Sonntag, 20. August 2017

Solange die Hoffnung uns gehört - Linda Winterberg


Klappentext:

Bis wir einander wiederfinden

Frankfurt, 1938: Als Sängerin darf die Jüdin Anni nicht mehr auftreten. Nur mit Mühe kann sie für sich und ihre kleine Tochter Ruth sorgen. Die Angst vor dem NS-Regime wird immer größer, aber all ihre Bemühungen, gemeinsam auszureisen, scheitern. Schließlich ringt sich Anni zu der wohl schwersten Entscheidung für eine Mutter durch: Um wenigstens ihre Tochter in Sicherheit zu wissen, schickt sie Ruth mit einem der Kindertransporte nach England. So bald wie möglich will Anni ihr folgen. Doch dann bricht der Krieg aus, und sie kann das Land nicht mehr verlassen …

Die berührende Geschichte einer jungen Mutter, die ihr Kind zu retten versucht, indem sie es auf eine Reise ins Ungewisse schickt.


Mein Eindruck:
Eigentlich ist Anni ja evangelisch getauft, aber das macht für das NS-Regime keinen Unterschied. Sie wird behandelt wie all die anderen Juden. Nichts was sie alle vorher geleistet haben, zählt mehr. Man erlebt, wie Anni ihre Stelle am Theater verliert. Die einst gefeierte Opernsängerin ist von einem auf den anderen Tag brotlos geworden. Mit diesem Schicksal ist sie nicht allein. Selbst vor so genannten „Mischlingen“, wie die Menschen bezeichnet werden, in deren Adern nur zum Teil jüdisches Blut fließt, macht das Regime nicht Halt, und so hat Anni ständig Angst um ihre kleine Tochter. Als sich die Übergriffe gegen die Juden häufen, trifft Anni eine schwere Entscheidung. Sie schickt Ruth mit einem der Kindertransporte, die von den Quäkern organisiert werden, nach England. Zwar bricht ihr die Trennung fast das Herz, aber zumindest weiß sie ihr Kind in Sicherheit. Auch hegt sie die Hoffnung, bald nachkommen zu können. Was mir bisher noch nie so klar war, ist, dass Juden, die im Dritten Reich Deutschland verlassen wollten, diese Ausreise teuer bezahlen mussten. So war es vielen nicht möglich, rechtzeitig zu flüchten, weil sie das Geld nicht aufbringen konnten. Dieser sinnlose Widerspruch ist mir unbegreiflich. Man wollte die jüdischen Mitbürger nicht im Land haben, aber man ließ sie auch nicht einfach gehen, sondern legte ihnen immer wieder Steine in den Weg.
Anni kämpft und legt jeden Pfennig zur Seite, wo sie nur kann, aber es reicht hinten und vorne nicht, und so bricht der Krieg aus und sie sitzt immer noch in Deutschland fest. Ruth hofft und bangt täglich, Neuigkeiten von Anni zu hören. Sie wünscht sich so sehr, ihre Mutter möge eines Tages vor der Tür stehen.
Währenddessen stellt Anni in Deutschland fest, dass es inmitten dieses Wahnsinns auch Menschen gibt, die zu ihr halten und ihr helfen, wo sie nur können. Dazu gehört unter anderem auch ihre frühere Garderobiere Georgina, der im richtigen Leben Norbert heißt, in diesen Zeiten als Tunte beschimpft wird und selbst um seine Sicherheit fürchten muss.
Überraschenderweise erhält Anni auch Hilfe von einer Seite, wo sie überhaupt nicht damit gerechnet hat.
Die Geschichte wird je zum Teil aus Annis und aus Ruths Sicht erzählt. Ruth führt zwar in England ein sicheres Leben, aber auch sie und die anderen Kinder sind nicht gegen Anfeindungen gefeit, denn die Engländer sehen in ihnen nicht die jüdischen Kinder auf der Flucht, sondern feindliche Deutsche.
Die ganzen Ereignisse sind so packend erzählt und die Charaktere so einfühlsam und detailliert beschrieben, dass ich starken Anteil an den Schicksalen genommen habe. Die Geschichte hat mich völlig gefangen genommen, und ich habe mit den Protagonisten gehofft und gebangt.
Jeder, der selbst Kinder hat, wird sich nur allzu gut in Annis Lage hinein versetzen können, die sich von ihrer geliebten Tochter trennt, um sie in Sicherheit zu wissen.
Am Ende überschlagen sich die Ereignisse, und manches, was passiert, klingt geradezu unglaublich. Aber Linda Winterberg erläutert in einem ausführlichen Nachwort, welche realen Personen für ihre Protagonisten Pate standen und welche Ereignisse auf Tatsachen beruhen. Gerade die unglaublichsten Szenen sind in dieser oder ähnlicher Form wirklich passiert. Das zeigt wieder einmal, dass das Leben die tragischsten und unfassbarsten Geschichten selbst schreibt.

Dieser Roman über das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte hat mich mit seinen erschütternden Schicksalen sehr berührt und wird noch lange in meinen Gedanken nachwirken.  

⭐⭐⭐⭐⭐


2 Kommentare:

  1. Hallo:)
    ich bin soeben auf Deinen Blog gestoßen und muss Dir erstmal ein großes Lob da lassen..
    Dein Header und auch der Hintergrund sehen toll aus. Auch die ganzen Bücher die Du vorstellst sind ganz nach meinem Geschmack.
    Diese Lektüre klingt wahnsinnig interessant und werde ich mir mal noch näher ansehen, denn Deine Rezi macht jedenfalls sehr neugierig:)
    Vielleicht hast Du auch mal Lust bei mir vorbei zu schauen?
    http://www.printbalance.blogspot.de
    Ich würde ich jedenfalls sehr über einen Besuch von Dir freuen und lasse Dir auch gleich mal ein Abo da
    Liebe Grüße
    Andrea

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  2. Guten Abend,
    habe deinen Blog eben in einem Blogroll gefunden und liebe das Design. Es ist total schön und genau mein Geschmack, genauso wie die Bücher die du vorstellst - unter anderem dieses. Es klingt wirklich richtig gut und landet nun auf meinem Wunschzettel. Deinem Blog werde ich nun folgen und wenn du magst, schaue doch auch mal bei mir vorbei und wer weiß, vielleicht magst du neuer Leser sein? Ich würde mich sehr freuen.

    Liebste Grüße,
    Sandra.

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