Donnerstag, 25. Februar 2016

Liebes Herz - Anja Saskia Beyer


Jahrelang haben sie ihren Urlaub zu viert in der Toskana verbracht, aber nun ist Betsy nicht mehr. Ihr Tod hat eine große Lücke bei den drei verbliebenen Freundinnen hinterlassen. Zurück bleibt auch Emmi, Betsys kleine Tochter. Laura, Susa und Wilma beschließen, noch einmal in die Toskana zu fahren, wo sie sich vor Jahren zum ersten Mal trafen und wo ihre Freundschaft ihren Anfang nahm. Sie versuchen, zu begreifen, was mit Betsy geschehen ist, und sie wollen Emmis Vater finden, denn Betsy hat ein paar Notizen hinterlassen, und die drei Freundinnen hoffen, dadurch auf die Spur des Mannes zu kommen, der ihr damals so weh getan hat.

Dieses Buch habe ich am Ende mit recht gemischten Gefühlen zugeklappt. Es gibt sehr viele stimmungsvolle Szenen, in denen die tolle Atmosphäre der Toskana gut dargestellt wird. Das Agriturismo, wo die Freundinnen ein Apartment mieten, ist wunderschön gelegen, und man bekommt beim Lesen direkt ein wenig Fernweh, so lebendig und verlockend ist der Aufenthalt dort dargestellt. Die drei Frauen und die kleine Emmi erleben so viel Schönes in der Toskana, die wunderbare Landschaft, die Natur, interessante Menschen, und es wird ihnen immer aufs Neue bewusst, dass Betsy dieses Glück nie mehr genießen kann.
Andererseits ist da auch der immer wiederkehrende Kummer über den Verlust der Freundin. Durch das Thema Trauerbewältigung, das häufig zur Sprache kommt, besonders in den Dialogen mit der kleinen Emmi, wirkt der Roman stellenweise recht melancholisch.

Betsys Schwester Laura hat das Sorgerecht für Emmi und muss in ihre Aufgabe hineinwachsen, denn bisher hatte sie so gar keinen Draht zu Kindern. Man erfährt, wie es ihr dabei ergeht und welche Probleme die neue, ungewohnte Situation mit sich bringt. Kleine Eifersüchteleien zwischen den Freundinnen bleiben nicht aus, denn Laura leidet darunter, dass ihre kleine Nichte sich ihr gegenüber oft abweisend gibt und sich eher zu Susa hingezogen fühlt.

Die Begegnungen mit Männern entwickeln sich alle anfangs etwas zwiespältig. Einige Aktionen der Freundinnen wirkten auf mich regelrecht blauäugig, was den Umgang mit Wildfremden angeht, andererseits empfinden die drei Frauen jeden erstbesten Mann, der ihnen in Italien begegnet, sofort als potentiellen Kandidaten für die Vaterschaft an Emmi. Die Spezies Mann wird generell misstrauisch beäugt, und die Art, wie die Freundinnen häufig vorschnell urteilen, fand ich ein wenig unrealistisch. Manche Gedankengänge und die daraus hervorgehenden Ideen wollten in meinen Augen nicht so recht zu den drei Freundinnen passen, denn sie sind keine naiven Teenager mehr, sondern gestandene Frauen mit einer gewissen Lebenserfahrung.

Vom Handlungsverlauf fügt sich für meinen Geschmack dann letztendlich aber alles zu schnell und zu nahtlos. Was mich speziell gestört hat, kann ich nicht näher erläutern, ohne zu viel über die Geschichte zu verraten. Ich möchte den Roman mit einem Puzzle vergleichen, vielleicht mit fünfzig oder gar hundert Teilen. Nehmen wir einmal an, man greift wahllos in die Masse der kleinen Puzzleteile, holt zwei davon heraus, und sie würden sofort nahtlos zueinander passen. Dies wäre schon ein sehr großer Zufall, aber völlig unglaubwürdig wäre für mich, wenn so etwas öfter vorkäme, und wenn die so gefundenen Teilchen-Paare dann auch noch direkt nebeneinander ins Bild passen würden, dann wäre das in meinen Augen völlig utopisch.

Keine Frage, es ist ein kurzweiliger Roman, der sich schnell wegliest und der einen vom Urlaub in Italien träumen lässt. Aber ich konnte die Probleme und ihre schnelle Lösung nicht so ganz nachvollziehen, denn zuerst gibt es jede Menge Turbulenzen, aber am Ende ist mir dann alles ein wenig zu schnell und zu viel „Friede-Freude-Eierkuchen“. Die 180-Grad-Wendungen der Stimmung und Einstellung einiger Protagonisten auf den letzten drei Seiten der Geschichte kamen mir persönlich zu überstürzt.

 mit Tendenz zu  


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