Isa hat plötzlich ein Alter Ego namens
Billie. Billie ist das ganze Gegenteil von Isabell. Sie gibt sich
schrill, sowohl von ihrer Art als auch in ihrem Äußeren. Sie
schwingt gerne revolutionäre Parolen und will die Welt retten. Um
jeden Preis möchte sie in die Fußstapfen des attraktiven Nikos
Tamouridis treten, der als Streetworker arbeitet. Da es bei einer
gespaltenen Persönlichkeit gar nicht anders möglich ist, müssen
Isa und Billie an einem Strang ziehen. Sie arrangieren sich recht gut
in ihrem gemeinsamen Körper, und je nachdem, ob eher Zurückhaltung
oder forsches Auftreten gefragt ist, tritt die geeignetere
Persönlichkeit von ihnen in die Öffentlichkeit.
Als sie ein Praktikum in der
Sozialstation „KeinZoff“ erhalten, geben sie ihr Bestes, um etwas
zu bewirken. Sie legen sich mit der Zuhältermafia an, um eine junge
Zwangsprostituierte zu schützen.
Auch ein Mitglied der Gang, die Isabell
überfallen hatte, taucht wieder auf, aber glücklicherweise leidet
er unter einer Amnesie und kann sich nicht mehr an Billie und an das,
was damals genau geschah, erinnern. Als dann auch noch zwei ihrer
Schützlinge in ein fragwürdiges Waisenhaus nach Ungarn verfrachtet
werden, ist Billie misstrauisch. Zusammen mit Isa setzt sie alles
dran, die beiden jungen Mädchen zu befreien. Wie tief sie bereits in
der dubiosen Sache mit den Menschenhändlern steckt und in welche
Gefahr sie sich und Isa damit bringt, ist Billie zuerst gar nicht
bewusst.
Die Geschichte wird in der 1. Person
erzählt, aus Sicht der Progatonistin(nen), wo man sich nie ganz
sicher ist, ob man in der Einzahl oder Mehrzahl von ihr bzw. ihnen
sprechen soll. Mal kommt Isabell zu Wort, dann wird wieder Billies
Sicht der Dinge geschildert. Diese gespaltene Sichtweise der zwei
Seelen in einer Brust verleiht dem Roman einen ganz besonderen Reiz.
Es sind ernste und brisante Themen, die
Ella Theiss hier anspricht,und auch wenn Personen und Handlung frei
erfunden sind, so entbehren sie nicht eines reellen Vorbilds, denn
vieles ist in irgendeiner ähnlichen Weise schon vorgekommen.
„Duo mit Beretta“ ist ein
Darmstadt-Krimi. Zum Lokalkolorit kann ich nichts sagen, denn ich war
noch nie in Darmstadt und weiß auch sonst nur sehr wenig über die
Stadt. Aber wie die Autorin im Nachwort verrät, hat sie viele real
existierende Örtlichkeiten in die Handlung eingebunden, und so denke
ich, dass Leser, die in der Gegend leben oder bereits dort waren, die
Stadt sicher in dieser Geschichte wiedererkennen können.
Im Krimi-Genre nimmt der Roman eine
außergewöhnliche Stellung ein, denn hier ist kein polizeilicher
Ermittler oder Hobby-Detektiv am Werk, sondern eine ganz „normale“
junge Frau, wenn auch mit gespaltener Persönlichkeit, aber immer mit
dem Herz auf dem rechten Fleck. Manchmal kommt man direkt ein wenig
ins Schleudern und muss überlegen, wer denn nun gerade die Oberhand
hat, ist es die gewissenhafte Isa oder die quirlige, manchmal etwas
leichtsinnige Billie. Oft streiten die beiden miteinander, aber immer
öfter, vor allem in den wirklich wichtigen Dingen, sind sie auch
einer Meinung. Ich mochte sie beide! Die Gewissenskonflikte unserer
Heldin sind so locker und leicht, so kurzweilig dargelegt, dass es
ein Vergnügen ist, mit dem außergewöhnlichen Duo zu ermitteln.
Ausgesprochen interessant und amüsant war auch, zu verfolgen, wie
sich Isa und Billie mit den doch recht unterschiedlichen
Vorstellungen ihres Liebeslebens arrangieren.
Auch die anderen
Charaktere im Buch sind durchweg interessant. Bei den Dialogen und
der Darstellung der zwischenmenschlichen Beziehungen hat mir der
trockene, hintergründige und bisweilen auch recht bissige Humor
gefallen.
Alles in allem bietet dieser locker
geschriebene Roman ein großartiges Lesevergnügen, mit
außergewöhnlichen Charakteren, einer interessanten und beängstigend
realitätsnahen Handlung und einem starken Spannungsbogen.
👍👍👍👍👍
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