Samstag, 28. Februar 2015

Mein Rückblick auf den Februar 2015

 

Der kürzeste Monat des Jahres war wieder mal ratzfatz um. Zwei bis drei Tage weniger Lesezeit, das hat sich auch bei meinem Lesepensum bemerkbar gemacht, aber ich habe immerhin mehr gelesen als im Januar mit seinen 31 Tagen.

Es waren insgesamt 8 Bücher mit 2785 Seiten, also habe ich täglich im Schnitt 99 Seiten gelesen.

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Man sieht schon an den vergebenen Sternen, dass ich in diesem Monat einen Flop hatte, und das war leider das Kinderbuch von Emer Stamp. Rezensionen habe ich, wie immer, hier in der Aufstellung noch einmal verlinkt.

Aber was viel wichtiger ist, es gibt vier Bücher, die ich mit voller Sternzahl bewertet habe, und davon habe ich auch einen Monatsfavoriten gekürt! Es ist …….*Trommelwirbel*………. der historische Roman von Richard Dübell “Zorn des Himmels”, ein wirklich großartiges Buch.

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Und schon sind wir bei meinen Neuzugängen, die trotz des kurzen Monats sehr üppig ausgefallen sind. Sage und schreibe 9 Bücher habe ich gekauft bzw. ertauscht. Ihr seht sie auf den folgenden Fotos in ihrer ganzen Pracht. Es sind alles Bücher, die schon länger auf meinem Wunschzettel stehen. Die Ulm-Trilogie von Silvia Stolzenburg habe ich mir nun gleich komplett bei Weltbild bestellt, wo sie erst kürzlich als Sonderausgabe erschienen und als Gesamtpaket, zum sensationellen Preis von 14,99 € zu haben ist. Da konnte ich einfach nicht widerstehen, und ich finde, auch die Weltbild-Ausgabe sieht wunderschön aus.

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Das ist aber noch lange nicht alles, denn es sind auch einige Rezensionsexemplare eingetrudelt. Die oberen beiden Bücher auf dem ersten Foto waren Überraschungen, mit denen ich nicht gerechnet hatte, aber sie gefallen mir schon optisch sehr gut.

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Lynn Austins “Hüter des Erbes” lese ich im Rahmen einer Leserunde bei Lovelybooks, wo ich das Buch gewonnen habe.
Ich muss mich wirklich ranhalten, denn am liebsten würde ich alle Bücher gleichzeitig lesen, da sie mich alle gleichermaßen ansprechen. Da fällt die Entscheidung immer schwer, wenn es darum geht, das nächste Buch auszuwählen.

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Kommen wir zum unverzichtbaren, treuen Begleiter, der bei keinem Lesestündchen fehlen darf. Wie ihr inzwischen wisst, trinke ich hauptsächlich Tee. Auch im Februar habe ich neue Sorten probiert, die ich euch hier vorstellen möchte.
Ich habe mir von “Tree of Tea” das große Probierset bestellt und, im Rahmen einer Aktion der Douglas-Card, eine Dose “Daily Detox” gratis dazu bekommen. Es ist ein entkoffeinierter Sencha, mit diversen Blüten, Kräutern und natürlichen Aromen genial abgerundet. Eine gute Portion Minze und Kamille sowie ein Hauch fruchtiger Orange und Mandarine machen den Tee  zu einem Genuss. Entgiftend, entspannend und erfrischend, einfach ungeheuer gesund ist der Tee und in seiner Zusammensetzung das ideale Getränk für die Fastenzeit.

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Aus dem Probierpaket habe ich schon verkostet:
”His grey Highness”, das ist eine leckere Komposition aus Darjeeling und feinem Earl Grey. Das Aroma der Bergamotte liebe ich sehr und probiere mich immer wieder gerne durch verschiedene Sorten “Earl Grey”, denn da gibt es mittlerweile viele Geschmacksvarianten.

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Ein weiterer Tee von “Tree of Tea”, ebenfalls aus dem Probierpaket, ist der “Mandarin Spring”, ein sehr frischer, zarter und zugleich vollmundiger Grüntee. Ein Blick in die geöffnete Dose zeigt die fein gerollten Blättchen, die auf eine sorgsame Verarbeitung hinweisen. Ich mag ihn sehr gerne, und er würde sich auch gut für Einsteiger eignen, denn er hat ein eher süßliches Aroma und bittert nicht so leicht nach. Man kann ihn gut drei bis vier mal hintereinander aufgießen.

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Und auch einen neuen Duft habe ich ausprobiert. Seit ich die elektrische Duftlampe benutze, macht es mir viel mehr Spaß, neue Düfte zu testen, denn sie lassen sich hier viel besser dosieren und werden nicht so stark erhitzt, was sich bei der Intensität und auch Qualität bemerkbar macht. Ich finde diesen so entstehenden zarten Duft viel angenehmer.

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So, das war’s schon wieder von mir und meinem Februar. Allen, die bis hierher durchgehalten haben, wünsche ich einen lesereichen, sonnigen und wunderschönen März. Hoffentlich lässt sich der Frühling langsam blicken.

Liebe unter dunklem Stern–Carolyn Lucas

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“Nur ein tragisches Ende lässt Liebesgeschichten unsterblich werden”, so steht es schon auf der hinteren Buchklappe, und dieses Zitat verwirklicht sich in den enthaltenen vier Liebesgeschichten, denn auch wenn sie ganz unterschiedlich sind, so haben sie doch eines gemeinsam, sie schließen nicht mit einem klassischen Happy End, sondern haben ein schicksalhaftes, außergewöhnliches Finale.

