London 1932: Nach einer kurzen Affäre
mit einem verheirateten Mann ist die 21-jährige Alice schwanger.
Ihre Mutter ist auf den Ruf der Familie bedacht und arrangiert für
die kommenden Monate einen Aufenthalt auf Fiercombe Manor im
malerischen Gloucestershire. Dort wird Alice die Zeit bis zur Geburt
ihres Kindes verbringen, welches anschließend zur Adoption
freigegeben werden soll.
Bei ihrer Ankunft ist Alice gleich
fasziniert von dem alten Anwesen. Schon bald entdeckt sie Spuren der
früheren Besitzer, und ihre neugierigen Nachforschungen
konfrontieren sie mit dem Schicksal der vormaligen Gutsherrin
Elizabeth. Auf eigenartige Weise fühlt sich Alice mit der
unbekannten Frau verbunden, als sie deren altes Tagebuch findet.
Die Handlung dieses Romans verläuft
parallel in zwei Zeitsträngen. So verfolgt man einmal die Ereignisse
zur Zeit von Alice, die 1932 auf Fiercombe Manor ankommt und einige
Monate dort verbringt. Die Rückblicke führen den Leser ungefähr 34
Jahre in die Vergangenheit, zum Ende des 19. Jahrhunderts, als
Elizabeth mit ihrer Familie dort lebte. Aus deren Tagebucheinträgen
geht hervor, dass auch sie schwanger war, und unwillkürlich zieht
Alice Vergleiche zu damals. Sie möchte gerne mehr über Elizabeth
und ihr Schicksal erfahren.
Die Atmosphäre des alten Hauses wird
recht unheimlich geschildert, und Alice hat so einige Erlebnisse, die
auf mich jedoch irgendwie gestellt wirkten, um dem Anwesen einen
gewissen Gruselfaktor zu verleihen. Es ist nicht recht klar, ob die
Phänomene wirklich passieren oder ob Alice sie sich einbildet bzw.
zu viel in Zufälle hinein interpretiert.
Ansonsten passiert nichts Aufregendes,
und ich muss gestehen, dass sich die erste Hälfte des Romans für
mein Empfinden ziemlich in die Länge zog. Später wird die Handlung
etwas interessanter, und im letzten Drittel des Buches haben mich die
Ereignisse dann doch packen und zumindest streckenweise mitreißen
können.
Das Thema, welches hier im weiteren
Sinn behandelt wird, ist ja eigentlich auch recht interessant. Es
geht hauptsächlich um die Situation der Frauen zur Jahrhundertwende
und zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Gerade diversen besonderen
Befindlichkeiten in der Schwangerschaft und danach wurde damals ein
falsches oder oft auch gar kein Verständnis entgegengebracht. Was
uns heute als Wochenbettdepression bekannt ist und wovon viele Frauen
nach der Geburt betroffen sind, wurde als ein Anfall von Wahnsinn
angesehen, kam damals fast einer Katastrophe gleich und hinterließ
einen Makel, der nicht nur auf dem Ruf der betroffenen Frau lastete,
sondern auch auf dem der ganzen Familie. Die Behandlungsmethoden
waren nicht dazu angetan, es den Betroffenen leichter zu machen oder
ihren Zustand zu bessern.
So richtig nahe bin ich den
Protagonisten aus dem älteren Zeitstrang leider nicht gekommen. Sie
blieben für mich blass und irgendwie seelenlos. Besonders Elizabeths
Mann fand ich sehr irritierend, denn einerseits war er übertrieben
eifersüchtig, dann wieder hatte ich den Eindruck, dass ihm
eigentlich gar nichts an seiner Frau liegt, sondern dass er nur auf
einen männlichen Nachfahren hoffte. Ganz und gar nicht
nachzuvollziehen war für mich der letzte Satz des Klappentextes,
nach dem Alice bei ihrer Spurensuche eine große Liebesgeschichte und
einen schlimmen Verrat entdeckt. Beides habe ich vergeblich gesucht.
Mit der Gesamtbeurteilung dieses Romans
tue ich mir ein wenig schwer, denn die Abschnitte um Elizabeth
konnten mich so gar nicht überzeugen. Hier kommt noch dazu, dass es
viele Zeitsprünge gibt und man oft nicht weiß bzw. erst wieder
überlegen muss, in welcher Reihenfolge sich die Ereignisse
abgespielt haben könnten.
Mit Alice und ihrer Geschichte erging
es mir besser. Sie konnte ich gut verstehen, lässt man so einige
unvernünftige Aktionen außer Acht, die meiner Meinung nach nur
eingeflochten wurden, um die Geschichte mit mehr Spannung zu
versorgen. Die Erzählung in diesem Zeitstrang erfolgte chronologisch
nachvollziehbar, aber auch hier plätscherte die Handlung weitgehend
gleichförmig dahin; es war nicht allzu viel geboten.
Der Schreibstil ist flüssig und
eingängig, so dass sich das Buch eigentlich leicht lesen lässt. Ich
muss jedoch gestehen, dass ich mich durch einen großen Teil des
Buches mehr schlecht als recht hindurch geschleppt habe, weil es kaum
Höhepunkte gab. Die letzten Abschnitte haben mich dann wieder ein
wenig mit dem Roman versöhnt, aber insgesamt hat er mir allenfalls
mittelmäßig gefallen.
Oh schade! Das Buch subbt bei mir noch...
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Martina