Im Jahr 1629 findet unter Julius Echter, dem Neffen von Philipp Ehrenberg, in Würzburg eine fanatische Jagd auf Hexen statt. Es gibt regelmäßige Brandtage, an denen die Verurteilten auf dem Scheiterhaufen sterben. Auch die alte Hebamme Babette wird verhaftet und angeklagt. Als sie stirbt, schwört ihr liebstes Pflegekind Kathi, Rache an den Verantwortlichen zu nehmen. Sie schmiedet einen finsteren Plan. Indem sie behauptet, auf dem Schalksberg beim Hexensabbat mehrere Würzburger Bürger gesehen zu haben, bringt sie diejenigen vor das Hexengericht, welche Babette verleumdet hatten. Plötzlich tauchen weitere Kinder auf, die angeblich am Hexensabbat teilgenommen haben, und ehe Kathi es verhindern kann, gerät die Situation außer Kontrolle. Die Zahl der Anklagen wegen Hexerei nimmt kein Ende, und viele unbescholtene Bürger müssen in diesen Zeiten im Feuer ihr Leben lassen, auch viele Kinder sind darunter.
Einen wahrhaft finsteren Abschnitt der Würzburger Geschichte hat sich Roman Rausch für seinen historischen Roman als Schauplatz ausgesucht. Nicht nur das Wetter ist fast durchgehend düster, auch in den Köpfen der Menschen gibt es zur Zeit des 30-jährigen Krieges viel Dunkelheit. Der Zeitgeist ist von Aberglauben geprägt, aber auch Habgier ist ein starkes Motiv für die zahlreichen Hexenprozesse, und es ist eben immer einfacher, ein persönliches Problem zu lösen, indem man es einem arglosen Mitmenschen in die Schuhe schiebt und diesen damit als Hexe oder vom Teufel besessen hinstellt. Da ich, zur Begleitung historischer Romane, immer gerne in anderen Quellen stöbere, weil mich interessiert, wie es damals wirklich war, habe ich hier zu meinem Entsetzen festgestellt, dass die Handlung mit den betroffenen Kindern erschreckend realitätsnah beschrieben ist. Bei den Brandtagen zur damaligen Zeit sind wirklich auch sehr viele Kinder dem Feuer zum Opfer gefallen.
Der Schreibstil ist insgesamt sehr packend und äußerst detailliert. So sind auch die Szenen über Verhöre und Bestrafungen sehr drastisch dargestellt und nicht unbedingt etwas für schwache Nerven.
Originell fand ich die Kapitel, die aus der Sicht des Raben Kolk geschildert sind. Das verändert den Blickwinkel auf die Geschichte und schafft ein wenig Abstand zu den dramatischen Ereignissen in der Stadt. Auch die wahren Beweggründe, die sich oft hinter einem Hexenurteil verbargen, werden anschaulich beschrieben, denn die Angeklagten hinterließen häufig ein stattliches Vermögen und durften quasi ihre eigene Hinrichtung bezahlen. Was noch übrig war, verschwand sicher nicht selten in irgendwelchen dunklen Kanälen. Zudem durfte natürlich auch die Glaubwürdigkeit der Hexenkommissare nicht in Frage gestellt werden, und so wurde auch schon mal eine Aussage manipuliert, bis alles für die Öffentlichkeit seine Richtigkeit hatte.
Auch das Cover finde ich sehr gelungen und aussagekräftig, und besonders gut gefällt mir der alte Stich von Würzburg, ganz vorne im Buch. Ich kann „Die Kinderhexe“ allen Liebhabern historischer Romane nur wärmstens empfehlen.
Dem Rowohlt Verlag danke ich ganz herzlich für das überlassene Rezensionsexemplar.
Hallo Klusi,
AntwortenLöschenhört sich toll an. Wird wohl auf meinen stetig steigenden Wunschzettel wandern.
LG Isabel