In zwei der Geschichten spielen Engel die Hauptrollen. Eine weitere  erzählt vom Schicksal eines Vampirs und seiner Geliebten, und in der vierten geht es um Gargoyles, die gotischen Wasserspeier.
Als Märchen mit gutem Ausgang nimmt die fünfte Geschichte in mehrfacher Hinsicht eine Außenseiterrolle ein.

Schon äußerlich ist das gebundene Büchlein, das auch über ein Lesebändchen verfügt, sehr schön ausgestattet, denn das dunkle Cover hat eine mystische und zugleich romantische Ausstrahlung und passt somit hervorragend zum Inhalt.

Ich mag diese kleinen, geheimnisvollen und wunderschön geschriebenen Geschichten, die sich in einem Rutsch durchlesen lassen. Da man sie in relativ überschaubarer Zeit schafft, eignen sie sich bestens als schöne Lektüre vor dem Einschlafen, denn sie sind faszinierend und geheimnisvoll, dabei aber nicht zu aufregend. Das Büchlein hatte daher in der letzten Zeit seinen Stammplatz auf meinem Nachttisch. Auch wenn ich nun weiß, wie sich die einzelnen Schicksale fügen und die Erzählungen ausgehen, so werde ich sicher noch häufiger in dem schönen Buch blättern und mich gerne immer wieder erneut von der Welt der übernatürlichen Wesen verzaubern lassen.

5sterne

Donnerstag, 26. Februar 2015

Das persische Café - Marsha Mehran


In dem kleinen irischen Dorf Ballinacroagh eröffnen drei Schwestern ein Café, in dem sie Spezialitäten aus ihrer Heimat Persien anbieten. Hier, in der Fremde, hoffen sie, ein neues, sicheres Zuhause zu finden. Anfangs werden die jungen Frauen mit Misstrauen, Fremdenhass und Neid konfrontiert, und es dauert einige Zeit, bis das Café Babylon floriert. Aber wenn ein Hauch exotischer Gewürze durch die Straße zieht, kann dem orientalischen Charme der Schwestern, ihres Cafés und ihrer aromatischen Gerichte auf Dauer kaum jemand widerstehen, und bald gewinnen Marjan, Bahar und Layla nicht nur Stammgäste, sondern auch gute Freunde.
Es könnte alles so harmonisch und schön sein, wären da nicht ein paar Nachbarn, die den „Ausländern“ das Leben schwer machen und sie mit äußerst bösen Schimpfworten bedenken. Auch lastet auf aller Freude über das, was sich die Aminpour-Schwestern geschaffen haben, immer ein dunkler Schatten der Erinnerungen, die sie an die letzte Zeit in Persien und an die Flucht aus ihrer Heimat haben. Die Geschichte spielt Mitte der Achtziger Jahre, und die drei jungen Frauen haben im Land ihrer Kindheit den politischen Umsturz und die einschneidenden Folgen davon sehr drastisch am eigenen Leib erlebt. Besonders Bahar leidet zusätzlich unter den Nachwirkungen ihrer schrecklichen Ehe mit einem gewalttätigen Mann.
Es ist für die Schwestern nicht leicht, nach allem, was sie erlebt haben, einen Neuanfang zu wagen, in einem Kulturkreis, der so ganz anders ist als die Lebensart und die Sitten ihres Heimatlandes, aber mit Mut und Tatkraft packen sie es an.
Trotz der genannten negativen Einflüsse und Anfeindungen, denen die Geschwister ausgesetzt sind, ist die Grundhaltung des Romans weitgehend optimistisch.
Mich hat die Stärke und der Zusammenhalt der drei Schwestern beeindruckt, denn auch wenn sie kleine Meinungsverschiedenheiten haben, halten sie doch zusammen. Der Autorin ist es fabelhaft gelungen, die Ausstrahlung der jungen Frauen und das zauberhafte Ambiente des Cafés in den schönsten Farben zu schildern. Wenn Marjan eine ihrer würzigen Spezialitäten zubereitet, meint man fast, das Aroma riechen zu können. Zwischen den Kapiteln sind regelmäßig Rezepte eingefügt, so dass man sich selbst an der persischen Küche versuchen kann.
Für mich kam schon das bezaubernd schöne Cover einer Einladung gleich, denn es wirkt ein wenig geheimnisvoll und exotisch und passt für mein Empfinden sehr gut zur Handlung. Leider wurde das Bild auf dem Einband bei einer neueren Auflage inzwischen geändert.
Es gibt eine Fortsetzung zum Roman, in dem man das Schicksal von Marjan, Bahar und Layla weiter verfolgen kann. Das zweite Buch liegt schon bereit, um wieder einzutauchen, in eine Welt der Kontraste und der Verschmelzung von irischer mit der persischen Lebensart.



