Montag, 21. September 2015

Die Naturheilerin - Paola Presciuttini


Klappentext des Verlags:
Süditalien im 11. Jahrhundert: Trotula de Ruggiero wächst in einer der reichsten und mächtigsten Familien Salernos auf. Von ihrem Kindermädchen Iuzzella, das für jede Krankheit oder gegen jeglichen Schmerz ein Mittel kennt, wird sie früh in die Geheimnisse der Heilpflanzen eingeweiht. Als die Mutter bei der Geburt des Bruders im Kindbett stirbt, beginnt Trotula sich für Medizin zu interessieren, die sie in Salerno, an einer der besten Schulen des Mittelalters, als erste Frau studiert. Zunächst mit Wut, dann mit wachsender Leidenschaft brennt sie für ihre Berufung als Heilerin. In einer Zeit, in der ihr als Frau wenig Anerkennung entgegengebracht wird, schafft sie es, Geschichte zu schreiben – und für ihr privates Glück zu kämpfen …

Mein Eindruck:
Der Roman beschreibt das Leben der Trotula de Ruggiero, die im 12. Jahrhundert wirklich gelebt hat und als Ärztin in Salerno praktizierte sowie ein Mitglied der dortigen Fakultät war und unterrichtete. Sie schrieb einige bedeutsame medizinische Abhandlungen, hauptsächlich über Frauenkrankheiten und Geburtshilfe, wobei ihre Ansichten für die damalige Zeit sehr fortschrittlich waren. Beispielsweise legte sie großen Wert auf Hygiene, was für das Mittelalter schon außergewöhnlich ist.
Es ist leider nicht allzu viel über diese interessante Frau bekannt, und in den wenigen Informationen, die es über sie gibt, sind sich die Forscher auch nicht einig, was denn nun der Wahrheit entspricht und was eher auf Spekulationen beruht.
Aus diesem Grund musste die Autorin sehr vieles über Trotulas Leben ihrer Phantasie überlassen und neu erfinden. Sie präsentiert in ihrem Roman ein Frauenbild, das sich in vieler Hinsicht von den Informationen unterscheidet, die ich bisher über Trotula hatte.

Der Roman ist komplett in der Ich-Form geschrieben, wobei die Erzähler von Kapitel zu Kapitel wechseln. Zum großen Teil berichtet Trotula selbst, aber es kommen verschiedene Personen aus ihrem Umkreis zu Wort, beispielsweise der Mönch, der sie in ihrer Kindheit unterrichtete, ihr Kindermädchen Iuzzella, ihre Cousine und noch einige mehr. Leider geht aus den Kapitelüberschriften nie hervor, wer hier gerade aus seiner Sicht über Trotula berichtet. Manchmal kann man das schon nach wenigen Sätzen aus dem Sinn erschließen, aber bei vielen Kapiteln muss man schon ein paar Seiten lesen, bis es sich klärt. Das stört den Lesefluss ungeheuer, und ich musste so manchen Abschnitt noch einmal lesen, um richtig zu erfassen, wer der Ich-Erzähler gerade ist und was er mir sagen möchte.
Trotula selbst wirkt auf mich ziemlich exzentrisch, und ihre Mitmenschen verehren sie und heben sie quasi bei ihren Erzählungen auf ein Podest. Wenn man ihnen allen glauben mag, war sie die perfekte Frau, völlig ohne Makel, denn sie wird von den Erzählern als schön, klug und so gut wie unfehlbar beschrieben. Anhand anderer Romane, in denen es ebenfalls um die Heilerin ging, hatte ich mir Trotula als scharfsinnig und intelligent, dabei aber auch bodenständig und tatkräftig vorgestellt. Die Trotula, die dieser Roman zeichnet, wirkt dagegen eher wie eine kapriziöse Kunstfigur.
Sprachlich ist der Roman sehr schön, manchmal poetisch und oft ein wenig philosophisch. Man spürt, dass der Autorin diese wichtige und interessante Frauenfigur des Mittelalters sehr am Herzen liegt, und wie Paola Presciuttini im Vorwort berichtet, waren die Recherchen für ihren Roman immens umfangreich. Aber leider bin ich weder mit der hier beschriebenen Trotula noch mit einem der anderen Charaktere richtig warm geworden, was sicher viel daran lag, dass ich bei jedem Kapitel erst überlegen oder suchen musste, welcher der Ich-Erzähler aktuell gerade berichtet.

Das fand ich sehr schade, denn die Person der Trotula de Ruggiero hat so viel zu bieten, was für mein Empfinden leider viel zu kurz kam.



2 Kommentare:

  1. Liebe Klusi,

    das klingt nach einem Buch für mich, auch wenn ich historische Romane aus dem Mittelmeerraum nicht so gerne mag. Doch die von dir beschriebene Erzählform stört mich... ich mag es nicht, wenn man bei jedem neuen Kapitel erst überlegen muss, wer denn gerade "spricht".

    Was mich auch ärgert ist das Cover. Dieses Bild steht für mich einfach für "DieHexe von Freiburg" und ich finde es furchtbar wenn zwei Bücher das selbe Cover haben. Aber naja, sollte mir das Buch mal über den Weg laufen gebe ich ihm vielleicht eine Chance.

    Danke auf jeden Fall für die aufschlussreiche Rezension!

    Liebe Grüße
    Jacy

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    1. Liebe Jacy, mit dem Cover hast du Recht, das verbindet man unwillkürlich mit der "Hexe von Freiburg". Leider ist es häufig so, dass man Cover-Doppelgänger findet.
      Dass du dem Buch trotz meiner Kritik eine Chance geben möchtest, finde ich gut, denn es kann ja sein, dass der Roman auf dich ganz anders wirkt. Wie man eine Geschichte empfindet, ist ja eine sehr individuelle Sache, und das ist auch gut so.
      Liebe Grüße
      Susanne

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