Samstag, 14. Mai 2016

Das stille Gift - Nicola Förg

Es gibt wieder einen neuen Fall für die Ermittlerinnen Irmi Mangold und Kathi Reindl.
Eines Tages stürzt ein völlig aufgebrachter Tourist in Irmis Büro. Er verströmt einen Geruch wie ein ganzes Güllefass und gibt zu Protokoll, dass er von einem ungehobelten Landwirt mit Gülle besprüht wurde, auf einem Wanderweg, wo Miller schon in all den Jahren, seit er in Garmisch Urlaub macht, mit seiner Frau spazieren gegangen sei. Irmi sieht diesen Vorfall zuerst nicht in ihrem Zuständigkeitsbereich, bis Miller angibt, dass ihm bei der Gülle-Attacke auch ein Metallteil um die Ohren geflogen sei. Der Tourist sieht dies als tätlichen Angriff. Eine Untersuchung ergibt, dass es sich bei dem Metallstück um die künstliche Hüfte eines Landwirts handelt, der einige Jahre zuvor spurlos verschwunden war. Kilian Schwaiger und seine Familie ereilte damals ein schweres Los. Zuerst kam Schwaigers behinderter kleiner Sohn ums Leben, dann stand seine Existenz auf dem Spiel, weil seine Kühe nach und nach an einer seltsamen und rätselhaften Krankheit zugrunde gingen. Schwaiger war sich sicher, dass sein verendetes Vieh Opfer der „Agrarmafia“ geworden war. Seine Kühe starben an Botulismus, ausgelöst durch kontaminiertes Futter. Die Zuständigen verneinten einen Zusammenhang und warfen Schwaiger unsauberes Arbeiten auf seinem Hof vor. Kilian Schwaiger sagte der Agrarwirtschaft mit ihren dunklen Machenschaften den Kampf an. Er besuchte Demonstationen, trat aber quasi gegen Windmühlenflügel an und zog letztendlich den Kürzeren bzw. er verschwand spurlos. War er einigen der „Großen“ im Weg, wurde er gar umgebracht? Der Tatsachenbestand lässt diesen Schluss zu, und schon ist Schwaiger sehr wohl ein Fall für die Mordkommission.

Irmi und Kathi ermitteln wieder in gewohnt forscher Weise. So verschieden wie die beiden Frauen sind, so unterschiedlich gehen sie auch an den neuen Fall heran, jede auf ihre persönliche Art, und sie ergänzen sich dabei perfekt. Was sie da aufdecken, sieht ganz nach einem Giftskandal aus. Es geht in diesem Krimi nicht nur um einen Mordfall, sondern man lernt ganz nebenbei so einiges dazu. Da liest man über Botulismus, über das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat, über Biogasanlagen und andere umweltrelevante Probleme. Die Autorin hat wieder sehr gründlich recherchiert, und man spürt hinter jedem Wort Nicola Förgs kritischen Einsatz für die Umwelt. So ist dies ein Alpen-Krimi ganz besonderer Art, denn mit „gemütlichen“ Regionalkrimis kann man ihn wahrlich nicht vergleichen. Zwar lernt man durch Irmis Augen auch diesmal wieder die guten Seiten ihrer Heimat kennen, aber die Schönheit von Natur und Landschaft wird überschattet von den Problemen und Schäden, die durch Raubbau in der Landwirtschaft an Pflanzen, Tieren und damit auch an Menschen entstehen.
Das stille Gift“ ist ungemein fesselnd geschrieben, und die persönlichen Belange der Protagonisten bringen auch immer ein wenig frischen Wind und Aufmunterung in die Geschichte, beispielsweise wenn über Kathis Sorgen mit ihrer halbwüchsigen Tochter berichtet wird. Aber da gibt es auch sehr nachdenkliche Passagen, wenn beispielsweise Irmi, die selbst aus einer Bauernfamilie stammt und ihrem Bruder auf dem Hof hilft, über Sinn und Unsinn der Milchkuhhaltung nachdenkt.
Es ist nicht nur eine spannende Kriminalgeschichte, sondern zudem ein sehr kritisches Buch, dessen Anspruch weit darüber hinaus geht, die Leser nur gut zu unterhalten.
Wieso gebe ich nur vier Sterne? Insgesamt kann ich sagen, dass mir auch dieser Krimi wieder ausgesprochen gut gefallen hat. Aber es gibt einige Vorkommnisse in der Geschichte, die leider nicht zur Auflösung kommen, und das hat mich ein klein wenig enttäuscht, denn hier war ich gespannt, wie das alles ins Bild passen würde. Ich kann dazu nicht mehr ins Detail gehen, denn dann würde ich zu viel von der Handlung verraten.
Auf jeden Fall ist „Das stille Gift“ sehr lesenswert, ungemein fesselnd und dazu auch noch sehr lehrreich. So vieles, was hier beschrieben wird, trifft den Nagel auf den Kopf, ist aber viel zu wenig bekannt. Und wir sollten alle wissen, wie es um die Natur, die Umwelt und auch um unsere Nahrung bestellt ist!



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