Bei einem Gespräch mit seinem
Großvater Alberto erfährt der 7-jährige Tino, dass sein Apu, wie
er ihn liebevoll nennt, nicht weiß, wann er geboren ist. In seiner
Kindheit hat Alberto sein Gedächtnis verloren. Es war zur Zeit des
Spanischen Bürgerkriegs, und der Junge wuchs im Waisenhaus auf, weil
niemand wusste, wohin er gehört. Tino ist entsetzt, dass sein
Großvater noch nie seinen Geburtstag gefeiert und noch nie Geschenke
bekommen hat. Er beschließt, seinem Apu zu helfen, und gemeinsam
machen sich die beiden auf eine Reise, die sie zu Albertos Wurzeln
führen soll. Anfangs entschließt sich Alberto nur seinem Enkel
zuliebe zu dieser Reise in die eigene Vergangenheit, aber je länger
sie unterwegs sind und bekannte Orte von damals besuchen, umso
stärker wird auch das Bedürfnis des alten Mannes, zu erfahren, wer
er eigentlich wirklich ist und woher er kommt.
Die Rahmengeschichte, die sich in der
Gegenwart abspielt, ist in der dritten Person und im Präteritum
geschrieben. Die dazwischen eingeflochtenen Kapitel aus den Jahren
1931 bis 1937 sind aus der Sicht verschiedener Personen geschildert,
die damals mit dem kleinen Alberto Kontakt hatten. Diese Abschnitte
sind im Präsens und in der 1. Person verfasst.
Der Aufbau des Romans wirkt dadurch
etwas außergewöhnlich, aber der Grund dafür ist verständlich,
denn die Personen schildern die Situation aus ihrer damals
gegenwärtigen Sicht und sind zum Teil in der Handlung in der
Jetzt-Zeit gar nicht mehr am Leben.
Das Verhältnis zwischen Großvater und
Enkel ist sehr schön und feinfühlig dargestellt, und man begleitet
sie gerne auf dieser Reise ins Innere Spaniens und bei ihren
Nachforschungen.
Hier ist man als Leser immer einen
Schritt voraus, was das Wissen um Albertos Schicksal und die diversen
Verbindungen zwischen den Protagonisten angeht. Einiges , was der
Leser im Verlauf der Handlung erfährt, bleibt den Hauptcharakteren
bis zuletzt vorenthalten. Der Schreibstil ist eher einfach, denn es
wird ja häufig die Sicht eines Siebenjährigen dargestellt. Es gibt
viele schöne und stimmungsvolle Momente, die hier geschildert
werden. Man erfährt zwar auch vieles über die Schrecken des damals
herrschenden Bürgerkriegs, aber insgesamt ist die Geschichte doch
eher bedächtig, man könnte fast sagen, harmonisch. In den letzten
Kapiteln geht es jedoch dann plötzlich alles sehr schnell. Nach
einem Zeitsprung, der nur kurz in kleinen Rückblicken abgehandelt
wird, obwohl hier noch einiges an wichtigen Dingen passiert, endet
die Geschichte ziemlich abrupt, was mich dann doch ein wenig
enttäuscht hat. Insgesamt ist der Roman wirklich schön und
lesenswert. Albertos Suche nach seinen Wurzeln und die Rolle seines
Enkels dabei sind weitgehend gut ausgearbeitet, wenn auch manches Mal
dem Zufall etwas stärker nachgeholfen wurde. Darüber konnte ich
hinwegsehen, weil es die Handlung vorwärts gebracht hat, aber dieses
Ruck-Zuck-Ende hat mich irritiert und gestört; ich fand es fast ein
wenig lieblos, besonders Alberto gegenüber. Und so musste ich auf
den letzten Seiten meinen bis dahin sehr guten Eindruck noch einmal
revidieren.
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