Stratford-upon-Avon im Jahr 1587: Schon
als Kind ist die Kaufmannstochter Alice Harcourt vom Theater
begeistert, und als ihr der Besuch einer Aufführung erlaubt wird und
sie die Gelegenheit erhält, mit den Schauspielern in Kontakt zu
treten, gerät sie vor Freude völlig aus dem Häuschen.
Einige Jahre später, im Jahr 1592,
fasst die junge Frau den Entschluss, ihrer unglücklichen Ehe mit dem
gewalttätigen Stephen Compton zu entgehen. Nachdem sie lange Zeit
seine brutalen Angriffe erduldet hat, sieht sie keinen anderen
Ausweg. Als Mann verkleidet flieht sie nach London. Dort begegnet sie
dem Dichter Christopher Marlowe. Mit seiner Hilfe gelingt es ihr,
Schauspieler am Rose Theatre zu werden. Sie lebt in ständiger Angst,
von ihrem bösartigen Gatten gefunden zu werden, außerdem befürchtet
sie auch, in ihrer männlichen Verkleidung enttarnt zu werden, denn
das würde das Ende der Auftritte für sie bedeuten, da Frauen damals
die Schauspielerei verboten war. Andererseits ist sie am Theater so
glücklich wie nie zuvor in ihrem Leben, und dann findet sie auch
noch die Liebe ihres Lebens. Aber im Hintergrund lauern ständig die
Schatten ihrer Vergangenheit, denn sie ist immer noch in ihrer Ehe
gefangen.
Dieser historische Roman ist aufgebaut
wie ein Theaterstück in drei Akten. Christiane Lind nimmt ihre Leser
diesmal mit in die faszinierende Welt des Theaters. Wir begleiten
Alice auf der Flucht vor ihrem Ehemann und erleben mit ihr zusammen
die Schönheiten des Lebens in London, aber auch die negativen Seiten
und die Probleme, die sich für die Theaterleute ergeben, werden
nicht außer Acht gelassen. Alice ist ein starker Charakter, und sie
wirkt vom ersten Moment an sehr sympathisch. Es ist fesselnd
beschrieben, wie verbissen sie um ihr Glück kämpft und letztendlich
dem Ziel ihrer Wünsche nahe kommt, immer mit der Gefahr im Nacken,
entdeckt zu werden. Neben der liebenswerten Protagonistin lernt man
noch viele weitere interessante Charaktere kennen. Da ist einmal
Alices Familie, wobei hier die meisten Personen eher Randfiguren
bleiben. Lediglich ihr Bruder John und ihre Amme Milli spielen eine
größere Rolle im Verlauf der Geschichte. Nicht zu vergessen ist
Stephen, Alices unsympathischer und sadistischer Ehemann, der ihr das
Leben zur Hölle macht.
In London kommen dann einige illustre
Charaktere ins Spiel. Besonders hat mir die Einbindung diverser
historischer Persönlichkeiten in die Handlung sehr gefallen. So war
es für mich fesselnd und interessant, über den Dichter und Spion
Christopher Marlowe zu lesen. Um diesen geheimnisvollen Mann ranken
sich diverse Gerüchte und Thesen, die von der Autorin hier in sehr
packender Weise verarbeitet und umgesetzt wurden. Auch der berühmte
William Shakespeare hat eine nicht unerhebliche Gastrolle in der
Geschichte. Die Bücher der Autorin haben ein besonderes
„Markenzeichen“, denn ein Roman von Christiane Lind wäre für
mich undenkbar, wenn nicht wenigstens eine Katze darin vorkommen
würde. Diesem Anspruch trägt die Autorin auch hier Rechnung, denn
Kit Marlowes eigenwilliger Kater Achates erfüllt seine Rolle absolut
brillant.
Ansprechend und sehr gelungen ist auch
das ganze Beiwerk, das den Roman ergänzt. Da gibt es nicht nur ein
ausführliches Personenverzeichnis, in dem fiktive und historische
Personen in chronologischer Reihenfolge aufgeführt sind und man
genau erkennen kann, welche der Charaktere tatsächlich gelebt haben,
auch ein kleiner Stadtplan Londons und eine mutmaßliche
Rekonstruktion des Globe Theaters sind vorhanden. Am Ende des Buches
werden im Glossar diverse Begriffe erklärt. Auch findet man dort
ergänzende Erklärungen zu den historischen Hintergründen des
Romans sowie weiter führende Literaturhinweise.
Alles in allem ist dieser Roman mit dem
ansprechenden Cover sehr gelungen, denn er bietet einen
faszinierenden historischen Hintergrund, markante Charaktere, eine
abenteuerliche Geschichte mit einem guten Spannungsbogen und auch
eine gewisse Portion Romantik, die der Geschichte eine perfekte
Abrundung verleiht, wie ein gutes Gewürz einem schmackhaften
Gericht.
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