Der Garten über dem Meer Jane Corry Blanvalet Verlag 608 Seiten ISBN 3764504935 |
„Alle Dinge kehren an den Anfang
zurück...“
Der Roman beginnt im Jahr 1866, in
Devon. Man lernt Mary Rose Marchmont kennen. Als ihre Mutter im
Sterben liegt, vertraut sie dem Mädchen einen Rubinring an. Mary
Rose soll ihn bewahren, denn wenn er in die falschen Hände gerät,
bringt dies der Familie Unglück. Nach dem Tod der Mutter lebt Mary
Rose eine Zeitlang allein mit ihrem Vater in dem Haus auf den
Klippen, umgeben von einem wunderschönen Garten. Aber dann zieht
eine neue Gouvernante für Mary Rose ein, und alles verändert sich.
Ein zweiter Erzählstrang spielt in der
Gegenwart. Die junge Malerin Laura Marchmont findet in Charles die
Liebe ihres Lebens, und die frisch Vermählten ziehen in ein schönes,
renoviertes Haus, das direkt auf den Klippen liegt und dem sich ein
bezaubernd schöner Garten anschließt. Von ihrer Großmutter erbt
Laura eine Reihe alter Sticktücher, die anscheinend von einer
entfernten Verwandten angefertigt wurden. Die Stickereien zeigen
ebenfalls ein Haus mit einem wunderbaren Garten, der dem ähnelt,
welcher sich an Lauras neuem Heim befindet. Unweigerlich beginnt die
junge Frau, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen, und sie
möchte herausfinden, was es mit der starken Anziehungskraft auf sich
hat, die der alte Garten auf sie ausübt. Dabei stößt sie auf ein
düsteres Geheimnis.
Der Roman spielt immer abwechselnd auf
zwei Zeitebenen.
Einerseits ist da Mary Rose, anfangs
noch ein kleines Mädchen, das schon so viel Unglück erlebt hat. Sie
scheint einfach zu gut für die Welt zu sein, und trotzdem lässt sie
sich ab und zu verleiten, die Unwahrheit zu sagen oder die Wahrheit
zu verschweigen. Anfangs schweißen Trauer und Verlust Vater und
Tochter zusammen, denn sie haben das Liebste verloren, als Lady
Marchmont bei der Geburt ihres zweiten Kindes verstarb. Aber nach und
nach wendet sich der Vater von Mary Rose ab, was vermutlich
hauptsächlich der Anwesenheit einer neuen Frau geschuldet ist. Aber
er verliert auch das Vertrauen in sein einziges Kind, so sehr sich
Mary Rose auch anstrengt, alles richtig zu machen und jedem gerecht
zu werden.Die Reaktion des Vaters ist irritierend und gefühllos.
Mary Rose wirkt anfangs sehr naiv und ist unerschütterlich im
Glauben an die Liebe ihres Vaters. Das Schicksal, das der jungen Frau
bevorsteht, ist geradezu unmenschlich.
In zweiten großen Handlungsstrang
lernt man Laura Marchmont kennen. Sie ist eine sympathische junge
Frau, die in London lebt und arbeitet. Als sie Charles Haywood
kennenlernt, wird schnell klar, dass dies der Mann ihrer Träume und
ihre große Liebe ist. Ihm zuliebe lässt sie ihr Leben in London
hinter sich und folgt ihm in seine Heimat nach Devon. Direkt an der
Steilküste von Seamouth finden sie das Haus ihrer Träume. Leider
entwickeln sich diese für Laura nach und nach zu Alpträumen, was
man angesichts der angespannten Situation gut verstehen kann, denn
Charles hat aus erster Ehe zwei halbwüchsige Töchter, die ganz und
gar nicht mit Laura einverstanden sind und sie boykottieren, wo immer
es geht. Charles reagiert mit allzu großer Gutmütigkeit, was
wiederum auch verständlich ist, denn er liebt seine Töchter und
möchte sie nicht verlieren. Aus diesem Grund meidet er jede
Konfrontation, beschwört aber Unfrieden in seiner jungen Ehe herauf.
Der Schreibstil hat mir sehr gut
gefallen, wenn er auch in den Abschnitten der Vergangenheit manchmal
etwas betulich wirkt, immer wenn etwas aus Mary Rose's Sicht
geschildert wird. Aber das ändert sich mit der Zeit, je älter Mary
Rose wird, denn das Schicksal macht sie hart. Was ihre Familie und
ihre Freunde ihr antun, dass sie grundsätzlich nur das
Oberflächliche sehen, ohne auch nur einmal etwas zu hinterfragen,
war schon ein schwerer Brocken. Besonders aus dem Vater bin ich nicht
schlau geworden. Kann es möglich sein, dass jemand so völlig den
Verstand und jegliches Vertrauen ausschaltet? Ralph Marchmont blieb
eher blass und wirkte auf mich wie ein schwacher Charakter, der
seiner zweiten Frau blind ergeben ist und sein eigenes Kind dafür im
Stich lässt.
Aus diesen zwei Handlungssträngen hat
die Autorin einen faszinierenden und fesselnden Roman geknüpft. Hat
man sich erst einmal eingelesen, so fliegt man förmlich durch das
Buch, um zu erfahren, wie die Schicksale zusammenhängen, welche
Verbindungen es zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart gibt und
wie die Geschichte für die beiden Protagonistinnen ausgeht.
Vielleicht ist so mancher Zufall, den die Autorin hier vom Schicksal
bestimmen lässt, etwas arg konstruiert, aber es liest sich alles auf
jeden Fall sehr interessant und unterhaltsam. Lediglich der Versuch,
auch noch eine mystische Komponente in die Story zu bringen, war mir
persönlich etwas zu viel und nicht so ganz passend. Aber für
Liebhaber alter, geheimnisvoller Familiengeschichten ist dieses Buch
auf jeden Fall gut geeignet und sicher eine spannende Lektüre.
Das klingt interessant, kenne ich noch gar nicht.
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