Wiesbaden 1890: Sophie ist empört, als
sie erfährt, dass ein junger Herr der gehobenen Gesellschaft ihrer
Schwester Annelie das Herz gebrochen hat. Sie nimmt sich vor,
Maximilian Bickenbach kennenzulernen und zur Rede zu stellen, was für
sie, das einfache Brunnenmädchen, welches den Kurgästen das Wasser
der Wiesbadener Heilquelle ausschenkt, gar nicht so einfach ist.
Der Zufall kommt Sophie zur Hilfe, als
sie Carl Freyberg kennenlernt, ebenfalls ein Sohn aus reichem Hause.
Mit seiner Hilfe gelangt sie zu den gesellschaftlichen Anlässen der
vornehmen Kreise, und für Carl ist die Bekanntschaft mit dem
Brunnenmädchen eine willkommene Abwechslung in seinem luxuriösen
aber eintönigen Leben. Sophie lernt Max kennen, aber er ist so ganz
anders als sie sich ihn vorgestellt hat, und ehe sie sich versieht,
befindet sie sich inmitten eines aufregenden Verwirrspiels.
Schilderungen der Epoche, in der die
Geschichte spielt, wirken auf mich häufig etwas gekünstelt, aber
vermutlich war das Leben teilweise wirklich so, zumindest, was die
begüterte Gesellschaftsschicht betraf. Man liest so selten etwas
darüber, wie sich die Reichen ihr Geld verdienten und hat oft den
Eindruck, dass das Leben damals nur aus Bällen und anderen
kurzweiligen Gesellschaften bestand. Besonders die Frauen hatten
anscheinend nur die Aufgabe, gut auszusehen und tugendhaft zu sein.
Der jungen Generation, egal ob Mann oder Frau, wurde damals wohl sehr
wenig Bewegungs- und Entscheidungsfreiheit gelassen. Gemacht wurde,
was die Eltern beschlossen.
Es ist gut, dass man hier im Roman
nicht nur diese eine Seite des Lebens im viktorianischen Zeitalter
sieht, sondern auch die ernsten Probleme der armen Leute kennenlernt.
Sophie, die mit ihrer Schwester eine kleine Kammer im Haus eines
Schneiders bewohnt, ist zwar oft leichtsinnig und auch ein wenig
naiv, aber sie ist ein mitfühlender Mensch und hat das Herz auf dem
rechten Fleck, was sie zu einer sehr liebenswerten Heldin macht. Ihre
Ausflüge in die Welt der Reichen Wiesbadens sind mit einigen
Problemen verbunden, denn sie kann bei den Teegesellschaften und
Bällen ja nicht in ihrer Alltagskleidung auftauchen. Ihr forsches
Vorgehen und ihre ungewöhnliche Art, sich passende Kleider zu
besorgen, bringen die junge Frau bald in ernsthafte Schwierigkeiten.
Eigentlich sind alle Charaktere des
Romans sehr liebevoll, aber nicht einseitig, gezeichnet. Es gibt
keine richtigen Bösewichte in der Handlung. Selbst die arrogante und
egoistische Franka hat durchaus nette Wesenszüge, auch wenn diese
nicht sehr stark zutage treten. Die ausführliche Erläuterung ihrer
Beweggründe lässt sie in einem anderen, weicheren Licht erscheinen;
sie kann eben nicht über ihren Schatten springen und ist auch nur
das Produkt ihres Umfelds.
Es geht ganz schön turbulent zu in der
Geschichte, manchmal war mir das Durcheinander fast ein wenig zu
verwirrend. Gerade auf der Gefühlsebene hatte ich oft, besonders bei
Sophie, den Eindruck, sie weiß selbst nicht, was sie eigentlich
will. Auch wurde in diversen Dialogen so manches angesprochen, was
letztendlich nicht mehr zur Sprache kam und nie eine Klärung
erfahren hat, zumindest habe ich das so empfunden.
Der Roman ist unterhaltsam geschrieben,
auch wenn vieles vorhersehbar ist. Einige Handlungen der
Protagonisten und diverse überraschende Wendungen haben dem Roman
zwar Spannung verliehen, waren aber für mich nicht immer absolut
glaubwürdig und nachvollziehbar. Trotzdem habe ich die Geschichte
sehr gerne gelesen und die unterhaltsamen Stunden damit genossen.
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