Montag, 15. März 2021

Unter Wasser Nacht - Kristina Hauff

Unter Wasser Nacht
Kristina Hauff
hanserblau
ISBN: 3446269452


Klappentext:

Wie lebt man weiter nach einem großen, unerklärlichen Verlust? Mit psychologischem Gespür erzählt Kristina Hauff eine Geschichte voller Hoffnung und Trauer und vom Wert der Freundschaft

In den idyllischen Elbauen im Wendland teilen zwei Paare Hof, Scheune und Kräutergarten - doch ihre einst enge Freundschaft ist zerbrochen. Thies und Sophie trauern um ihren Sohn Aaron, der unter ungeklärten Umständen ertrank. Allein mit ihren Schuldgefühlen müssen sie Tag für Tag Ingas und Bodos scheinbar perfektes Familienglück mit ansehen. Bis ein Jahr nach Aarons Tod eine Fremde in den Ort kommt und ans Licht bringt, was die vier Freunde lieber verschwiegen hätten.




Mein Eindruck:

Zwei befreundete Familien leben zusammen auf einem Hof im malerischen Wendland. Den Grund, die Scheune, den Garten nutzen und bewirtschaften sie gemeinsam. Früher haben sie viel zusammen gemacht, bis ein tragisches Ereignis die Harmonie trübte, denn Sophie und Thies haben ihren Sohn verloren. Er ist auf mysteriöse Weise in der Elbe ertrunken. Seitdem ist nichts mehr wie vorher, denn die trauernden Eltern haben ständig die intakte Familie von Bodo und Inga mit ihren beiden Kindern vor Augen. Zudem haben sie mit Schuldgefühlen zu kämpfen, denn in die vorherrschende Trauer mischt sich auch ein wenig Erleichterung. Aaron war ein sehr schwieriges Kind, und Sophie muss sich eingestehen, dass sie sich oft ausgemalt hatte, wie es wäre, wenn es ihren Sohn nicht gäbe. Dieser Gedanke wurde auf schreckliche Weise zur Wirklichkeit. Seit Aarons Tod haben sich Sophie und Thies nicht nur vor ihren Nachbarn verschlossen, sondern sie sind sich auch gegenseitig fremd geworden. Als eines Tages die attraktive und ein wenig geheimnisvolle Mara auftaucht, wird sie schnell zum Mittelpunkt. In gewisser Weise gelingt es ihr, die befreundeten Familien wieder näher zueinander zu führen.Aber sie verfolgt ihr ureigenstes Ziel. Was sie antreibt, enthüllt sich dem Leser nach und nach. Auch von den anderen Charakteren kommen immer neue Details ans Licht, die das Bild, wie bei einem Puzzle, vervollständigen und immer mehr darauf hinweisen, was damals geschah. Die relativ kurzen Kapitel sind jeweils wechselnd aus der Sicht der verschiedenen Protagonisten dargestellt.

Der Schreibstil gefällt mir sehr gut, und die Beschreibungen der Autorin sind sehr plastisch. Man kann sich gut in die Idylle der Elbauen hinein versetzen. Das Geheimnis, das der malerische Ort am Elbufer birgt, macht neugierig. Je mehr ich über die beiden Familien und ihr Umfeld erfahren habe, umso deutlicher hat sich bei mir dann auch eine Ahnung eingeschlichen. Für mich war die Geschichte daher etwas vorhersehbar, was jedoch meine Freude an den Schilderungen nicht geschmälert hat. Etwas schade fand ich, dass Mara dann einen sehr großen Raum im Roman eingenommen hat und das eigentliche Problem damit etwas abgedrängt wurde. Zwar ist ihre eigene Geschichte nicht weniger interessant, aber irgendwie wirkte das ganze Gefüge der Handlung oft etwas konstruiert. So recht schlüssig war auch die Sache mit Aaron nicht für mich. Einerseits gibt die Autorin sehr klar und realistisch die Gefühle der Protagonisten wieder, aber vieles wird wiederum einfach so hingenommen und nebenbei abgehandelt. So konnte ich mit Aarons Persönlichkeit recht wenig anfangen, denn die blieb bis zuletzt eher abstrakt und eigenartig. Was hat den Jungen angetrieben? Was ist damals alles falsch gelaufen? Was ging in ihm vor? Schon seine Persönlichkeit wirft bei mir viele Fragen auf, die jedoch unbeantwortet bleiben, denn anscheinend haben auch seine Eltern ihn nicht verstanden. Zu den anderen Charakteren hat mir ebenfalls oft der Zugang gefehlt. Oft hatte ich beim Lesen ein großes „Warum???“ vor Augen.

Bis zuletzt bleibt vieles vage im Raum stehen. Man erfährt zwar einiges aus der Vergangenheit der beiden befreundeten Paare und ihrer Eltern. Da kommt Gorleben ins Spiel, und hier kann man einen Bogen zum Freistaat Christiania schlagen, wo Mara aufgewachsen ist. Aber letztendlich wirken viele Begebenheiten eher hintereinander gesetzt, ohne direkten Zusammenhang. Die Handlung wirkte auf mich dadurch überfrachtet, und ich hatte den Eindruck, die Autorin wollte einfach zu viel in den Roman hinein packen.

Eine weitere Sache, die mich gestört hat, waren die Logikfehler, die m. E. beim Lektorat hätten auffallen müssen. Da gibt es völlig unterschiedliche Zeitangaben für eine Begebenheit. War der besagte Tag nun Anfang oder doch Mitte April, und war es denn nun der erste warme Tag, an dem man draußen essen konnte oder war es doch eher zu kalt für Mitte April? Ein anderes Beispiel: Wie kann sich eine Frau, die nur mit einem Slip bekleidet ist, plötzlich Shirt und Hose ausziehen? Man könnte großzügig darüber hinweg sehen, da der Roman ja kurzweilig und auch fesselnd geschrieben ist. Aber ich muss gestehen, dass mich derartige Ungereimtheiten doch sehr stören, und da mir die Protagonisten bis zuletzt eher fremd blieben und ich mich nicht wirklich mit ihnen wohlgefühlt habe, konnten mich die sehr schönen und stimmungsvollen Landschaftsbeschreibungen auch nur bedingt versöhnen.

⭐⭐⭐

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