Das Geschenk des Meeres - Julia R. Kelly

 

Das Geschenk des Meeres
Julia R. Kelly
Engl. OT: The Fisherman's Gift
übersetzt von Claudia Feldmann
Mare Verlag
ISBN: 9783866487482
⭐⭐⭐⭐

Kurzbeschreibung:

Schottland, Winter 1900. Am Strand von Skerry wird ein lebloser Junge angeschwemmt. Als der Fischer Joseph ihn ins Dorf trägt, erntet er ungläubige Blicke, denn das Kind ähnelt auf unheimliche Weise dem Sohn der Lehrerin Dorothy, der in einer längst vergangenen Nacht ans Meer ging und nie mehr gesehen wurde. Ausgerechnet Dorothy erklärt sich bereit, das rätselhafte Kind aufzunehmen, bis seine Herkunft geklärt ist. Doch die Anwesenheit des Jungen wühlt nicht nur Dorothy auf, sondern stellt die gesamte Dorfgemeinschaft vor Fragen. Weshalb war Joseph sowohl an dem Tag am Strand, als der fremde Junge angespült wurde, als auch in der Nacht, als Dorothys Kind verschwand? Worüber haben Dorothy und Joseph damals so erbittert gestritten? Und warum wurden sie nie ein Paar, obwohl sie sich für jedermann offensichtlich liebten?

Mein Eindruck:

Als die Lehrerin Dorothy in Skerry ankommt, wird sie von den Dorfbewohnern eher misstrauisch behandelt. Nur der Fischer Joseph tritt ihr aufgeschlossen und sympathisch gegenüber. Sehr schnell wird klar, dass es zwischen den beiden eine gewisse Anziehungskraft gibt. Anfangs ist Dorothy glücklich, doch dann geschehen einige Dinge, die sie zweifeln lassen. Joseph ist über ihren abrupten Stimmungswechsel verwirrt.

Es gibt immer wieder Rückblicke zur Anfangszeit, als Dorothy noch neu in Skerry war.

Jahre später wird ein Junge am Strand gefunden, der dem kleinen Sohn von Dorothy, der in einer stürmischen Nacht verschwand, erschreckend ähnlich sieht. Der Fund des Jungen reißt alte Wunden wieder auf und bringt die Dorfgemeinschaft in Aufruhr. Dorothy nimmt sich des kleinen Jungen an und wird durch ihn mit ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert. Erst nach und nach rekonstruieren die einzelnen Rückblicke die Ereignisse von damals. Vieles scheint ungeklärt und entwirrt sich erst nach und nach. Letztendlich ist die ganze Dorfgemeinschaft nicht unschuldig an den dramatischen Entwicklungen, die stattgefunden haben, denn da gibt es immer wieder Einmischungen von Menschen, die meinen, alles besser zu wissen als die Beteiligten selbst. Dorothy wird als sehr verschlossene Frau geschildert, der es schwer fällt, ihren Gefühlen zu vertrauen und aus sich herauszugehen, was ihrer eigenen, sehr strengen Erziehung geschuldet ist. Anfangs konnte ich mich so gar nicht mit ihr anfreunden. Joseph ist ein ernster Mann und Einzelgänger, aber er hegt tiefe Gefühle für Dorothy. Sie jedoch scheint dies nicht zu bemerken und stößt ihn mehrfach vor den Kopf. Was dahintersteckt, erfahren wir im Verlauf der Geschichte. Der Roman ist eher ruhig und hat eine düstere Grundstimmung. Die Handlung ist geprägt von Misstrauen, Unsicherheit und vielen Missverständnissen. In den letzten Kapiteln ändert sich die Atmosphäre. Dorothy kann sich öffnen, und am Ende kann sie vieles bereinigen, was ihr lange auf dem Herzen lag. Die Handlung ist in einfachen, klaren Worten erzählt und wird umrahmt von fast poetischen Darstellungen des Dorfes und des Meeres. Auch wenn ich nicht alle Handlungen von Dorothy nachvollziehen konnte, so hat mich ihr Schicksal doch sehr berührt. Das Ende ist stimmig und hat mich mit den Dorfbewohnern meinen Frieden machen lassen. Alles in allem ist dies ein sehr schönes und lesenswertes Buch.