Montag, 8. Januar 2024

Bergleuchten - Karin Seemayer (Autorin), Sophie Hutter (Erzählerin)

Bergleuchten
Karin Seemayer (Autorin)
Sophie Hutter (Erzählerin)
Aufbau Audio



Kurzbeschreibung:

Das Tor zum Süden.

Göschenen, 1872: Helene begleitet ihren Vater oft auf seinen Fahrten über den gefährlichen Gotthardpass. Als ein Tunnel durch den Berg gebaut werden soll, fürchten die Fuhrhalter um ihre Existenz, die Bergarbeiter aus Italien sind Anfeindungen ausgesetzt. Auch wenn ihre Eltern dem Mineur Piero ein Zimmer auf ihrem Hof anbieten, weiß Helene, dass sie eine Verbindung zu dem temperamentvollen Italiener niemals billigen würden - und doch geht er ihr nicht mehr aus dem Kopf. Als es im Tunnel immer häufiger zu schweren Unfällen kommt, muss sie schon bald um Pieros Leben bangen.

Die epische Geschichte eines kühnen Bauvorhabens und einer Liebe, die nicht sein durfte.


Mein Eindruck:

Dreh- und Angelpunkt des Romans ist der Bau des Gotthardtunnels zwischen Göschenen und Airolo. Die Schilderungen über die Anfänge, die Reaktion der Bevölkerung und auch über die Probleme, die während des Baus immer wieder auftauchen, sind sehr plastisch und detailliert. Man erfährt viel über die Sorgen der Arbeiter, über Unfälle, fehlende Sicherheitsbestimmungen, über Rückschläge und auch über eine rätselhafte Krankheit, die während des Tunnelbaus grassierte und an der viele Arbeiter starben. Man lernt die Verantwortlichen kennen und erfährt, dass dieser historische Bau viele Opfer gefordert hat. Bei der Planung und der Umsetzung lief nicht immer alles reibungslos.

Besonders lebendig macht die Geschichte, dass man hier die Ereignisse aus Sicht der Protagonisten erfährt. Wir lernen Helene Herger kennen, die mit ihren Eltern in Göschenen lebt. Ihr Vater ist Fuhrhalter und bangt um sein Auskommen, denn mit einem fertigen Tunnel könnte vieles, was momentan mit Fuhrwerken transportiert wird, dann einfach mit der Eisenbahn verschickt werden. Helene hadert mit ihrem Schicksal, denn als einziges Kind ihrer Eltern würde sie gerne den Fuhrbetrieb eines Tages übernehmen, aber das ist für eine Frau so gut wie ausgeschlossen. Ihr Vater versucht, sich mit den Gegebenheiten so gut wie möglich zu arrangieren und nimmt Aufträge für riskante Transporte an. Dabei überwirft er sich mit seinem besten Freund, der im Lauf der Geschichte zum erbitterten Gegner des Tunnelbaus und aller Beteiligten wird.

Die Unterkünfte sind knapp und die italienischen Arbeiter im Dorf nicht gerne gesehen. So hat der Italiener Piero Glück, dass er von Franz Herger ein Zimmer angeboten bekommt. Sehr bald bahnt sich zwischen Helene und Piero eine Freundschaft an, denn beide lieben die Bergwelt und die Natur und spüren eine gewisse Seelenverwandtschaft. Aber ihre Zuneigung dürfen sie nicht zeigen, denn Helenes Eltern würden einer Verbindung mit Piero nie zustimmen. Es gibt noch einen zweiten Mann in Helenes Leben. Peter ist ihr Jugendfreund und unsterblich in sie verliebt, und ihre Eltern würden sich eine Partnerschaft mit ihm wünschen. Helene ahnt jedoch nichts von seinen Gefühlen. Als es beim Tunnelbau zu einem schweren Unfall und darauf folgend zu einem Aufstand unter den Arbeitern kommt, gerät Piero in Lebensgefahr und muss Göschenen verlassen...

Die Geschichte um den Tunnelbau ist bestens recherchiert und so lebendig erzählt, dass man meint, dabei gewesen zu sein. Man erfährt sehr viel über die Hintergründe und verfolgt den Bau vom Anfang bis zum Ende. Die Probleme, die sich während des Baus ergeben, werden kritisch kommentiert. Helenes persönliche Geschichte fügt sich nahtlos in die Handlung ein und beansprucht nicht übermäßig viel Raum. Ich fand das Verhältnis zwischen der Schilderung von realen Ereignissen und der fiktiven Liebesgeschichte sehr gut ausgewogen und harmonisch. Auch wenn manches für mich vorhersehbar war, hat mir die Geschichte insgesamt sehr gefallen.

Ich habe den Roman als Hörbuch gehört. Die Schweizer Schauspielerin Sophie Hutter spricht es sehr authentisch und eindrucksvoll. Man hört ihr einfach gerne zu. Durch die Schweizer Mundart gewinnen die Charaktere zusätzlich an Tiefe.

"Bergleuchten" kann ich allen, die historische Romane mit realem Hintergrund lieben, sehr empfehlen.

⭐⭐⭐⭐1/2


 

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