Marie von Ebner-Eschenbach erzählt in
diesem Roman die Geschichte der Uhrmacherin Lotti. Es ist keine
genaue Zeit angegeben, aber ich vermute, die Handlung spielt sich zum
Ende des 19. Jahrhunderts ab, ungefähr zu der Zeit, als der Roman
veröffentlicht wurde.
Mit Lotti hat die Geschichte eine für
damalige Verhältnisse sehr emanzipierte Protagonistin, denn es war
nicht an der Tagesordnung, dass eine Frau so selbstverständlich
ihren Beruf ausübte. Aber Lotti ist die Tochter eines
Uhrmachermeisters und tritt in seine Fußstapfen.
Lotti hält sich selbst nicht für
sonderlich attraktiv, und sie wird im Roman eher als konservativer
Typ beschrieben. In der Liebe hat sie kein Glück, und so wird auch ihre
Verlobung mit dem Poeten Hermann Halwig wieder gelöst. Jahre später
begegnet sie ihrem damaligen Verlobten dann wieder. Dieser ist
inzwischen mit einer schönen Frau verheiratet, die jedoch kränkelt,
und das Ehepaar befindet sich in finanziellen Schwierigkeiten. In
selbstloser Art und Weise hilft Lotti, so dass sich für die Halwigs
alles zum Guten zu wenden scheint, aber dieser Eindruck ist nur von
kurzer Dauer. Letztendlich findet Lotti selbst doch noch ein spätes
Glück.
Ich kannte von Marie von
Ebner-Eschenbach bisher nur „Krambambuli“, was ich früher als
Schullektüre gelesen habe. „Lotti, die Uhrmacherin“ war mir bis
dato unbekannt. Der Schreibstil ist sehr schön, und man fühlt sich
sogleich in die gute alte Zeit versetzt. Sehr lebendig sind die
Ereignisse um Lotti beschrieben. Ihre Charakterisierungen der
verschiedenen Personen sind so treffend, dass man ein klares Bild vor
sich sieht.
Mit der Veröffentlichung dieser
Erzählung gelang Marie von Ebner-Eschenbach der literarische
Durchbruch auch über Österreich hinaus.
Interessant ist, dass die Autorin, zu
der Zeit als „Lotti“ entstand, gerade selbst in Wien eine
Ausbildung zur Uhrmacherin absolvierte. Dies ist sicher auch der
Grund, wieso Lottis Uhrensammlung so ausführlich in der Geschichte
beschrieben ist. Mir sagen die Namen der verschiedenen alten Uhren
leider so gar nichts, und damit stehe ich vermutlich nicht allein.
Obwohl die Geschichte gerade mal hundert Seiten umfasst, empfand ich
sie stellenweise als langatmig, was nicht zuletzt an den vielen
fachlichen Anmerkungen der Autorin lag. Lotti ist eine sympathische
Protagonistin. Ihre erzählte Geschichte empfand ich jedoch eher als
belanglos, zumindest nicht spektakulär. Trotzdem habe ich dieses
Büchlein gerne gelesen, denn die schöne sprachliche Ausarbeitung
habe ich sehr genossen.
Das Bild auf dem Umschlag zeigt
übrigens Marie von Ebner-Eschenbach selbst, ein Gemälde von Karl
Blaas aus dem Jahr 1873.
⭐⭐⭐⭐
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Moin, liebe Susanne,
AntwortenLöschenich kannte bisher nur Zitate von ihr. Das Büchlein werde ich aber mal lesen.
Liebe Grüße, Anne