Fritz, der Gorilla Jenny von Sperber Hirzel ISBN: 978-3777629698 |
Klappentext:
Diese faszinierende Gorilla-Familiensaga erzählt nicht nur das bewegte Leben von Fritz, sondern zeigt auch die Entwicklung in europäischen Zoos im Umgang mit Menschenaffen auf. Als Jenny von Sperber Fritz zum ersten Mal begegnet, lässt der Gorilla sie nicht aus den Augen. Er ist damals schon über 50 Jahre alt, aber immer noch sehr charismatisch. Für die Journalistin ist klar: Sie will alles über das Leben von Fritz herausfinden.
Mein Eindruck:
Schon das Foto von Fritz auf dem Buchumschlag ist sehr ausdrucksstark und hat mich fasziniert. Bisher wusste ich so gut wie nichts über Gorillas, aber der Klappentext hat mich sehr neugierig gemacht, und ich wollte unbedingt mehr erfahren. Im Nachhinein vermute ich, dass ich Fritz eventuell schon persönlich begegnet sein könnte, denn laut Zeitleiste hinten im Buch ist der Gorilla 1970 nach Nürnberg gekommen, und damals, in meiner Kindheit, war ich einige Male im Nürnberger Zoo zu Besuch. Inzwischen verzichte ich auf Zoobesuche, aus Gründen, die ich hier im Buch noch bestätigt bekam. Wenn man sich den Lebenslauf von Fritz ansieht, soweit man die Daten überhaupt noch feststellen konnte, dann zeigt mir dies alles andere als ein glückliches Leben.
Die Autorin hat sehr intensiv recherchiert und sich mit vielen Menschen unterhalten, die Fritz während seines Lebens eine Zeitlang begleitet haben.
Was sie nicht nur über Fritz sonder auch über seine vielen Nachkommen herausgefunden hat, ist berührend und zum Teil schockierend, denn damals, als Fritz nach Deutschland kam, wussten auch die „Fachleute“ in den Zoos nicht wirklich viel über diese gigantischen Tiere. Viel wurde damals falsch gemacht. Die heutigen Zoos, die nach neuesten Erkenntnissen gestaltet sind, geben da ein besseres Bild ab, und doch frage ich mich, mit welchem Recht wir diese großartigen Lebewesen ihrer Freiheit berauben und derart bis ins kleinste Detail über ihr Leben bestimmen.
Das Buch besteht aus drei großen Teilen:
Fritz, das Waisenkind
Hier erfährt man alles, was man über das Leben der Gorillas im Dschungel Kameruns weiß. Die Autorin schildert sehr eindringlich die Art, wie kleine Gorillas damals von ihren Eltern getrennt und nach Europa geschickt wurden. Sie erläutert die vielen Fehler, die bei der Aufzucht der jungen Tiere gemacht wurden, was schon mit der falschen Ernährung begann, denn den Vegetariern wurde Fleisch vorgesetzt. Das Kapitel endet mit dem sogenannten „Erhaltungsaufzuchtprogramm“, was bedeutet, dass heutige Zoos ihren „Bedarf“ an Tieren durch eigene Aufzucht decken, ja decken müssen, weil der Wildfang mittlerweile verboten ist.
Fritz, das Gründertier
In diesem großen Abschnitt lernt man Fritz‘ Nachfahren kennen. Einige von ihnen werden sehr ausführlich dargestellt, und man erfährt, dass auch hier bei der Haltung der Tiere so einiges schief gelaufen ist.
Fritz, der Zeitzeuge
Hier begleitet man Fritz auf seinen Reisen. Man erfährt, was Stammgäste im Zoo für Gorillas bedeuten und wie andererseits Gorillas das Leben der Menschen beeinflussen können. Die Autorin berichtet über die Art, wie Fritz sich gegen jüngere Konkurrenten durchsetzte, was sich in den Zoos verändert hat und über Zipperlein und Krankheiten, die Gorillas im Alter ebenso heimsuchen wie uns Menschen.
Dieses Buch hat mich sehr nachdenklich gestimmt und einerseits meine Meinung bestätigt, dass man Tiere nicht derartig einsperren und zur Schau stellen sollte. Andererseits haben Zoos auch eine wichtige, sehr verantwortungsvolle Aufgabe, denn viele Tierarten sind in freier Natur vom Aussterben bedroht. Hier können Zoos dafür sorgen, dass diese Arten erhalten werden.
Was ist richtig, was ist falsch? Diese Frage kann wohl nicht eindeutig beantwortet werden, denn es ist eine Gratwanderung, zu entscheiden, was jeweils richtig ist. Das betrifft bei weitem nicht nur Gorillas oder andere Menschenaffen, sondern sehr viele Spezies aus dem Tierreich. Verantwortliche müssen das Für und Wider berücksichtigen und in Einzelfällen entscheiden, was wichtiger ist, die Bewahrung von Würde und Freiheit einer Tierart oder ihr Schutz vor Ausrottung.
Zahlreiche Bilder im Buch unterstreichen das Geschriebene auf eindrucksvolle Weise. Die umfangreiche Liste der Quellenangaben im Anhang zeigt, wie intensiv sich die Autorin mit dem Thema befasst hat. Das daraus resultierende Buch, die Biografie eines faszinierenden Menschenaffen, ist sehr eindrucksvoll, und ich kann es allen Menschen, denen Tiere am Herzen liegen, sehr empfehlen.
⭐⭐⭐⭐1/2
Hi Klusi!
AntwortenLöschenEine schöne Rezension zu einem - für mich - sehr traurigen Buch. Ich weiß, dass die Arterhaltung leider durch Zoos genutzt wird, aber ich kann mich trotzdem nicht für so eine Institution aussprechen. Tiere in Gefangenschaft aufwachsen zu sehen finde ich einfach nur schlimm...
Die Tiere müssen leiden, da sie so dezimiert wurden - von uns. Von unserer Lebenseinstellung. Das Thema geht mir immer sehr nahe und deshalb kann ich da gar nicht viel mehr dazu sagen.
Schön dass die Autorin hier Einblicke gewährt und darauf aufmerksam macht.
Liebste Grüße, Aleshanee
Das klingt nach einem Buch, das ich mir weiter nach oben auf der WuLi setzen werde. Dich scheint es sehr beeindruckt zu haben. :) Als Kind bin ich wahnsinnig gerne in den Tierpark gegangen, weil man all die Tiere quasi in echt sehen konnte. Nach und nach wird einem aber bewusst, was das für die Tiere bedeutet, auch wenn sich vieles verändert hat. Allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass es einige Arten gar nicht mehr gäbe, würden sie nicht in Zoos leben, da sie in freier Natur entweder gewildert wurden oder ihr natürlicher Lebensraum zerstört wurde. Alles unheimlich traurig. Auf dem Cover sieht man, dass da kein tumbes Tier zurückblickt, es ist ein fühlendes und intelligentes Wesen.
AntwortenLöschenDanke für die Buchvorstellung!