Die blinde Kommissarin Patrizia Rinaldi Ullstein ISBN: 3548286135 |
Neapel im Oktober. Der bekannte Schlagersänger Jerry Vialdi
wird tot aufgefunden. Seine Leiche ist recht seltsam in ein Tor des Stadions
Sao Paolo drapiert. Der Mordverdacht fällt auf seine zahlreichen Liebschaften,
denn jede der Frauen hatte Grund dazu, ihn zu hassen. Um Licht in den Fall zu
bringen, wird auch Blanca Occhiuzzi zu den Ermittlungen gebeten. Die attraktive
Frau ist blind, ein Umstand, der ihre anderen Sinne geschärft hat. Sie kann an
der Stimmlage eines Menschen erkennen, ob er die Wahrheit spricht oder lügt.
Zuerst möchte ich einen Satz vom Klappentext zitieren:
„Italienisches Flair, eine Stadt voller Geheimnisse und eine neue sympathische
Kommissarin – dieser Kriminalroman lässt Sie von einem Italienurlaub träumen.“
Dieses Versprechen, zusammen mit dem attraktiven und sehr
italienischen Foto auf dem Cover, hat in mir den Wunsch geweckt, das Buch
unbedingt lesen zu wollen, denn ich liebe italienisches Flair. Allerdings war
für mich schon das Coverbild der erste Widerspruch, denn an Neapel erinnert die
gezeigte Landschaft gar nicht. Man sieht eine eher ländliche Gegend, mit alten
Häusern, die verlassen wirken, die ganze Szenerie in ein Licht getaucht, als
wäre gerade ein Unwetter im Anzug. Leider hat sich auch das oben zitierte
Versprechen für mich nicht erfüllt. Lediglich den Teil mit der sympathischen
Kommissarin konnte ich nachvollziehen, aber auch das mit der Einschränkung,
dass Blanca eigentlich gar keine Kommissarin ist, sondern im Roman stets als
„Sovrintendente“ bezeichnet wird, was so viel wie „Polizeihauptmeister“
bedeutet. Ansonsten brachte mir die Story weder italienisches Flair, noch lässt
sie mich von einem Italienurlaub träumen, und über die Stadt Neapel habe ich
auch nicht so viel erfahren wie erwartet.
Fange ich mit den Charakteren an. Bis auf Blanca habe ich
keinen der Protagonisten sympathisch gefunden. Die polizeilichen Ermittlungen
wirkten auf mich eher wie ein Machtkampf, ein ständiges Gegeneinander, statt
einvernehmlich an einem Strang zu ziehen. Blancas Kollegen brillieren nicht
gerade mit Charme, und sowohl sie als auch alle anderen Charaktere blieben
durchweg blass und unzugänglich. Die ganze Stimmung des Romans, einschließlich Blancas
kurze Affäre, wirkte auf mich unterkühlt
und emotionslos.
Der Schreibstil ist zudem gewöhnungsbedürftig und alles andere
als leicht zu lesen. Ellenlange, manchmal sehr verschnörkelte Sätze, mit vielen
Metaphern geschmückt, sind wohl dem Umstand zu schulden, dass die Autorin
Philosophie studiert hat. Bei den Dialogen hatte ich oft das Gefühl, als würde
hier Insiderwissen vorausgesetzt, das mir als Leser nicht bekannt ist und auch
bis zuletzt verschlossen blieb. Kurz gesagt, ich habe viele Bemerkungen und
Redewendungen sinngemäß nicht verstanden! Von entspanntem Schmökern kann hier
nicht die Rede sein, denn der Text verlangt dem Leser gewissermaßen verschärfte
Gehirnakrobatik ab. Leider hat es mir jedoch auch an Spannung gefehlt, denn
irgendwie war mir von Anfang an klar, wer der Täter ist, so dass ich es mir
eigentlich hätte sparen können, den Roman bis zum bitteren Ende zu lesen.
Obwohl das Buch nur knapp über 200 Seiten stark ist, war es für mich fast eine
Quälerei, mich durchzukämpfen. Der Kriminalroman scheint der Auftakt einer
neuen Reihe um Blanca Occhiuzzi zu sein. Es bleibt nur zu hoffen, dass Blanca
bei den Fortsetzungen eine größere Rolle eingeräumt wird, denn sie kam meines
Erachtens in dieser Story viel zu kurz, besonders wenn man berücksichtigt, dass
sich der Titel des Krimis auf sie bezieht. Ich für meinen Teil werde die
Folgebände wohl nicht mehr lesen, denn ich bin bedauerlicherweise so gar nicht mit
der Lektüre warm geworden. Eigentlich schade, denn mein erster Eindruck war so
vielversprechend.
Das Buch wurde mir vom Ullsteinverlag, im Rahmen einer Aktion von Blogg-dein-Buch für die Rezension zur Verfügung gestellt, vielen Dank.
Hier ist der Krimi bestellbar:
Oh weh....nicht sehr oft lese ich bei dir Rezensionen über Bücher, von denen du nicht so begeistert warst! Hört sich nicht wirklich toll an...schade!
AntwortenLöschenLiebe Grüße und ein schönes Pfingstwochenende!
LG Martina
Danke liebe Martina, ich wünsche dir ebenfalls schöne Pfingstfeiertage.
LöschenLiebe Grüße
Susanne
Nach jahrzehntelangem Krimiverschlingen und viel Verehrung zu einigen Kommisaren und Kommisarinnen muss ich gestehen, dass ich in der letzten Zeit eher enttäuscht war. Entweder bin ich schon Krimi-gesättigt oder auf dem Krimi-Markt erscheint viel Schund.
AntwortenLöschenWenigstens eine schöne ehrliche Rezension :-).
Tja, größtenteils habe ich ja ein relativ glückliches Händchen bei der Auswahl meiner Lektüre, aber ab und zu haue ich auch mal kräftig daneben, so wie in diesem Fall. Aber das muss auch mal sein, dann weiß man es wieder richtig zu schätzen, ein Buch zu lesen, das genau die richtige Wahl war.
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