Dienstag, 24. Februar 2015

In einem weiten Land - Johanna Nicholls


Sydney Town, New South Wales, 1827: Einer Verleumdung wegen musste die junge Fanny Byron ihre Heimat London verlassen. Nach einer langen Seereise hofft sie auf einen Neuanfang in der Sträflingskolonie. Das wenige Geld, das sie hat, wird ihr bald nach ihrer Ankunft gestohlen, so dass sie völlig mittellos in dem fremden Land steht. In ihrer Not geht sie auf das zweifelhafte Angebot von Montague Severin ein, der ihr und ihrer kleinen Stiefschwester ein Zuhause verspricht, wenn Fanny für ihn arbeitet. Sie soll in seinem Spielclub dafür sorgen, dass die dort verkehrenden reichen Männer möglichst viel Geld im Glücksspiel einsetzen. Er bezeichnet Fanny als seine Muse und stellt immer höhere Ansprüche an sie, als er merkt, dass ihr die Männerwelt zu Füßen liegt. Unter dem Künstlernamen Vianna Francis steigt sie zur „Venus von Sydney“ auf, aber sie zahlt dafür einen hohen Preis. Severin verlangt immer mehr von ihr und hat immer ausgefallenere Wünsche. Zudem hat er ihr Daisy weggenommen, und Vianna weiß nicht, wo ihre Stiefschwester ist. Vianna genießt einerseits das luxuriöse Leben, aber sie kommt sich auch wie Severins Gefangene vor. Unter ihrer rasch wachsenden Verehrerschar befinden sich zwei junge Männer, die sich auf den ersten Blick in die schöne Frau verliebt haben. Es gelingt den beiden, Vianna aus ihrem „goldenen Käfig“ zu befreien, aber die Folge sind immer neue Feindseligkeiten und Kämpfe zwischen den Halbbrüdern.

Das Leben in diesem Teil Australiens zu Beginn des 19. Jahrhunderts ist sehr anschaulich und lebendig geschildert. Gerade die landestypischen Details und Eigenheiten kommen gut zur Geltung. Im Grunde genommen geht es im Roman zum einen um Fannys (Viannas) Schicksal, aber zugleich ist es eine Familiengeschichte, die hier erzählt wird, denn Felix und Mungo, die beiden Söhne des reichen Kentigern L'Estrange spielen beide eine tragende Rolle in ihrer Rivalität um Vianna, ihre gemeinsame große Liebe. Felix hat hier anscheinend die besseren Karten, denn er besitzt Geld, während sein Halbbruder Mungo, als Kentigerns Bastard, weder Besitz noch einen guten Namen vorweisen kann. Seinen Ruf hat er ein paar Jahre zuvor verloren, als er wegen eines unlauteren Geschäfts eine Haftstrafe in der Sträflingssiedlung Moreton Bay, unter dem brutalen Regiment von Captain Patrick Logan, verbüßen musste. Die unmenschliche Haft hat Spuren an seinem Körper und seiner Seele hinterlassen, und er wird von schweren Albträumen gequält.

Die Dreiecksbeziehung zwischen den Brüdern und Vianna nimmt für meinen Geschmack einen fast zu großen Raum im Roman ein. Das ist ein ständiges Hin und Her und könnte durchaus etwas kürzer erzählt werden. War die Geschichte anfangs noch sehr interessant, so zog es sich doch im Mittelteil gewaltig in die Länge. Auch blieben die meisten Charaktere ein wenig flach und blass. So richtig konnte ich mich mit kaum einem der Protagonisten anfreunden. Severin ist ein richtiger Unsympath, der nur auf seinen Nutzen sieht und dafür über Leichen geht. Obwohl Vianna mit der Zeit seinen miesen Charakter erkennt, trifft sie im Lauf der Handlung Entscheidungen, die ich nicht nachvollziehen konnte. Sie machte auf mich einen etwas oberflächlichen Eindruck, denn Luxus und Reichtum scheinen ihr wichtiger zu sein als große Gefühle, und sie gibt sich gerne kapriziös. Felix kam mir oft vor wie ein verwöhnter kleiner Junge, der alles vom Leben beansprucht, aber eigentlich nicht weiß, was er wirklich will. Kentigern und seine Frau spielen zwar durchgehend eine Rolle, die auch wichtig ist, und doch blieben sie mir fremd. Eigentlich waren es drei Personen, die mir die Geschichte dann bis zuletzt schmackhaft gemacht haben. Da ist einmal Dr. Alexander Gordon, den Mungo in Moreton Bay kennenlernt und der ihm ein guter Freund wird. Auch Jane Quayle, Mungos Mutter, war mir sehr sympathisch, eine tatkräftige Frau mit Herz und Verstand, und nicht zuletzt Mungo. Er ist für mich die stärkste Figur in der Geschichte, ein vielschichtiger, natürlicher und interessanter Charakter, mit Stärken aber auch mit Schwächen. Sein Schicksal, seine Entwicklung und seine Pläne haben mir das Buch bis zum Schluss lesenswert gemacht. Aus seiner Sicht erfährt man von den Zuständen im Gefangenenlager, unter Logan, der ja eine der realen historischen Personen im Buch ist. Aber durch Mungos Augen entdeckt man auch die Schönheiten der Landschaft und der Natur Australiens. Ihm ist es auch zu verdanken, dass ich bis zuletzt durchgehalten und dem Roman letztendlich doch noch vier Sterne gegeben habe.



