Kurzbeschreibung des
Verlags:
Eine kleine Stadt im indischen Punjab. Inmitten eines furchtbaren
Blutbads wird als einzige Überlebende der niedergemetzelten Familie die
14-jährige Durga gefunden – mehr tot als lebendig. Das traumatisierte Mädchen
wird von der örtlichen Polizei für das schreckliche Unglück verantwortlich
gemacht. Doch die Sozialarbeiterin Simran Singh, aus Delhi zur Hilfe gerufen,
um etwas aus dem verstörten Mädchen herauszubekommen, glaubt nicht an die
Schuld des Mädchens. Simran, die in Delhi ein unabhängiges und unkonventionelles
Leben führt, stößt auf ein düsteres Netz aus Korruption und Lügen – in einer
Welt, der sie längst entronnen zu sein glaubte und in der das Leben eines
Mädchens nichts zählt.
Mein Eindruck:
Mit der Sozialarbeiterin Simran Singh hat dieser Krimi eine starke,
unkonventionelle Protagonistin, die ihr Leben nach eigenem Gutdünken gestaltet
und dabei sehr vom allgemeinen indischen Frauenbild abweicht. Simran möchte der
angeklagten Durga helfen, denn sie glaubt nicht an deren Schuld. Das Mädchen
ist in sich gekehrt, spricht kaum und steht anscheinend noch unter dem Schock
des Erlebten.
Simrans Nachforschungen bringen verstörende Dinge ans Licht, denn es gab
da noch eine Schwester, Sharda, die einige Jahre vorher spurlos verschwand. Simran
vermutet einen Zusammenhang mit den aktuellen Ereignissen und stößt bei ihren
Recherchen in ein dichtes Gefüge aus Lügen, Intrigen, Korruption und Schweigen.
Sie weiß nicht, wem sie trauen kann, und ihre Ermittlungen sind anscheinend
einigen Personen zu gründlich, so dass sie mit unvorhergesehenen Hindernissen
konfrontiert wird.
Man merkt beim Lesen sehr schnell, dass das Hauptanliegen der Autorin
viel tiefer geht als nur um die Lösung eines Kriminalfalls. Mit ihrem
Debütroman macht sie sich stark für die Frauen Indiens, deren Stand im eigenen
Land sehr schwach ist, denn ein großer Teil von ihnen ist unerwünscht. Kishwar
Desai prangert die sozialen Missstände im Punjab an und macht auf die
Hoffnungslosigkeit aufmerksam, die das Leben und Schicksal vieler Frauen dort überschattet.
An Durgas Fall macht sie die Ohnmacht eines jungen Mädchens deutlich, das in
dem Bewusstsein aufgewachsen ist, der eigenen Familie lästig und überflüssig zu
sein.
Es ist ein unbequemer Roman, bestürzend, dabei sprachlich ausgefeilt und
immer bis zur Schmerzgrenze ins Detail gehend. Das Gelesene bleibt lange im
Gedächtnis haften, und auch Tage später muss ich immer noch über den Ausgang
der Geschichte nachdenken. Das Ende war für mich unbefriedigend, was die
Rechtsprechung angeht, aber nach allem, was ich nun über die Gesellschaft im
Punjab und den dortigen Stellenwert der Frauen erfahren habe, ist es durchaus so
denkbar und glaubwürdig, wie es die Autorin darstellt.
Über die Autorin:
Kishwar Desai wuchs in Indien auf. Dort arbeitete sie viele Jahre als
TV-Journalistin, unter anderem als Nachrichtenkorrespondentin, Produzentin und
CEO eines Fernsehsenders. Als sie vor acht Jahren nach London zog, wandte sie
sich verstärkt dem Schreiben zu. Sie widmet sich aktuellen Fragen der indischen
Gesellschaft und ist in den indischen Medien stets präsent. "Die
Überlebende" ist ihr Romandebüt, für das sie mit dem renommierten Costa
First Novel Award ausgezeichnet wurde. Kishwar Desai lebt mit ihrem zweiten
Ehemann, dem Parlamentarier und Ökonomen Meghnad Desai, in London.
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