibt viele Zeitsprünge im Handlungsablauf, die zu ganz unterschiedlichen Ereignissen und Situationen führen. Diese sind nicht in chronologischer Reihenfolge, sondern erfolgen auf Grund von Gedankenblitzen der Protagonistin. Sie erinnert sich an eine Person oder eine Szene von damals, und schon ist ihr die ganze Dramatik der Geschichte wieder im Gedächtnis. Immer noch stehen ihr die brutalen Bilder deutlich vor Augen, nur die Zeitabläufe verwischen. Die Gedankensprünge zu ganz unterschiedlichen Zeitpunkten und die häufig wechselnden Orte versinnbildlichen für mich die innere Zerrissenheit und Aufgewühltheit der alten Dame. Auch nach all den Jahren lastet immer noch das Bewusstsein auf ihr, dass sie mit einer Lüge lebt.

Der Erzählstil dieses Romans wirkt manchmal fast spielerisch leicht, besonders in den Szenen, wenn Miriam vor sich selbst und ihrem Schicksal auf der Flucht ist und sich innerlich in ihre Traumwelt zurückzieht. Sie versuchte, die schrecklichen Dinge, die um sie herum geschehen sind, möglichst auszublenden und das Leid, den Hunger, das Elend und die verstörenden Bilder der Leichenberge, mit denen sie täglich im KZ konfrontiert wurde, so gut wie möglich zu ignorieren, denn nur so hatte sie die Kraft, durchzuhalten und weiterzuleben.

Die Autorin malt mit Worten ein erschütterndes Bild, und sie tut es so berührend dass einen diese Lebensgeschichte nicht mehr loslässt. Obwohl Miriams Schicksal fiktiv ist, so ändert das nichts an der Tatsache, dass es sich in der Realität oft so oder in ähnlicher Weise abgespielt hat. Zwar sind die Romanfiguren weitgehend erfunden, nicht jedoch die Schauplätze, und die Handlung orientiert sich sehr eng an historischen Tatsachen.
Die Autorin setzt sich gerne und häufig für Randgruppen der Gesellschaft ein, was sie in diesem Roman in besonders eindringlicher Weise tut.
Majgull Axelsson bricht hier eine Lanze für eine Minderheit, für ein ganzes Volk, das sich immer wieder Pauschalurteile, Ablehnung und Verachtung gefallen lassen musste und zum Teil immer noch muss.
Der inhaltsschwere, sehr gründlich recherchierte und meisterlich geschriebene Roman wühlt auf. Er hinterlässt ein beklemmendes Gefühl, einen schalen Nachgeschmack, besonders wenn man die aktuelle Lage, den Fremdenhass und die Not der Flüchtlinge bedenkt. Brutale Übergriffe in neuester Zeit zeigen, dass dieses düstere Kapitel deutscher Geschichte immer noch Nachhall findet und das Problem der fremdenfeindlichen Gesinnung zum Teil auch heute noch nicht ausgestorben ist.

Ein sehr wichtiger und lesenswerter Roman!