Der Tod ihres Mannes Robert hinterlässt eine große leere in
Else Westermanns Leben. Eigentlich ist die 81-Jährige gar keine richtige Oma,
wie der Buchtitel vermuten lässt, denn sie hat weder Kinder noch Enkel. Nicht
genug damit, dass sie jetzt Witwe ist, sie verliert auch noch kurz
hintereinander ihre beiden besten Freundinnen. Diese sind zwar am Leben, aber
Elisabeth hat Else zutiefst enttäuscht, und
Marlene ist schwer erkrankt. Im Lauf der folgenden Wochen macht sich
Einsamkeit in Elses Leben breit, bis zu dem Tag, als ein Brief falsch
zugestellt wird und versehentlich in ihrem Briefkasten landet. Else liest ihn,
und diese Lektüre nimmt sie so gefangen, dass sie mehr davon lesen und so
Anteil an den Freuden und Sorgen der Schreiber haben möchte. Sie entwendet nun
häufiger Briefe aus fremden Postkästen und öffnet die Umschläge möglichst
spurenfrei. Später bringt sie die Briefsendungen zu den wahren Empfängern
zurück. Einmal gelingt ihr dies nicht, denn durch widrige Umstände verliert sie
den Umschlag mit der Empfängeradresse. Das setzt eine Lawine von Ereignissen in
Gang, die jede Menge Aufregung und Abenteuer in Elses Leben bringen.
Aus Else bin ich nicht immer schlau geworden, denn für mein
Empfinden ist sie eine recht ungewöhnliche Seniorin. Einerseits wirkt sie ein
wenig trottelig und ungeschickt, erweist sich dazwischen aber wieder als
durchaus clever. Mit ihren 81 Jahren bedient sie ihr Handy ganz souverän und
sitzt gerne im Cafe, wo sie nicht nur eines sondern auch schon mal zwei oder
drei Gläschen Prosecco zu sich nimmt. Kein Wunder, dass sie bei den
unmöglichsten Gelegenheiten einfach einnickt. Dieser Sekundenschlaf geht mit
lebhaften Träumen einher, und nach dem Erwachen mischen sich für Else oft
Realität und Traum, was teilweise unangenehme und drastische Folgen hat. Im Lauf
ihrer Erlebnisse lässt sich Else auch zu mancher Aktion hinreißen, die schon ans
Akrobatische grenzt. Die Story hat etwas von einer Slapstick Komödie, bringt
aber zugleich das Problem vieler älterer Menschen zur Sprache: Die Einsamkeit.
Die Art und Weise, wie Else damit umgeht, ist nicht gerade alltäglich und wird
hier auch eher kurios dargestellt. Ich gestehe jedoch, meinen persönlichen Humor
traf es nicht immer hundertprozentig. Die Anhäufung von Zufällen, wie sie hier
vorkommt, ist manchmal fragwürdig. Auch wirkte es auf mich etwas befremdlich,
wenn die Ich-Erzählerin beispielsweise von ihren „kleinen Ärmchen“ spricht.
Derartige Verniedlichungen kommen mehrmals im Buch vor und haben mich ein wenig
irritiert, denn ich halte es für eher unwahrscheinlich, dass eine ältere Dame
so über sich selbst erzählt.
Das Buch liest sich jedoch flott weg, ist insgesamt recht
vergnüglich geschrieben und damit auf jeden Fall eine abwechslungsreiche und
kurzweilige Urlaubslektüre, die jede Menge Überraschungen bereithält. Man
sollte das Erzählte jedoch nicht allzu ernst nehmen.
Vielen Dank an den Goldmann Verlag für das Rezensionsexemplar.
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