Sonntag, 22. Februar 2015

Das unwahrscheinlich geheime Tagebuch vom kleinen Schwein - Emer Stamp



Das kleine Schwein lebt glücklich auf einem Bauernhof. Neben ihm gibt es da auch noch eine ganze Schar gemeiner Hühner, eine Kuh und nicht zuletzt Ente, Schweins besten Freund. Vom Bauern und seiner Frau fühlt das kleine Schwein sich sehr geliebt, denn die beiden haben immer ganz viel leckeres Futter dabei, wenn sie es besuchen. Auch krault der Bauer ihm immer so schön den Rücken, und das kleine Schwein glaubt, sein ganz besonderer Liebling zu sein. Aber Ente ist skeptisch und befürchtet, dass der Bauer es nicht gut mit dem kleinen Schwein meint, sondern es schlachten will, wenn es genügend Speck angesetzt hat.

Mein erster Eindruck nach dem Lesen der Kurzbeschreibung war positiv, auch die einfachen Illustrationen fand ich passend, da Schwein sie ja anscheinend selbst in sein Tagebuch gemalt hat. Davon zeugen auch die unterschiedlichen Schriftarten und -größen, die im Text verwendet wurden und die den Anschein eines handgeschriebenen Tagebuchs verstärken, ebenso wie die vielfach eingefügten „Schmutzabdrücke“. Auch kann es nicht schaden, schon Kinder dazu zu animieren, sich auch einmal in die Situation der Tiere zu versetzen, deren Einzelteile meist gedankenlos verarbeitet, serviert und verzehrt werden, damit nicht der Eindruck entsteht, dass Schweinebraten oder Würste im Supermarkt wachsen, sonder dass dafür ein Tier geschlachtet werden muss.

So weit, so gut, aber als ich anfing, das Buch zu lesen, bekam ich schon nach wenigen Seiten Zweifel, ob diese Geschichte der Zielgruppe gerecht werden könnte. Der Schreibstil ist sehr einfach, wie man das von einem kleinen Schwein auch gar nicht anders erwarten würde, aber er ist auch grammatikalisch ziemlich daneben. Ich weiß nicht, ob dies so extrem im Sinn der Autorin war, oder ob es an der Übersetzung liegt, aber wenn ich bedenke, dass sich das Buch hauptsächlich an Grundschüler der Altersgruppe 8 – 10 wendet, habe ich starke Zweifel, ob diese Geschichte hierfür geeignet ist. Wortspielereien wie beispielsweise „Trakete“, was für eine Rakete steht, die aus einem Traktor gebaut wurde, finde ich ja noch ganz amüsant. Mag es auch noch angehen, dass die Rechtschreibung der Gartenzwerge nicht korrekt ist, sondern das Wort hier mehrfach geschrieben wird wie gesprochen, nämlich „gatenswerge“, aber immer wieder bin ich über Redewendungen folgender Art gestolpert: „Ente, der wo mein Freund ist...“ oder „mein bestester Freund...“ und ähnliche.
Wenn man bedenkt, dass es nicht gerade wenige Grundschulkinder gibt, die noch massive Probleme mit der deutschen Sprache und ihren (Grund)Regeln haben, so finde ich es problematisch, ihnen einen derartigen Text vorzusetzen, denn ich befürchte, der würde dazu beitragen, Fehler noch zu verstärken oder sogar erst entstehen zu lassen. Klar, man kann argumentieren, ein kleines Schwein weiß es halt nicht besser, und es soll eben gerade durch diese Schreibweise möglichst identisch wirken, aber der gleiche Effekt würde sich auch mit einem einfachen aber grammatikalisch richtigen Text erzielen lassen. Auch gibt es in der Geschichte eine sehr unrealistische Kluft zwischen dem kleinen Tagebuchschreiber und den Hühnern, die allesamt überdurchschnittlich intelligent sind und aus diesem Grund auf das dumme kleine Schwein herabsehen, das immer zu viel frisst und als Ergebnis jede Menge heiße Luft von sich gibt. Die Handlung entwickelt sich zunehmend skurril und bedient sich vieler Klischees, beispielsweise das vom langhaarigen, vegetarischen Bauern, der natürlich auch keine Stiefel, sondern Sandalen trägt.
Wenn ich versuche, mich in Kinder hinein zu versetzen, die dieses Buch lesen, gibt es meines Erachtens zwei Möglichkeiten:
  1. Wenn Kinder so weit sind, zu erkennen, dass diese Geschichte vor Grammatikfehlern und Schreibfehlern nur so wimmelt, werden sie mit der Handlung unterfordert sein, denn die ist recht simpel gestrickt und teilweise an den Haaren herbeigezogen.
  2. Erkennen Kinder die sprachlichen Fehler (noch) nicht, besteht zu befürchten, dass sie die falschen Redewendungen und Schreibweisen übernehmen und verinnerlichen, was ja ganz sicher nicht Sinn der Sache sein kann.


