Summ, wenn du das Lied nicht kennst Bianca Marais Wunderraum ISBN: 978-3336547944 |
Kurzbeschreibung
des Wunderraum-Verlags:
Südafrika
1976. Die neunjährige Robin wächst behütet in einem Vorort von
Johannesburg auf. In derselben Nation, aber Welten von Robin
getrennt, lebt Beauty Mbali, eine verwitwete Xhosa-Frau, die sich
allein um ihre Kinder kümmert. Als Robins Eltern getötet werden und
zur selben Zeit Beauty in den Wirren des Schüleraufstands von Soweto
nach ihrer Tochter sucht, führt das Schicksal diese zwei Menschen
zusammen, deren Wege sich sonst nie gekreuzt hätten. Bei Beauty
findet Robin Geborgenheit, und es entspinnt sich eine innige
Beziehung zwischen den beiden. Doch Robin fürchtet, Beauty wieder zu
verlieren, sobald diese ihre Tochter findet. Verzweifelt trifft das
Mädchen eine folgenschwere Entscheidung ...
Mein
Eindruck:
Der Roman wird abwechselnd aus der Sicht von zwei sehr
unterschiedlichen Protagonistinnen erzählt. Da ist einmal die
neunjährige Robin Conrad, ein weißes Mädchen, dass in den
Siebzigerjahren in behüteten Verhältnissen aufwächst, bis eines
Tages ihre Eltern nicht nach Hause kommen, weil sie von Schwarzen
getötet wurden. Für Robin ändert sich das ganze Leben, denn sie
muss zu ihrer Tante Edith, einer Stewardess, die mit Kindern so gar
nichts am Hut hat.
Robin fühlt sich allein und verlassen, denn sie hat nicht nur ihre
Eltern verloren, sondern auch ihr vertrautes Zuhause und ihr
geliebtes Kindermädchen. Von Edith fühlt sie sich nicht angenommen,
denn für ihre Tante stellt sich die Frage, wie sie die Zukunft mit
ihrer Nichte und ihrem Beruf unter einen Hut bringen soll.
Hier kommt Beauty Mbali ins Spiel. Die zweite Ich-Erzählerin ist
eine verwitwete Xhosa-Frau und Lehrerin aus der Transkei. Auf der
Suche nach ihrer Tochter, die in den Wirren des Aufstands von Soweto
verschollen ist, kommt sie nach Johannesburg. Da sie als Schwarze
eine Anstellung und einen Ausweis benötigt, um sich in Johannesburg
aufhalten zu dürfen, trifft sie ein Arrangement mit Edith, so dass
diese weiterhin ihrem Beruf nachgehen kann und Beauty sich in der
Zwischenzeit um Robin kümmert.
Nach
den ersten Annäherungsproblemen entsteht eine innige Freundschaft
zwischen Robin und Beauty. Für das neunjährige Mädchen tun sich,
durch das abwechselnde Zusammenleben mit Edith und Beauty, völlig
neue Sichtweisen auf. Sie lernt, dass man Menschen weder nach ihrer
Hautfarbe noch nach ihrer Gesinnung beurteilen kann. Nicht nur sie
hat ihre Eltern verloren, nicht nur Schwarze ermorden Weiße, sondern
auch umgekehrt werden zahlreiche Verbrechen begangen. So muss Robin
erfahren, dass weiße Sanitäter nicht bereit sind, zu helfen, als
Beauty schwer erkrankt.
Die
Handlungsstränge aus Robins und Beautys Sicht sind sehr
unterschiedlich. Man lernt die beiden Erzählerinnen sehr intensiv
kennen, wobei mich Beauty mit ihren Ausführungen stärker berühren
konnte. Robin hat in ihrem jungen Leben schon Schlimmes durchgemacht
und schwere Verluste erlitten. Das macht sich zum Teil auch in ihrem
Verhalten bemerkbar. Einerseits ist sie verunsichert, andererseits
aber auch recht forsch, und so manches, was sie im Lauf der Handlung
anstellt, hat leise Zweifel in mir geweckt, denn sie begibt sich in
Situationen, die für ein kleines Mädchen doch sehr ungewöhnlich
sind. Ihr Verhalten schwankt manchmal zwischen Unvernunft und
Altklugheit und bringt ihr so manche tiefschürfende Erkenntnis, was
ich ihr, in Anbetracht ihres Alters, nicht immer hundertprozentig
abnehmen konnte. Am Ende der Geschichte gab es für mich auch noch
ein paar ungeklärte Punkte, aber
eine Anmerkung der Autorin lässt mich hoffen, dass Beautys und
Robins Geschichte vielleicht eine Fortsetzung haben wird.
Insgesamt
hat mich dieser Debütroman stark beeindruckt. Er bietet
Einblicke in eine Zeit, als in Südafrika noch die Apartheid
vorherrschte. Im Roman kommt die Kluft in der Bevölkerung sehr
deutlich zum Ausdruck, nicht nur zwischen Schwarz und Weiß, sondern
auch zu allen Andersdenkenden.
Bianca
Marais ist selbst in Südafrika aufgewachsen. Sie wurde im Jahr des
Soweto-Aufstands geboren und widmet diesen Roman ihrem schwarzen
Kindermädchen Eunice, die ihr etwas sehr Wichtiges beibrachte,
nämlich, dass Liebe farbenblind ist.
Nicht
unerwähnt möchte ich die wunderschöne Ausstattung dieses Buches
lassen. Die Ausgaben, die der Wunderraum-Verlag veröffentlicht, sind
etwas Besonderes und jeder Band für sich ein kleiner Schatz. Alle
Bücher sind mit einem hochwertigen Leinenrücken, einem hübsch
bedruckten Lesebändchen und wunderschön farblich abgestimmtem
Vorsatzpapier ausgestattet und wirken dadurch sehr edel. Da der
Verlag auch besondere Geschichten veröffentlicht, die abseits vom
Mainstream, aber gerade darum sehr lesenswert sind, werde ich mich
künftig sicher öfter bei den Wunderraum-Neuerscheinungen umsehen.
⭐⭐⭐⭐
Liebe Susanne,
AntwortenLöschendas war auch bei mir der einzige Kritikpunkt: Robins oft ungewöhnliches Verhalten, das mir am Ende nicht ganz gefiel. Der rest vom Roman hat mich aber tief beeindruckt und wird sicher noch lange in meinem Gedächtnis bleiben!
Liebe Grüße
Martina
Liebe Klusi,
AntwortenLöschenich freue mich, dass dir der Roman auch so gut gefallen hat. Deine Kritikpunkte kann auch ich sehr gut verstehen, da ich genauso empfunden habe. Das Ende war so ein bisschen "too much", wie man so schön sagt. Ich habe dieses Jahr viel über Südafrika gelernt und werde immer wieder gerne Bücher zu diesem Thema lesen.
Falls du Lust hast meine Rezi zu lesen, freue ich mich, wenn du mich HIER besuchst.
GlG vom monerl
Hallo,
AntwortenLöschendas Buch klingt trotz der Kritikpunkte wunderbar! Noch ein Buch für die endlose Leseliste... ;-) Schöne Rezension!
Ich habe diesen Beitrag HIER für meine Kreuzfahrt durchs Meer der Buchblogs verlinkt.
LG,
Mikka