Montag, 9. Juni 2014

Wo meine Seele wohnt - Isabel Stadnick

Wo meine Seele wohnt
Isabel Stadnick
blanvalet, 217 Seiten
ISBN: 3442377226

Als die Schweizerin Isabel Hartmann im Sommer 1989 nach Süd-Dakota ins Pine-Ridge-Reservat reist, tut sie das in dem Bewusstsein, drei Wochen dort bei den Einheimischen zu leben, um die Kultur und die Lebensbedingungen der Oglala-Lakota vor Ort kennenzulernen. Im Gegensatz zu den anderen Teilnehmern ihrer Reisegruppe, die nach wenigen Wochen den Heimflug antreten, bleibt sie, denn in dem Lakota Bob Stadnick hat Isabel ihre große Liebe gefunden.
Das Reservat wird ihr zur neuen Heimat, und sie hat das Gefühl, am Ziel ihres Lebenstraums angekommen zu sein. Zusammen mit Bob baut sie sich hier eine Existenz auf. Als acht Jahre später ihr Mann stirbt, bricht für sie eine Welt zusammen. Nun völlig auf sich gestellt, allein mit ihren drei kleinen Kindern, entschließt sie sich schweren Herzens, zurück in die Schweiz zu gehen.
Aber die Sehnsucht treibt sie und ihre Kinder 2008 wieder ins Land der Lakota, und diesmal bleiben sie. Isabel hat sich zur Aufgabe gemacht, ein Kindergarten- und Schulprojekt im Reservat zu unterstützen, um den jungen Einwohnern dort eine bessere Zukunftsperspektive zu bieten.

Die Autorin schildert ihre ersten Eindrücke und Gefühle, als sie im Reservat ankommt. Sie erzählt aber auch die berührende Geschichte ihrer großen Liebe und ihres Schicksals, das sie vor Jahren an die Seite von Bob Stadnick geführt hat. Im Reservat fühlt sie sich zuhause. Sie lernt die Kultur und die Menschen so gut kennen, wie es keinem Außenstehenden oder Gast möglich wäre. Von den Einwohnern wird sie akzeptiert und freundlich aufgenommen. Ihr Bericht lässt sehr genaue Einblicke in die Situation der Lakota zu, denn Isabel Stadnick beschönigt nichts, sondern spricht auch Klartext, wenn es um die im Reservat herrschenden Missstände geht.Viele Menschen dort sind haltlos, weil sie ihrer ursprünglichen Kultur beraubt wurden, und besonders stark berührt mich das, wenn es Jugendliche und Kinder betrifft. Ihnen sind oft die Bräuche und die Sprache ihrer eigenen Vorfahren fremd. Aber es gibt auch eine andere Bewegung. Viele Einwohner besinnen sich auf die alten Rituale und Werte und beleben sie neu, um sie für die Nachkommen zu erhalten.

In der eigenen Familie hat es Isabel nicht immer leicht, denn Bobs vier Kinder aus seiner ersten Ehe sind nicht sofort bereit, der neuen Frau im Leben ihres Vaters Zuneigung und Vertrauen zu schenken. Das muss sich die Autorin erst hart erkämpfen.
Acht Jahre später zieht der schmerzliche Verlust ihres geliebten Mannes ihr den Boden unter den Füßen weg. Aber sie gibt nicht auf. Zwar geht sie für eine längere Zeit zurück in die Schweiz, aber sie vergisst das Land ihrer Träume und die lieb gewonnenen Menschen nicht, sondern kehrt dahin zurück, wo Bobs Grab liegt und wo sie sich zuhause fühlt.

Isabel Stadnicks offener und realistischer Bericht, fern von jeglicher verklärter Indianer-Romantik, hat mich sehr beeindruckt und berührt. Wie sie allen Luxus hinter sich lässt, zu Bob und seinen Kindern in das kleine Erdhaus zieht und sich dort einbringt, ist nicht nur ein Zeichen ihrer Liebe, sondern zeugt von großer Verbundenheit mit den Menschen, von der Kraft und dem mutigen Einsatz, für das Volk der Lakota etwas zum Besseren zu ändern.  




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