Donnerstag, 19. Februar 2015

Zorn des Himmels - Richard Dübell


„Zorn des Himmels“ schildert eine Naturkatastrophe ungeheuren Ausmaßes, die Deutschland im Jahr 1342 heimsuchte und große Verwüstungen und Zerstörungen hinterließ. Es geht um die Madgalenenflut, die mir erstaunlicherweise bis dato noch kein Begriff war. Obwohl zu dieser Zeit alle großen deutschen Flüsse über die Ufer traten und die Spuren bis heute sichtbar sind, liest man nur sehr wenig über diese gigantische Flut, die sich seither nicht in diesem Umfang wiederholte.
Hauptsächlicher Schauplatz des Romans ist Franchenfurt-Sassenhusen, denn da wütete die Flut, der viele Menschenleben zum Opfer fielen, sehr extrem und riss ganze Gebäude und Teile der Brücke mit sich.
Der Roman beginnt in Hasefurthe, dem heutigen Hassfurt, denn in den Gebieten südöstlich von Franchenfurt tobte das Unwetter bereits einige Tage früher.
Die Fährmannstochter Philippa, die den Main zwischen Franchenfurt und Sassenhusen kennt wie ihre Westentasche und auf dem Fluss zuhause ist, hat plötzlich ein ungutes, unheimliches Gefühl. Sie ahnt, dass sich etwas verändert hat. Nicht nur die Strömung ist ungewohnt, auch führt das Wasser unheimliches Treibgut mit sich, das auf Verwüstungen andernorts hindeutet.
Am Ufer des Mains lernt Philippa einen Mann kennen, der seltsam verloren wirkt. Er kann sich nicht an seine Vergangenheit erinnern. Die junge Frau setzt sich über alle Konventionen hinweg und kümmert sich um den Fremden, der sich Matthias nennt, da er seinen richtigen Namen nicht weiß. In langen, vertraulichen Gesprächen auf dem Mühlberg kommen sie sich näher. Philippa glaubt, in Matthias einen Seelenverwandten gefunden zu haben, aber dann erfährt sie einiges, was sie an ihm zweifeln lässt, denn angeblich soll er ein Attentat auf den in der Stadt weilenden Kaiser Ludwig geplant haben. Sie muss sich entscheiden, wem sie ihr Vertrauen schenken kann. Währenddessen bricht eine Katastrophe über die Stadt herein, denn das Unwetter schickt schreckliche Vorboten.

Eindringlich, bildhaft und wortgewaltig, aber immer mit einem Quäntchen Humor, schildert der Autor die prekäre Lage. Er lässt den Leser dieses gewaltige Unwetter sehr intensiv nachempfinden. Man fühlt mit den Menschen, die so gar nicht wissen, wie ihnen geschieht.
Umweltkatastrophen diesen Ausmaßes schreibt man eigentlich eher unserer Zeit zu, aber dem ist nicht so, denn auch in früheren Jahrhunderten musste die Bevölkerung mit derartigen Heimsuchungen fertig werden. Und auch damals war die Ursache zum großen Teil bei den Menschen selbst zu suchen und auf massiven Raubbau an der Landschaft und Natur zurückzuführen.

Philippa, die Heldin des Romans, ist eine für die damalige Zeit sehr fortschrittliche junge Frau, die weiß was sie will. Wenn es ihrem Empfinden widerstrebt, setzt sie sich schon mal über gesellschaftliche Regeln hinweg und entscheidet aus dem Bauch heraus, was für sie selbst richtig ist. Alle anderen Charaktere, die im Roman in Erscheinung treten, sind ebenso ausführlich dargestellt, dass man sich ein lebendiges Bild von ihnen machen kann.
Neben den erdachten Protagonisten treten auch einige historische Persönlichkeiten auf den Plan, in erster Linie Kaiser Ludwig, der in Franchenfurt weilt und dessen Leben bedroht ist. Der Kirchenbann, der ihm auferlegt ist und die Gefahr, die von Karl von Luxemburg, seinem Kontrahenten um den Thron, ausgeht, sind neben der großen Katastrophe ein wichtiges Thema.
Fiktion und historische Wirklichkeit gehen hier eine eindrucksvolle Verbindung ein und machen den Roman zu einem fesselnden, spannungsgeladenen Drama.

Das Cover zeigt einen Teil der Brücke, die Franchenfurt mit Sassenhusen verbindet, und man kann auf dem Bild schon die entfesselten Naturgewalten sehen. Das Vorsatzpapier ist mit einer Luftansicht der gesamten Brücke und der näheren Umgebung geschmückt, und auch wenn man noch nie vor Ort war, kann man sich die Ausmaße des Mains und der geschilderten Zerstörung sehr gut vorstellen.
Ein Nachwort des Autors, mit Erläuterungen zur Entstehung des Romans und zur Recherche, komplettiert das Buch, zusammen mit einer Auflistung der genannten Orte und einer Personenübersicht gleich am Anfang. Wie bereits von anderen Romanen Richard Dübells gewohnt, findet man in der Personenliste eine kurze, humorvolle und sehr treffende Beschreibung zu jeder Person. Nur bei Kaiser Ludwig ist hier anscheinend ein kleiner Druckfehler passiert, denn hier ist er als Ludwig I. erfasst. Meines Erachtens handelt es sich aber um Ludwig IV., der den Beinamen „der Bayer“ führte.



Vielen Dank für die Überlassung des Rezensionsexemplars an

Das Buch kann u.a. hier bestellt werden: 


Sonntag, 15. Februar 2015

Racheengel küsst man nicht - Rose Snow


Betrüger müssen sich warm anziehen, denn die schöne Rachel betreibt erfolgreich ihre Racheagentur. Zusammen mit ihren Mitarbeitern kommt sie Fremdgehern und Halsabschneidern auf die Schliche und verhilft den Opfern zu ihrem Recht. Leider scheint es in ihrer eigenen Agentur ein Sicherheitsloch zu geben, denn plötzlich wendet sich das Blatt, und Rachel selbst wird zum Opfer einer ganzen Serie von fiesen Manipulationen. Schnell muss sie erkennen, dass die Machenschaften anscheinend von einem ihrer eigenen Mitarbeiter arrangiert wurden. Um ihre Agentur zu retten reist Rachel quer durch Deutschland, um betroffene Klienten aufzusuchen.
Bei der Durchführung gibt es so manche Schwierigkeit, so dass Rachel letztendlich auf einen Kontrahenten angewiesen ist, was ihr ganz und gar nicht behagt. Unterwegs muss sie nicht nur einmal erkennen, wie sehr man sich in einem Menschen täuschen kann...

