Montag, 30. Dezember 2019

Neues Fleisch - Hendrik Hassel




Klappentext:
Noch nie wurde so viel Fleisch gegessen wie heute , obwohl die Folgen für die Tierhaltung, die Umwelt und das Klima katastrophal sind.
Wo sind die Alternativen? „In-vitro-Fleisch“, auch „Clean Meat“ genannt, das aus Tierzellen in Nährlösungen gezüchtet wird, könnte den Markt revolutionieren. Die Forschungen daran laufen auf Hochtouren.

Der Journalist Hendrik Hassel unternimmt hier eine spannende Reise in die Labore und Produktionsstätten, zu den Akteuren und Forscherinnen dieser Welt. Er beleuchtet die Chancen des Laborfleisches, thematisiert gleichzeitig aber auch die enormen Herausforderungen.



Mein Eindruck:
Der Journalist und Autor dieses Buches, Hendrik Hassel, hat jede Menge an Informationen und Wissen zu einem relativ neuen und doch so brisanten Thema zusammengetragen. Fleisch aus der Retorte? Gibt es das bereits? Und wenn ja, wie sinnvoll ist es? Es tun sich viele Fragen auf, wenn es um das Thema „Fleisch“ geht. Fleisch polarisiert, denn die einen lieben es und möchten es am liebsten täglich auf ihren Tellern, die anderen lehnen es ab, aus den unterschiedlichsten Gründen.
Hendrik Hassel hat Menschen besucht, die in der Entwicklung zum „neuen Fleisch“ dabei sind. Fleisch genießen, ganz ohne Tierleid, das soll mit Hilfe raffinierter Verfahren eines Tages möglich sein. Aus Tierzellen in Nährlösung gezüchtet, soll uns dieses Verfahren Steaks und Burger auf den Tisch bringen, für die angeblich kein Tier sterben musste.
Mir drängt sich die Frage auf, woher die Zellen denn kommen, die zur Entwicklung eines Retortensteaks benötigt werden. Laut einer Erklärung im Buch geht auch das ohne Tierquälerei ab. Ich habe aber an anderer Stelle auch schon etwas Gegenteiliges gehört. Zwar war auch da die Rede davon, dass wesentlich weniger Tiere geopfert werden müssen, aber einige trifft es dann angeblich doch und die mit purer Gewalt.
Was ich aus den umfangreichen Recherchen des Autors herauslesen konnte, war, dass das „neue Fleisch“ unwahrscheinlich teuer ist. Es wurde zwar schon produziert, ist aber im Moment noch absolut unbezahlbar. Wenn man sich die Menschheitsgeschichte ansieht, sind die Prognosen für die fernere Zukunft vielleicht gar nicht so übel, dass dieses Experiment eines Tages zum Alltäglichen, Selbstverständlichen gehört. Aber momentan – und da ist wohl noch kein Ende abzusehen – ist das Retortenfleisch so gut wie unerschwinglich. Wie so oft ist auch hier alles eine Frage des Geldes.
Es wird sehr ausführlich geschildert, wie viele Startups es heute schon gibt und wo überall auf der Welt sich bereits Forscher mit dem „Fleischbrauen“ befassen. Die Alternativen kommen leider zu kurz.
Noch nie war Fleisch so billig und wurden in solchen Massen verzehrt wie heutzutage, und es ist auch noch kein Ende abzusehen, denn die Menschen, die umdenken und bereit sind, wenigstens zum Teil auf Fleisch zu verzichten oder gar vegetarisch oder vegan zu leben, sind nach wie vor eine kleine, exotische Minderheit.
Was mir zu denken gibt: zum großen Teil geht es hier wirklich um „richtiges“ Fleisch und eher am Rande um pflanzlichen Fleischersatz. Ein Aspekt wurde nicht berücksichtigt, und das ist die Gesundheit der Menschen. Mittlerweile ist es eine unumstößliche Tatsache, dass der enorme Fleischverzehr unserer Gesundheit schadet, diesen Hinweis nur noch als i-Tüpfelchen auf den riesigen Problemberg, den die Fleischindustrie samt Massentierhaltung für die Umwelt und die Tiere aufwirft.
Das Buch „Neues Fleisch“ ist gut und wichtig, und ich bin beeindruckt von der ausführlichen Recherche des Autors. Es ist höchst interessant, zu erfahren, woran die Wissenschaft arbeitet und was vielleicht eines Tages möglich sein wird.
Bis jedoch die Entwicklung so weit ist, dass das Retortenfleisch der Allgemeinheit zur Verfügung steht, wird es für unsere Umwelt vielleicht schon zu spät sein. Diese Möglichkeit wird wahrscheinlich frühestens unseren Enkeln zur Verfügung stehen. Wenn es dann soweit ist, wird vermutlich auch hier erst einmal der Irrsinn mit der Namensgebung starten und die Entwicklung ausbremsen, denn auch dem Kulturfleisch wird es ähnlich ergehen wie der Pflanzenmilch oder vegetarischer Wurst, denn da werden Wortklaubereien veranstaltet, so dass nur die Milch vom Tier sich auch „Milch“ nennen darf und Wurst aus tierischen Bestandteilen bestehen muss.
Mein Fazit ist daher, mich weiterhin an die Alternativen zu halten, egal wie diese sich nennen (dürfen), denn die gibt es auch heute schon zu moderaten Preisen. Für die Vielfleischesser ist es jedoch gut zu wissen, dass sie vielleicht eines Tages ihr Schnitzel ganz ohne schlechtes Gewissen verzehren können.

⭐⭐⭐⭐




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