Fast zwei Jahre ist es her, dass Natalies Mann Rob bei einem
schweren Autounfall ums Leben kam. Seinen Tod hat sie noch immer nicht
verwunden. Sie ist nicht die Einzige, die leidet, auch Robs Tochter Cassie aus
erster Ehe verschließt sich in ihrer Trauer. Natalie gegenüber ist sie unnahbar
und ungerecht, obwohl diese versucht, das Vertrauen und die Zuneigung des
16-jährigen Mädchens zu gewinnen. Als Cassie einer Mitschülerin im Internat
einen bitterbösen Streich spielt, wird sie vorübergehend von der Schule verwiesen.
Überraschenderweise erhält Natalie Ende November eine Einladung ihrer Mutter,
zusammen mit Cassie nach Cornwall zu kommen, um das bevorstehende
Weihnachtsfest gemeinsam zu feiern. Zögernd sagt sie zu, unsicher, ob sie die
richtige Entscheidung trifft, denn auch mit ihrer Mutter hat Natalie einiges
aufzuarbeiten. Das Verhältnis der Beiden ist seit Jahren nicht besonders
herzlich.
Zu ihrem Erstaunen ist Cassie gar nicht so abgeneigt, und so
machen sie sich auf den Weg zu Natalies Mutter Laura, die an der Küste
Cornwalls, auf der Farm „Stormy Meadows“ lebt.
Während ihres Aufenthalts auf Stormy Meadows finden Cass und
Natalie langsam zueinander, die starre, abweisende Fassade bekommt Risse.
In erster Linie hat der neue Roman von Sarah Harvey mein Interesse
geweckt, weil er an Cornwalls Küste spielt. Meine Erwartungen wurden auch nicht
enttäuscht, denn es gelingt der Autorin ganz hervorragend, die wild-romantische
Atmosphäre der Landschaft einzufangen und zugleich die Herzlichkeit und
Offenheit der Bevölkerung auszudrücken.
Dass der Roman in der Ich-Form und im Präsens geschrieben
ist, hat etwas sehr Vertrautes und passt hier ganz besonders gut, denn so hat
man als Leser das Gefühl, direkt dabei zu sein, als wäre man selbst ein guter
Freund der Familie.
Natalie, Cassie und Laura, die Frauen aus drei Generationen,
wirken nach außen hin stark und auf den ersten Blick unnahbar, im Grunde ihres
Herzens sind sie jedoch sehr liebenswert und verletzlich.
Natalie ist fast zwei Jahre nach Robs Tod noch lange nicht
über diesen Schicksalsschlag hinweg, und auch Cassie vermisst ihren Vater sehr.
Trotzdem gibt es lange Zeit keine Annäherung zwischen Stiefmutter und
Stieftochter, denn obwohl sie um denselben Mann trauern, haben sie eine Mauer
des Schweigens und Misstrauens zwischen sich errichtet.
Auf Stormy Meadows, im Umgang mit den vielen Tieren dort,
blüht Cass langsam auf und fasst langsam Zutrauen zu Natalies Mutter Laura.
Als Natalie Connor kennenlernt, den sympathischen Iren, der
ganz in der Nähe von Stormy Meadows ein gemütliches Cottage bewohnt, gerät sie
in einen Zwiespalt. Einerseits fühlt sie sich zu dem attraktiven Mann
hingezogen, aber sie hat dabei auch das Gefühl, ihren verstorbenen Mann zu
betrügen. Einfühlsam und mit viel Verständnis gelingt es Connor nicht nur,
Natalies Herz zu erobern, sondern auch Cassies rauen Panzer zu durchdringen und
das Zutrauen des unglücklichen Teenagers zu gewinnen.
Der Roman besticht gerade durch die eher ruhige Handlung,
die weder sehr dramatisch noch kitschig wirkt. Die Liebesgeschichte steht nicht
im Vordergrund; ein großes Thema ist die Trauerbewältigung und Aufarbeitung der
Vergangenheit. Natalie schreibt sich ihren Kummer in Form von Briefen an den
verstorbenen Rob von der Seele. Auch müssen die drei Frauen auf Stormy Meadows
einen Weg zueinander finden, was nur durch Offenheit, gegenseitiges Verständnis
und Vertrauen gelingen kann.
Der Charme Cornwalls und seiner Einwohner tut ein Übriges um
die zwischenmenschlichen Beziehungen ins Reine zu bringen, denn hier, in der
heimeligen Atmosphäre des alten Landhauses, umgeben von liebenswerten Freunden,
fühlen sich Natalie und auch Cass geborgen und angenommen.
Ein bezaubernder Roman, voller Herzenswärme, der zum Träumen
einlädt.
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