Dies ist der zweite Roman des sympathischen Autorinnen-Duos „Rose Snow“. Obwohl sie locker zusammenhängen, kann auch jede Geschichte für sich alleine gelesen werden, aber genau da hatte ich vermutlich meine Einstiegsprobleme. Ich muss gestehen,dass ich einige Zeit gebraucht habe, mich einzulesen und mit den Protagonisten „warm“ zu werden, denn ich habe den ersten Teil noch nicht gelesen. Gerade Rachel lässt sich nicht so leicht in die Karten schauen und in ihre Gefühle schon gleich gar nicht. Auch Gérard führt sich nicht gerade sympathisch bei den Lesern ein, was sicher auch an Rachels persönlicher Einschätzung ihm gegenüber liegt. Aber dafür gehen wir mit den beiden auf große Fahrt, die uns quer durch die Republik führt. Unterwegs müssen sie nicht nur Rachels Kunden der Rache-Agentur betreuen und vertrösten, sondern sie erleben auch noch so einige Pannen, mit dem Auto und auch im zwischenmenschlichen Bereich. So nach und nach wird man dann auch näher mit den einzelnen Personen vertraut, um die es geht, wobei man sein gefasstes Urteil bei manchem zwischendurch revidieren muss. Der flotte Schreibstil ist kurzweilig und lässt auch häufig Humor durchblitzen, der den Roman so erfrischend macht und ihm seine Leichtigkeit gibt. Mit der Zeit lernt man die einzelnen Personen auch besser kennen und kann ihre Handlungen und Beweggründe verstehen, aber man sollte sich seiner Meinung nie zu sicher sein, denn bis zuletzt muss man mit überraschenden Wendungen rechnen. Rachel gewinnt ganz neue Erkenntnisse im Bezug auf die Einschätzung ihrer Mitmenschen, und so ganz nebenbei nutzt sie eine Zwangspause während der Reise, um Missverständnisse auszuräumen und ein paar Menschen glücklich zurück zu lassen. Alles in allem legen die beiden Autorinnen hier einen temporeichen und vergnüglichen Roman vor, der nicht nur spannend ist, sondern so ganz nebenbei auch ein wenig für romantisches Herzflattern sorgt.



Montag, 9. Februar 2015

Mitternachtsspitzen–Susan Elizabeth Phillips

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Kurzbeschreibung:
Das Leben ist voller Überraschungen: Wutentbrannt reist die junge Kit Weston nach New York. Ihr Ziel: Der neue Besitzer ihrer Plantage muss weg! Doch Baron Cain durchschaut schnell, dass sein neuer Stallbursche in Wahrheit eine Lady mit teuflischem Temperament und viel Courage ist. Kurzerhand verfrachtet er die junge Dame in ein vornehmes Pensionat. Drei Jahre später begegnen sich Kit und Cain erneut. Sofort fliegen die Funken zwischen ihnen von neuem. Doch diesmal ist es nicht der Zorn, der ihre Herzen entflammt, sondern die Liebe. Das aber würden sich die beiden hitzigen Dickköpfe niemals eingestehen …

Der erste Roman von Bestsellerautorin Susan Elizabeth Phillips:
Eine historische Liebesgeschichte, unvergleichlich frech, sexy und romantisch – in deutscher Erstveröffentlichung.

Mein Eindruck:
Dieser Roman lag sehr lange auf meinem SuB, denn ich habe mich  mal wieder vom Cover leiten lassen und etwas völlig anderes dahinter vermutet. Auf den ersten Blick sieht das Buch für mich gar nicht so aus wie ein historischer Liebesroman, sondern man könnte eher meinen, es ist ein Buch aus dem Chick-Lit Genre. Das Foto wirkt viel zu modern, und bereits nach wenigen Seiten war mir klar, dass das Cover zur Geschichte ganz und gar nicht passt, denn die Protagonistin von “Mitternachtsspitzen” hat schwarze Locken! Was soll dann das blonde Mädchen auf dem Cover? Also war das wieder einmal ein Buch, das ich schnell in eine Hülle gesteckt habe Zwinkerndes Smiley

So ganz klar geht aus dem Text nicht hervor, wann die Handlung spielt. Auf jeden Fall müsste es gegen Ende des 19. Jahrhunderts sein, denn der Sezessionskrieg ist vorbei. Kit Westons Eltern sind beide tot und die Baumwollplantage der Familie verloren. Nun ist die junge Frau in New York unterwegs, um den neuen Besitzer aus dem Weg zu räumen, denn wenn auch mittlerweile sehr heruntergekommen und durch die Kriegsjahre sogar teilweise zerstört, ist “Risen Glory” doch Kits ganzer Lebensinhalt. Aber sie hat die Rechnung ohne den neuen Besitzer gemacht, denn Baron Cain entdeckt sehr schnell, dass der vorwitzige, verdreckte Junge, der sich als Pferdebursche bei ihm verdingen möchte, eigentlich ein Mädchen ist. Nach einer temperamentvollen Auseinandersetzung meldet Baron die junge Waise in einem Mädchenpensionat an, wo sie die Tugenden einer Lady erlernen soll. Sich zu fügen ist ihre einzige Chance, eines Tages wieder in den Besitz von Risen Glory zu kommen.

