Jünger der Kunst - Freiheit in einem
goldenen Rahmen
Wien 1810: Die vier jungen
Kunststudenten Friedrich Overbeck, Konrad Hottinger, Franz Pforr und
Ludwig Vogel empfinden ihr Studium an der Wiener Akademie der Künste
als unbefriedigend. Sie streben nach Höherem, nach der wahren,
christlichen Kunst. Auf den Spuren von Raffael Santi wollen sie
wandeln. Entschlossen lassen sie Wien hinter sich und begeben sich
auf die Reise nach Italien. Rom ist ihr Ziel, und dort wollen sie
ihre Träume umsetzen. Sie begründen einen heiligen Bund, die
Lukasbruderschaft. In einem Kloster wollen sie leben und sich ganz
der romantisch-christlichen Malerei widmen. Aber ihre weiteren
Vorstellungen vom Leben und von der Kunst gehen weit auseinander.
Während Overbeck, völlig vergeistigt, regelrecht dogmatische
Vorstellungen hat, wie das gemeinsame klösterliche Leben stattfinden
soll und sich total in der Malerei verliert, möchte Hottinger das
Leben genießen. Er ist auch weltlicher Schönheit und den irdischen
Genüssen nicht abgeneigt, und er sieht noch den lebendigen Menschen
hinter dem Bild. Vogel steht irgendwo dazwischen, und Franz Pforr,
der schon in Wien stark an Tuberkulose litt, erholt sich auch im
warmen Italien nicht und verfällt zusehends. Die gemeinsamen Ideale
geraten ins Wanken und der Lukasbund scheint an den unterschiedlichen
Vorstellungen zu zerbrechen.
Alexandra Doerrier erzählt hier eine
wahre Geschichte, denn die Protagonisten ihres historischen Romans
haben wirklich gelebt. Die Nazarener, wie die Künstler ihrer langen
Haare wegen genannt wurden, haben damals eine neue Kunstrichtung
geprägt. Besonders für Overbeck war das Malen wie ein Gebet. Er
sieht in seiner Kunst die persönliche Freiheit, während sich seine
Freunde, besonders Hottinger, von den strengen Vorgaben eingeengt
fühlen. Die Differenzen, die sich zwischen den jungen Künstlern
anbahnen, sind sehr authentisch geschildert.
Der Roman ist aus Hottingers
Perspektive in Ich-Form geschrieben. Dadurch wird einem gerade seine
persönliche Sicht der Dinge gut verständlich nahe gebracht.
Die im Roman angesprochenen Bilder sind
zum Teil heute sehr bekannt und in den großen Galerien der Welt zu
finden. Besonders die Entstehungsgeschichte von Overbecks „Italia
und Germania“, ein Werk, das ich erst vor einigen Monaten im
Original betrachten konnte, ist sehr interessant dargestellt und
erklärt.
Der schöne, plastische Schreibstil
vermittelt die besondere Atmosphäre Italiens zur damaligen Zeit. Der
Roman lebt vor allem durch seine ausdrucksstarken
Reisebeschreibungen, die leidenschaftlichen Schwärmereien und durch
die teils sehr philosophisch geprägten Dialoge der Kunstjünger.
Liebhaber gut recherchierter historischer Romane, insbesondere
diejenigen, die sich auch für die bildende Kunst der Renaissance
interessieren, werden sicher Gefallen an diesem außergewöhnlichen
Buch finden.
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