Dienstag, 7. Mai 2013

Die Schatten eines Sommers - Lia Norden


Klappentext:
Lügen und Geheimnisse: Es ist ein ungewöhnlich heißer Sommer. Fast so heiß wie damals, als Dorit, Hanna, Fabienne und Marie noch Teenager und unzertrennlich waren. Bis zu dem Tag, der alles änderte. 25 Jahre später verarbeitet Hanna die Ereignisse von damals zu einem Roman. Das Buch wird ein Bestseller. Kurz darauf wird Dorit tot aus einem See geborgen. Selbstmord? Bei ihrer Beerdigung begegnen sich die Freundinnen von einst wieder. Auf jeder von ihnen lastet Schuld, und immer drängender wird die Frage, ob Dorit sich wirklich selbst das Leben nahm. Lia Norden - das sind drei Autorinnen, die den Heldinnen dieses Romans ihre jeweils ganz persönliche Stimme verleihen.

Mein Eindruck:
Früher waren die Teenager Dorit, Hanna, Fabienne und Marie unzertrennlich und verbrachten
einen Sommer lang viel Zeit miteinander am Lupiner See.
25 Jahre später treffen sich Hanna, Fabienne und Marie wieder in ihrem damaligen Heimatort – aus unerfreulichem Anlass, zur Beerdigung der damals Vierten im Bunde.
Dorit ist ertrunken. Sie war eine sehr gute Schwimmerin, kann es sich da wirklich um Selbstmord handeln, wie vermutet wird? Hanna hatte kurz zuvor einen Roman veröffentlicht, in dem sie die gemeinsamen Erlebnisse der damals 16-jährigen Mädchen verarbeitete. Das Buch wurde schnell zum Bestseller. Es tauchen Fragen auf, ob die Veröffentlichung etwas mit
Dorits Tod zu tun hat. Auf der Trauerfeier werden alte Erinnerungen wach. Vieles, was damals geschah, belastet die drei Frauen noch heute und kommt durch die aktuellen Ereignisse wieder an die Oberfläche. Die Schatten der Vergangenheit breiten sich gnadenlos aus.

Hinter dem Pseudonym Lia Norden verbergen sich drei Autorinnen Cornelia Franz, Sylvia Heinlein und Katja Reider, die diesen Roman zusammen geschaffen haben. Das Konzept ist interessant und auch sinnvoll, denn jede von ihnen verleiht einer der Protagonistinnen ihre Stimme, wobei mich brennend interessieren würde, welche Autorin über welche Protagonistin geschrieben hat. Schon in ihrem ersten gemeinsamen Projekt „Vier Wahrheiten und ein Todesfall“ hat sich die Zusammenarbeit erfolgreich bewährt.
Das Ergebnis dieser Kooperation ist überzeugend. Man verfolgt die Handlung immer aus den wechselnden Perspektiven der drei Frauen, die nach langer Zeit wieder zusammentreffen.  Dabei spürt man sofort, dass ihnen allen die Begegnung unangenehm ist, denn vieles, was in ihrer Jugend passierte, wollen sie aus ihrem jetzigen Leben verdrängen, aber die alten Schatten reichen bis in die Gegenwart.
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Die Charakterzüge der Protagonistinnen sind grundverschieden und sehr fein gezeichnet, und je mehr man über die einzelnen Frauen erfährt, umso stärker hat man den Eindruck, sie einschätzen zu können. Bald hat man das Gefühl, die Frauen zu kennen, und doch bleiben sie alle in gewisser Weise unnahbar. Im Lauf der Jahre haben sie sich verändert, aber im Grunde ihres Herzens sind sie doch irgendwo die Gleichen geblieben und werden nach wie vor von den gleichen Ängsten und Komplexen geplagt. Automatisch verfallen sie wieder in alte Rollenmuster. Trotzdem treten auch neue Wesenszüge hervor, die alles wieder in einem neuen Licht erscheinen lassen. Was jede Einzelne bewegt, wie sie die damaligen Geschehnisse sieht, das erfährt man in kurzen Abschnitten, immer aus dem jeweils individuellen Blickwinkel der Ich-Erzählerinnen. Dabei wird nicht nur alte Schuld aufgearbeitet, sondern auch die aktuelle Handlung weiter entwickelt. Nach und nach fügen sich immer mehr kleine Bruchstücke zusammen, und der Leser erfährt in geschickt dosierten Portionen, was sich damals wirklich ereignet hat. Es gibt viele unvorhergesehene Wendungen, die wieder neue Aspekte einbringen und für Spannung sorgen. Je weiter man liest, umso mehr Verdächtige wird man finden. Es gibt auch Passagen, besonders am Ende, die mich ein wenig ratlos zurückgelassen haben, da sie so gar nicht in mein persönliches Weltbild passen und für mich sehr überraschend waren. Insgesamt hat mich die Handlung sehr gefesselt. Der Roman liest sich schnell und packend, denn mancher Abschnitt hat einen kleinen Cliffhänger, so dass man schon darauf gespannt ist, wie es weitergeht, wenn die betroffene Ich-Erzählerin wieder zu Wort kommt. Das Buch ist eine fesselnde Sommerlektüre, die mir zugleich auch einige nachdenkliche Momente beschert hat, denn man gerät unwillkürlich ins Grübeln, ob es wirklich möglich ist, alte Jugendsünden im Lauf der Jahre abzuschütteln und hinter sich zu lassen. 



Vielen Dank an den Rowohlt Verlag für die Überlassung des Rezensionsexemplars. 

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