Montag, 26. September 2016

Die Lukasbrüder - Alexandra Doerrier

Jünger der Kunst - Freiheit in einem goldenen Rahmen



Wien 1810: Die vier jungen Kunststudenten Friedrich Overbeck, Konrad Hottinger, Franz Pforr und Ludwig Vogel empfinden ihr Studium an der Wiener Akademie der Künste als unbefriedigend. Sie streben nach Höherem, nach der wahren, christlichen Kunst. Auf den Spuren von Raffael Santi wollen sie wandeln. Entschlossen lassen sie Wien hinter sich und begeben sich auf die Reise nach Italien. Rom ist ihr Ziel, und dort wollen sie ihre Träume umsetzen. Sie begründen einen heiligen Bund, die Lukasbruderschaft. In einem Kloster wollen sie leben und sich ganz der romantisch-christlichen Malerei widmen. Aber ihre weiteren Vorstellungen vom Leben und von der Kunst gehen weit auseinander. Während Overbeck, völlig vergeistigt, regelrecht dogmatische Vorstellungen hat, wie das gemeinsame klösterliche Leben stattfinden soll und sich total in der Malerei verliert, möchte Hottinger das Leben genießen. Er ist auch weltlicher Schönheit und den irdischen Genüssen nicht abgeneigt, und er sieht noch den lebendigen Menschen hinter dem Bild. Vogel steht irgendwo dazwischen, und Franz Pforr, der schon in Wien stark an Tuberkulose litt, erholt sich auch im warmen Italien nicht und verfällt zusehends. Die gemeinsamen Ideale geraten ins Wanken und der Lukasbund scheint an den unterschiedlichen Vorstellungen zu zerbrechen.

Alexandra Doerrier erzählt hier eine wahre Geschichte, denn die Protagonisten ihres historischen Romans haben wirklich gelebt. Die Nazarener, wie die Künstler ihrer langen Haare wegen genannt wurden, haben damals eine neue Kunstrichtung geprägt. Besonders für Overbeck war das Malen wie ein Gebet. Er sieht in seiner Kunst die persönliche Freiheit, während sich seine Freunde, besonders Hottinger, von den strengen Vorgaben eingeengt fühlen. Die Differenzen, die sich zwischen den jungen Künstlern anbahnen, sind sehr authentisch geschildert.
Der Roman ist aus Hottingers Perspektive in Ich-Form geschrieben. Dadurch wird einem gerade seine persönliche Sicht der Dinge gut verständlich nahe gebracht.

Die im Roman angesprochenen Bilder sind zum Teil heute sehr bekannt und in den großen Galerien der Welt zu finden. Besonders die Entstehungsgeschichte von Overbecks „Italia und Germania“, ein Werk, das ich erst vor einigen Monaten im Original betrachten konnte, ist sehr interessant dargestellt und erklärt.

Der schöne, plastische Schreibstil vermittelt die besondere Atmosphäre Italiens zur damaligen Zeit. Der Roman lebt vor allem durch seine ausdrucksstarken Reisebeschreibungen, die leidenschaftlichen Schwärmereien und durch die teils sehr philosophisch geprägten Dialoge der Kunstjünger. Liebhaber gut recherchierter historischer Romane, insbesondere diejenigen, die sich auch für die bildende Kunst der Renaissance interessieren, werden sicher Gefallen an diesem außergewöhnlichen Buch finden.



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