Frankfurt, Mitte des 18. Jahrhunderts:
Der erfolglose Maler Georg Reiche hält
sich und seine Familie mit Fälschungen und kleinen Diebstählen über
Wasser. Als er einem russischen Werber begegnet und erfährt, dass
Katharina II. deutsche Familien sucht, die gewillt sind, sich in
Russland eine neue Existenz aufzubauen, sieht Georg darin seine große
Chance. Zusammen mit seiner geliebten Frau und den drei Töchtern
macht er sich auf die lange, beschwerliche Reise an die Wolga. Nach
ihrer Ankunft in dem fremden Land kommt die Ernüchterung, denn es
ist alles nicht so einfach, wie es am Beginn der Reise ausgesehen
hat. Viele Auswanderer sind schon unterwegs zurück geblieben und
haben ihr Ziel nie erreicht.
Die Familie Reiche wird in einem
verlassenen, aber komplett möblierten Haus untergebracht. Schon bald
erfahren sie, dass die vorherigen Bewohner von Kalmücken überfallen
und umgebracht wurden. Annmarie Reiche fühlt sich der Tochter der
ermordeten Familie verbunden und entdeckt immer mehr Gemeinsamkeiten
zwischen der Toten und sich selbst. Auroras größter Wunsch ist,
reich zu sein, und um das zu erreichen, lässt sie sich auf ein
gefährliches Spiel ein. Lydia, die älteste Tochter der Reiches,
fühlt sich hin und hergerissen, zwischen der Pflicht ihrer Familie
gegenüber und ihren Träumen. Georg und Ilse Reiche versuchen, sich
so gut wie möglich in ihrer neuen Heimat einzurichten, mit den
Gegebenheiten zu arrangieren und ihren drei Töchtern eine gute
Zukunft zu ermöglichen.
Das wunderbar gestaltete Cover hat mich
gleich verlockt, den neuen Roman von Ines Thorn zu lesen. Ich liebe
den schönen Schreibstil der Autorin und wurde auch diesmal nicht
enttäuscht. Sie hat eine ganz besondere Art, Schicksale und
Begebenheiten zu schildern.
Ich muss gestehen, dass ich über die
damalige Zeit in Russland sehr wenig weiß und mit den historischen
Daten nicht vertraut bin. Daher kann ich mir auch kein Urteil
erlauben, was die Zeitangaben betrifft. Aber es geht hier auch mehr
um eine Familiengeschichte im historischen Rahmen. Geschichtliche
Details werden nur angerissen und bleiben eher im Hintergrund. Die
meisten Charaktere und ihre Schicksale sind fiktiv, und es kommen
kaum historische Persönlichkeiten im Roman vor. Für mich war es
hier auch hauptsächlich interessant, wie die Lebensumstände damals
in Russland waren und wie sich die Protagonisten in dem neuen Umfeld
behaupten konnten, und das ist sehr lebendig und eindringlich
geschildert.
Nun weiß ich auch, wie es zu dem
Begriff „Russlanddeutsche“ gekommen ist.
Die einzelnen Charaktere und ihre
Beweggründe sind sehr ausführlich und detailliert dargestellt, und
man kann sich gut in die beschriebenen Situationen versetzen.
Hauptsächlich dreht sich der Roman um die drei Reiche-Schwestern,
die so völlig unterschiedlich sind und sich anfangs sehr fremd und
verloren in der neuen Heimat fühlen. Letztendlich müssen sie ihren
Weg finden, und jede von ihnen tut das auf ganz eigene Weise.
Der Roman hat mich von Anfang an
fasziniert und bis zuletzt nicht mehr losgelassen. Das weite Land,
die Kälte, die Probleme und Ängste, dies alles kann man sich sehr
gut und plastisch vorstellen, so wie es die Autorin darstellt. Mir
hat diese Geschichte einen faszinierenden Blick in die damalige Zeit
und in ein Land eröffnet, das mir bisher völlig fremd war.
⭐⭐⭐⭐
Ich mag Ines Thorn ebenfalls sehr und dieses Buch ist auf meiner Wunschliste! Danke für die schöne Rezi!
AntwortenLöschenLG Martina