Knapp ein Jahr nach dem Auftakt-Roman
„Das Verstummen der Krähe“ konnte ich mich nun endlich auf den
zweiten Fall von Kristina Mahlo stürzen. Kris ist eine sympathische
junge Frau und hat sich vor einiger Zeit als Nachlassverwalterin
selbständig gemacht. Diesmal bearbeitet sie den Fall des
verstorbenen Albert Schettler, der sich zu Lebzeiten in seinem Haus
regelrecht verbarrikadiert hatte. Kristina erfährt, dass der
alleinstehende Mann an Verfolgungswahn gelitten hat. Aus diesem Grund
nimmt sie auch seinen hinterlassenen Brief nicht ernst genug, in dem
er von einem Bankschließfach erzählt, das er gemietet hatte und wo
sich Dokumente über ein längst verjährtes Verbrechen, aber auch
über aktuelle Morde, befinden sollen. Er warnt davor, die Unterlagen
könnten für jemanden von so großem Interesse sein, dass dieser sie
entwendet. Als Kristina die entsprechenden Schriftstücke, kurz
nachdem sie die Bank damit verlassen hat, wirklich gestohlen werden,
beginnt sie, sich ausführlicher mit dem Fall Schettler zu befassen.
Sollten die Ängste des Mannes doch nicht alle krankhaft und
unbegründet sein? Mit Feuereifer betreibt Kristina nun ausführliche
Recherchen zum Sachverhalt, was in diesem Umfang eigentlich gar nicht
zu ihrem Aufgabenbereich gehört, aber ihre Neugierde ist geweckt,
außerdem plagt sie das schlechte Gewissen, weil sie Albert
Schettlers Warnung nicht ernst genug genommen hat. Immer tiefer
steigt sie in die Vergangenheit ein und fördert unglaubliche,
brisante Informationen zutage.
Es war richtig schön, endlich wieder
etwas über die sympathischen Protagonisten zu lesen, die mir schon
im ersten Band „Das Verstummen der Krähe“ ans Herz gewachsen
sind. Da sind Kristinas Eltern, denen der Hof gehört, wo Kris sich
auch ihr Büro eingerichtet hat. Dann gibt es da noch ihren Geliebten
Simon, der in einem Nebengebäude einen Weinhandel betreibt. Auch
Henrike und Arne, ein befreundetes Paar, sind wieder mit dabei, nicht
zuletzt, Funda, die gute Seele, die Kris bei ihrer Arbeit tatkräftig
unterstützt, und auch Simons Hündin Rosa und die zahme Krähe
Alfred haben diesmal wieder ihren festen Platz in der Geschichte.
Wer den ersten Roman noch nicht gelesen hat, wird sich trotzdem gut
zurechtfinden, denn alles Wesentliche, was man über Kris und ihr
Umfeld wissen sollte, wird im Lauf der Handlung gut erklärt. Aber
ich empfehle, trotzdem den ersten Band zu lesen, denn diese spannende
Story sollte man einfach nicht versäumen!
In unnachahmlich genialer Weise
verbindet Sabine Kornbichler bei ihren Romanen ein behagliches Umfeld
und malerische Landschaften mit einer mitreißenden Handlung. Der Hof
und die ländliche Umgebung in der Nähe des Starnberger Sees, wo
Kristina mit ihrer Familie lebt, wirken heimelig und harmonisch, aber
der erste Eindruck ist trügerisch, denn auch in diesem Bereich ist
nicht alles so idyllisch, wie es oberflächlich betrachtet erscheint.
Kristina geht sehr wissbegierig und
engagiert ans Werk. Gerade die Tatsache, dass sie nicht zur Polizei
gehört, aber ihre Nase gerne tief in düstere Geheimnisse steckt,
macht ihre Fälle so außergewöhnlich. Für sie sind es nicht
einfach seelenlose Akten, die sie bearbeitet, sondern es stecken
Schicksale dahinter, und auch wenn ihre Klienten tot sind, so fühlt
sie sich ihnen doch in hohem Maße verpflichtet. Auch diesmal gibt
sie nicht gleich auf, sondern verfolgt hartnäckig die Spuren, die
sie einmal entdeckt hat. Sie lässt sich nicht abwimmeln, auch wenn
die Menschen, die sie für ihre Recherchen befragt, nicht alle sehr
auskunftsfreudig sind. Dabei geht ihr noch so viel anderes durch den
Sinn, denn auch in ihrem Privatleben läuft nicht alles rund. Aber
wie es ihre Art ist, versucht sie, ihre persönlichen Probleme mit
viel Arbeit zu überspielen.
Die Autorin kreiert fesselnde
Handlungen und starke, vielschichtige Charaktere. Bei ihren Krimis
fließt kaum Blut, und es gibt keine brutalen Szenen, sondern das
wirklich Interessante spielt sich in den Köpfen der betroffenen
Menschen ab. Die subtile Art der Aufbereitung macht diesen Krimi zu
einem wahren Leckerbissen für alle, die sich gerne in diffizile,
verschlungene Geschichten vertiefen, wo so manche, längst vergessene
Schuld, wieder ans Tageslicht kommt. Dabei wird der Leser immer
wieder auf falsche Fährten geführt und erlebt am Ende einige
Überraschungen.
Die Protagonisten sind alle so
menschlich und natürlich dargestellt, dass man sie sich gut als
Bekannte aus der Nachbarschaft vorstellen könnte, und die Handlung
wirkt sehr realistisch. Gerade das macht die Kornbichler-Romane so
besonders. Auch „Die Stimme des Vergessens“ ist hier keine
Ausnahme, sondern führt die gewohnte Qualität der bisherigen Bücher
ganz vortrefflich und in bester Tradition fort.
Die bisher erschienenen Kristina-Mahlo-Bände:
Da habe ich gleich ein schlechtes Gewissen, denn das erste Buch habe ich gewonnen und nun liegt es noch immer auf meinen SuB! Dabei wollte ich es gleich lesen....seufz!
AntwortenLöschenLG Martina
Das kann ich dir wirklich wärmstens ans Herz legen, denn ich könnte mir vorstellen, dass es dir ebenfalls gefällt. Hast du schon etwas von Sabine Kornbichlers früheren Romanen oder Krimis gelesen? Mir sagt der Schreibstil der Autorin sehr zu, und ich freue mich schon immer auf Neues von ihr.
LöschenLiebe Grüße
Susanne