Klappentext:
Um
1800: Die achtzehnjährige Juliana zieht mit ihrem Vater und ihren
Schwestern durch den Hunsrück. Eines Tages lernt sie den
berühmtesten Räuberhauptmann der Gegend kennen. Der
"Schinderhannes" umwirbt sie, liebt sie, nennt sie seine
kleine Prinzessin und ist ihr sogar fast treu. Fortan streift sie mit
ihm durch die Lande, bald heiraten sie. Doch kann das Glück an der
Seite eines Räubers lange währen?
Mein
Eindruck:
Der neue Roman von Astrid Fritz
erzählt die Geschichte von Juliana Blasius, der Braut des
berühmt-berüchtigten Räuberhauptmanns Schinderhannes, der zu
Beginn des 19. Jahrhunderts in der Gegend um den Hunsrück sein
Unwesen trieb.
Es beginnt damit, dass Hannes
sein Julchen, wie er sie später liebevoll nennt, bei einer
Festlichkeit kennenlernt, wo die junge Frau, zusammen mit ihrem Vater
und ihrer Schwester, singt und musiziert. Als Hannes sie fragt, ob
sie auf ewig bei ihm bleiben will, bricht sie alle Brücken hinter
sich ab und folgt ihm. Dass er ein gesuchter Räuber ist, stört die
junge Frau in ihrer Verliebtheit nur am Rande. Dass es bei den
Überfällen, die Hannes mit seinen Kumpanen unternimmt, auch zu
brutalen Übergriffen kommt, verdrängt sie einfach. Zwischendurch,
wenn es ihr bewusst wird, ist sie zwar schockiert, aber das ändert
nichts an ihrer großen Liebe zu Hannes. Trotz ständiger Gefahr,
entdeckt und verhaftet zu werden, verbringt das junge Paar eine
schöne, fast unbeschwerte Zeit, aber das Glück ist nicht von Dauer.
Man begleitet den
Räuberhauptmann und seine Anhänger quer durch den Hunsrück und ist
bei allen Raubzügen „hautnah“ dabei, bis zum bitteren Ende. Die
allgemeine Lage lernt der Leser aus Julchens Sicht kennen, aber mit
der Zeit wird klar, dass der Schinderhannes, so gefühlvoll und sanft
er mit seinem Julchen auch umgehen mag, letztendlich doch zu
schlimmen Taten fähig ist. Die Autorin hat sehr gründlich
recherchiert und bewegt sich mit ihrer Geschichte sehr nahe an den
Fakten. Sie zeigt deutlich die zwei Seiten dieses Lebens, das der
Schinderhannes und auch seine Freunde gewählt haben. So mancher
rücksichtslose Räuber ist zugleich auch ein zärtlicher
Familienvater. Man muss die Situation der Räuberbanden natürlich
auch vor dem damaligen sozialen Hintergrund sehen, denn nicht wenige
Menschen, vor allem bei der Landbevölkerung, waren bitterarm, und da
kommt man leicht auf kriminelle Gedanken. Für die Räuber war das,
was sie taten, in gewisser Weise schon fast wie „Arbeitsalltag“.
In der ganzen Geschichte spielen
Emotionen eine große Rolle, denn aus Liebe zu seinem Julchen tut der
Hannes so manches, was seine Kumpane nicht gutheißen. Sehr intensiv
kann man sowohl die Gefühle Julchens, aber auch die Gewissensnöte
des Schinderhannes nachvollziehen. Letztendlich müssen sich jedoch
alle ihrem Schicksal stellen, und erst gegen Ende des Romans wird es
Juliana richtig bewusst, welch schlimme Taten ihr geliebter Hannes
verübt hat und wie sehr die Opfer darunter litten.
Befasst man sich ein wenig näher
mit der Figur des Schinderhannes, so stellt man fest, dass seine
Person von Anfang an stark verklärt und in einem romantischen Licht
gesehen wurde. Wenige Jahre nach seinem Tod gab es bereits jede Menge
an Schundliteratur über ihn, und die fahrenden Leute führten auf
den Jahrmärkten Schauspiele auf, in denen sie seine Taten
verherrlichten und ihn quasi zum Volkshelden machten. Bis in die
Gegenwart hat der Räuberhauptmann schon fast so etwas wie Kultstatus
erreicht, denn es sind Gaststätten und Gerichte auf Speisekarten
nach ihm benannt, es gibt Literatur und Schauspiele über ihn, es
wurden Lieder komponiert und Filme gedreht, und ihm wurde sogar ein
Denkmal in Form einer Bronzebüste gesetzt. Dass er in seiner Heimat
eine gewisse Berühmtheit erlangt hat und sich die Region, in der er
sein Unwesen trieb, die Faszination, die diese sagenumwobene Gestalt
auf die Touristen ausübt, zunutze macht, ist einerseits
verständlich.
Nachdem ich das Buch zu Ende
gelesen habe, kann ich jedoch diese starke Verklärung seiner Person
nicht so ganz nachvollziehen, denn seine Taten waren abenteuerlich,
aber alles andere als rühmlich.
Die Autorin hat in ihrem Roman
ein klares und authentisches Bild der damaligen Ereignisse
geschaffen, ohne den Schinderhannes auf einen Heldensockel zu
stellen. So lebendig und facettenreich wie sie alles beschreibt, kann
es durchaus gewesen sein.
Ich hatte die Ehre, bereits vor
einigen Wochen an einer Blogtour zur Veröffentlichung des Romans
teilnehmen zu können. Bei den verschiedenen Stationen der Blogtour
und auch auf der Website von Astrid Fritz findet man viele ergänzende
Informationen zu den Hintergründen der Geschichte und reichlich
Bildmaterial rund um die Schauplätze und die Räuberbande. Für
Interessierte lohnt es sich auf jeden Fall, dort einmal vorbei zu
schauen.
⭐⭐⭐⭐⭐
Hey Klusi,
AntwortenLöschenWow, eine wirklich ausführliche Rezension zum Buch.
Ich habe deine Rezension bei mir auf dem Blog verlinkt.
LG, Moni