Drei Jahre später, nach Beendigung ihrer Schulzeit, reist Kit kurz entschlossen in ihre alte Heimat, und es gibt ein Wiedersehen mit Baron, das jedoch ganz anders verläuft, als es sich die junge Frau vorgestellt hat. Baron ist fasziniert, wie sich Kit verändert hat, will das aber nicht zugeben, und auch Kits Sichtweise auf den attraktiven Mann hat sich gewandelt. Es entsteht eine Art Hassliebe zwischen ihnen, bei der auch öfter mal die Fetzen fliegen.

Besonders der Anfang der Story war sehr vielversprechend, als Kit in einem sehr abgerissenen Zustand bei Baron auftaucht und von allen für einen Jungen gehalten wird. Bei ihr ist es jedoch keine Verkleidungstaktik, sondern sie kennt nichts anderes, denn sie wuchs ziemlich wild auf der Plantage auf, ohne Schutz und Anleitung der Eltern.
Besonders die Dialoge zwischen Kit und Baron sind äußerst erheiternd, denn Kit hat ein loses Mundwerk, das wirklich jedem Gassenjungen zur Ehre gereicht. Nach und nach erfährt man, dass sowohl Kit als auch Baron “gebrannte Kinder” sind, denn sie haben beide in der Vergangenheit so einiges erlebt, was sie zu dem gemacht hat, was sie sind. Beide haben in ihrer Kindheit keine Liebe und Geborgenheit erfahren, was sich in ihrem Verhalten niederschlägt, denn jeder hat auf seine Art einen Schutzwall um sich errichtet, der nicht so leicht zu knacken ist.
Gut hat mir das Umfeld der Handlung gefallen, denn man erfährt so einiges über den Baumwollanbau und die dabei auftauchenden Probleme. Auch wenn keine Jahreszahlen genannt werden, so lasten doch immer noch die Schatten des vergangenen Krieges auf dem Land, der das Leben der Menschen, besonders in den Südstaaten, sehr verändert hat. Der Konflikt zwischen Südstaatlern und Yankees schwelt weiterhin, was deutlich spürbar ist, denn vieles im Süden ist zerstört und die Menschen, ehemalige Plantagenbesitzer, leben nun in eher bescheidenen Verhältnissen. In diesem Umfeld ist das Verhältnis, das sich zwischen Kit und Baron anbahnt, eher außergewöhnlich, denn Baron ist ein Yankee und damit ein Eindringling, der im Süden nicht gerade herzlich aufgenommen wird. Eigentlich könnte diese Verbindung, würde sie denn gut gehen, ein Zeichen der Versöhnung setzen. Aber für eine harmonische Partnerschaft sind die Protagonisten zu impulsiv, wobei es einige Handlungen auf beiden Seiten gab, die mir dann doch ziemlich übertrieben und an den Haaren herbeigezogen erschienen. Ab und zu hatte ich den Eindruck, dass sich die Autorin ein klassisches Liebespaar der Literatur als Vorbild für ihre Protagonisten genommen hat, denn einige theatralischen Szenen haben mich an Scarlett und Rhett erinnert, Margaret Mitchells Helden aus “Vom Winde verweht”. Nur erreicht “Mitternachtsspitzen” lange nicht die Intensität und Komplexität dieses Klassikers, weder vom Sprachstil her noch bei der Handlung.
Der Roman ist leichte Kost, besonders geeignet für Zeiten,  wenn man einfach einmal abschalten und sich berieseln lassen möchte. Er ist temporeich, hat keine Längen und bietet amüsante und unterhaltsame Lesestunden.

3sterne

Mittwoch, 4. Februar 2015

Himmel über fremdem Land - Elisabeth Büchle


Meindorff-Saga Band 1


Klappentext bzw. Kurzbeschreibung des Verlags:
Am Vorabend des Ersten Weltkrieges geht die Niederländerin Tilla van Campen eine arrangierte Ehe mit einem Berliner Industriellen ein. Ihre 13-jährige Schwester Demy begleitet sie nur widerwillig in die Großstadt. Für das lebhafte Mädchen ist der steife Lebensstil der Familie Meindorff und die strenge Erziehung durch eine Gouvernante die reinste Folter. 

Die Kluft zwischen Arm und Reich und die Standesdünkel vertragen sich nicht mit Demys ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn, und immer wieder eckt sie an. Nur Hannes, der sympathische jüngste Sohn des Hauses, scheint ihr wohlgesonnen. Doch dann beginnt sich die politische Lage in Berlin zuzuspitzen ...

Der erste Band einer großen Familiensaga, die die Leser in vergangene Zeiten und an spannende Schauplätze wie Berlin, St. Petersburg und Deutsch-Südwestafrika entführt.

