Montag, 30. August 2021

1984 - George Orwell

 

1984
George Orwell
Anaconda Verlag
ISBN: 978-3730609767

Kurzbeschreibung:

London, 1984: Winston Smith, Geschichtsfälscher im Staatsdienst, verliebt sich in die schöne und geheimnisvolle Julia. Gemeinsam beginnen sie, die totalitäre Welt infrage zu stellen, als Teil derer sie bisher funktioniert haben. Doch bereits ihre Gedanken sind Verbrechen, und der Große Bruder richtet seinen stets wachsamen Blick auf jeden potenziellen Dissidenten. George Orwells Vision eines totalitären Staats, in dem Cyberüberwachung, Geschichtsrevisionismus und Gedankenpolizei den Alltag gläserner Bürger bestimmen, hat wie keine andere Dystopie bis heute nur an Brisanz gewonnen.


Mein Eindruck:

Für mich war dies ein Re-Read, denn als Jugendliche habe ich das Buch bereits einmal gelesen. Das war damals die Ausgabe von 1976 in der Übersetzung von Kurt Wagenbeil. Leider habe ich das Buch damals verliehen und nie zurück bekommen, sonst hätte ich nun gut vergleichen können. Jetzt, 45 Jahre später, liegt mir eine neue Übersetzung von Jan Strümpel vor. Aber es ist erstaunlich, wie lange das nun her ist und wie präsent mir die Geschichte doch noch war. Die Dystopie um einen totalitären Staat mit dem Protagonisten Winston Smith hat mich damals bereits gefesselt, und ich muss sagen, auch heute ist die Attraktivität ungebrochen. Die Geschichte selbst ist vermutlich allseits bekannt. Was mich daran so fasziniert, ist der Umstand, dass George Orwell diese Dystopie bereits in den Jahren 1946 bis 1948 geschrieben hat. Damals, so kurz nach dem Krieg, flossen vermutlich viele Eindrücke aus dem 3. Reich mit in diese Geschichte ein, so in dem Sinn, was wäre passiert, wenn sich das damalige Regime länger hätte halten können bzw. womöglich den Krieg gewonnen hätte. 1976 lag für mich als junger Mensch das Jahr 1984 noch in weiter Ferne, denn damals waren acht Jahre für mich eine kleine Ewigkeit, in der viel passieren konnte. Ich habe mir damals schon Gedanken gemacht, inwieweit die dystopischen Gedanken womöglich irgendwann real werden könnten. Heute, da wir das Jahr 1984 lange hinter uns gelassen haben, erschreckt mich die Brisanz der Geschichte. Vieles, was damals der Phantasie des Autors entsprungen ist, sieht man heute in einem ganz anderen Licht. So manches ist erschreckend real. Ich kann mich zwar noch an die Handlung erinnern, aber nicht mehr allzu gut an den Schreibstil der mir damals vorliegenden Übersetzung. Als ich nun die neue Ausgabe gelesen habe, kam mir der Stil moderner und sachlicher vor. Ich kann nicht sagen, ob die Übersetzung wirklich so anders ist, denn mit den Jahren ändert sich ja oft der Lesegeschmack, und man betrachtet vieles mit anderen Augen. Es ist keine einfache Lektüre, und die Atmosphäre im ganzen Buch hat für mich etwas Erschreckendes. Da werden Menschen zu einer Nummer, und Privatleben, Gefühle oder persönliche Gedanken sind quasi Fremdwörter. Vieles darf nicht mehr ausgesprochen werden, und die einzelnen Personen kommen mir nicht wirklich nahe, denn in dem Umfeld, in dem sie leben, haben sie ihre persönlichen Regungen weitgehend abgelegt. Aber auch nach all den Jahren kann ich nur sagen, es ist ein gutes und brisantes Buch, denn es zeigt ein Leben und Situationen auf, die wir alle so nicht haben wollen. In manchen Punkten ist das für unsere heutige Gesellschaft eine Gratwanderung, denn nur allzu schnell kann eine Linie in der falschen Richtung überschritten werden. Bücher wie dieses sind bedeutsam, denn 1984 zeigt uns die Macht der Gedanken und Gefühle und was passieren kann, wenn man das kritische Denken einfach aufgibt.

Die optische Gestaltung dieser neuen Ausgabe gefällt mir übrigens richtig gut. Die eher strenge grafische Gestaltung des Umschlags passt perfekt zur Geschichte. Der Anaconda Verlag hat wirklich ein gutes Händchen, Klassiker gekonnt in Szene zu setzen.

⭐⭐⭐⭐1/2




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