Mein Eindruck:
Dieses Buch fällt schon gleich durch die wunderschöne Umschlaggestaltung positiv auf, die mir bei Büchern von Gerth Medien allgemein meist sehr gut gefällt. Zwei im Buch befindliche Personenregister (vorne die fiktiven Charaktere, im Anhang eine Aufstellung der beteiligten realen historischen Personen) sind sehr hilfreich, denn so kann man gerade anfangs immer wieder nachschlagen, wenn man sich bei den Zusammenhängen noch nicht so ganz sicher ist.

Die Geschichte beginnt im März 1908. Die Redewendung im Klappentext „Am Vorabend des ersten Weltkrieges“ steht in diesem Fall nicht für einen einzelnen Abend, sondern soll allgemein verdeutlichen, dass hier von dem längeren Zeitraum vor Beginn des ersten Weltkriegs die Rede ist.
Die Holländerin Demy van Campen begleitet ihre Schwester nach Berlin, wo sie, nach Tillas Vermählung mit Joseph Meindorff jr., als Gesellschafterin bei der Familie leben soll. Angekommen in dem herrschaftlichen Haus der Meindorffs fühlt sich die Dreizehnjährige jedoch völlig fehl am Platz. Noch dazu hat ihre Schwester bei der vorhergehenden Vereinbarung geschummelt und Demy als drei Jahre älter vorgestellt.
Von einem auf den anderen Tag wird von dem Mädchen nun erwartet, sich wie eine Erwachsene zu benehmen. Das fällt ihr schwer, und besonders bei Rittmeister Meindorff, dem Familienpatriarchen, stößt sie immer wieder auf Unwillen und Ärger, in allem was sie tut. Als sie eines Tages Lieselotte Scheffler aus dem Scheunenviertel kennenlernt, wird sie mit einem völlig anderen Leben konfrontiert. Die junge Frau und ihre Familie leben dort in ärmlichsten Verhältnissen. Demy muss erfahren, wie viel Elend es in Berlin gibt. Sie beweist Courage und versucht zu helfen, wo andere wegsehen, und sie bleibt sie selbst, daran kann auch der strenge Unterricht durch eine Gouvernante nichts ändern. Sie ist und bleibt eine vorwitzige und sehr liebenswerte junge Frau mit einem mitfühlenden Herzen.

Lesend überwindet man große Entfernungen, denn die Protagonisten sind über die halbe Welt verstreut. Da gibt es einen Erzählstrang über Anki, Tillas und Demys Schwester, die eine Anstellung als Kindermädchen in St. Petersburg hat.
Eine weitere Gedankenreise führt den Leser nach Deutsch-Südwestafrika, denn dort ist Philippe stationiert, das „Schwarze Schaf der Familie“, wie er sich selbst gerne bezeichnet. Er trägt sich mit Heiratsplänen, denn seine große Liebe Udako wartet dort auf ihn.
Aber der größte Teil der Handlung spielt in Berlin. Dort geht es hauptsächlich um Demy und die freundschaftlichen Kontakte, die sie in der Stadt knüpft. Ein weiterer Hauptstrang der Handlung schildert Hannes' Kampf gegen die Bevormundung seines Vaters, denn der junge Meindorff hat sich in eine Arbeiterin verliebt. Als der Rittmeister dies erfährt, reagiert er sehr schnell, indem er eine Verlobung arrangiert, die seiner Meinung nach gleich mehrere Probleme lösen soll.

Egal wohin man sieht, überall stehen die Zeichen auf Sturm. Das einfache Volk rebelliert gegen die Bevormundung und Ausbeutung durch einige wenige Reiche. Ein weiteres wichtiges Thema dieser Zeit ist die Frauenbewegung. Demys Freundin Lieselotte, die in ihrem bisherigen Leben schon viel Unrecht und Demütigung erfahren hat, insbesondere durch den eigenen Vater, möchte ihr Leben selbst gestalten und nimmt Kontakt zu den Aktivistinnen Minna Cauer und Hedwig Dohm auf. Im Verlauf der Handlung trifft man immer wieder auf reale Persönlichkeiten der damaligen Zeit, sei es der Industrielle Walther Rathenau, der im Haus der Meindorffs zu Gast weilt, sei es Rasputin in Russland oder Ludwig von Estdorff, Kommandeur der deutschen Schutztruppe in Deutsch-Südwestafrika, um nur ein paar wenige Namen zu nennen.

Die Handlung und die fiktiven Personen sind in die politischen und historischen Gegebenheiten der Zeit perfekt eingepasst, wie fehlende Puzzleteile, die zu diesem vielschichtigen, tiefgründigen Gesamtbild gehören und es vervollständigen. Und stets ist der christliche Glaube präsent, der den Protagonisten den richtigen Weg weist oder Trost spenden kann. Selbst Philippe darf hier erfahren, das ein guter Hirte sich auch um seine schwarzen Schafe sorgt.

Das Ende dieses ersten Bands der Meindorff-Familiensaga hat starke Erwartungen in mir geweckt. Es gibt noch viel zu erzählen, es bleiben einige Handlungsstränge offen, und doch hat dieser Teil einen sehr schönen und passenden Schluss mit einem Liedvers von Thea Eichholz.
Aber ich möchte erfahren, wie es den kleinen und großen Helden der Familiensaga weiterhin ergeht. Nur gut, dass ich diesen Anfangsband jetzt erst gelesen habe, denn inzwischen sind beide Fortsetzungen der Trilogie bereits erschienen, so dass ich sie mir in absehbarer Zeit besorgen kann. Ich bin schon sehr gespannt darauf.