Donnerstag, 10. März 2016

Der Königsfluch - Pilippa Gregory


Über 42 Jahre begleitet man die Ich-Erzählerin Margaret Pole durch ein bedeutendes Stück englischer Geschichte. Margaret ist eine geborene Plantagenet, aber seit die Tudors England regieren, vermeidet sie jeden Hinweis auf ihre Herkunft, denn ihr Name könnte sie in Lebensgefahr bringen, da auch in ihren Adern königliches Blut fließt. Die Handlung beginnt im Jahre 1499, zur Regierungszeit von Henry VII. Dieser tut alles, um eventuelle Ansprüche auf seinen Thron auszuschalten. Dadurch hat Margaret schon ihren Vater und ihren Bruder auf tragische und schmerzliche Weise verloren, und doch steht sie loyal zum Königshaus. Sie kennt und betreut die Prinzen Arthur und Henry bereits in ihrer Kindheit. Sie wird zur besten Vertrauten und Freundin der spanischen Prinzessin Katharina von Aragón und folgt ihr als Hofdame, als sie mit Henry VIII. die Ehe eingeht. Aus Margarets Sicht erlebt man die Hoffnungen und Niederlagen der jungen Königin mit, deren wichtigste Aufgabe es ist, einen Thronfolger zur Welt zu bringen. Aber alle männlichen Nachkommen des Königs sterben, und Henry wird mit der Zeit immer unzufriedener und wendet sich von Katharina ab. Die Geschichte, wie sich Henry VIII. mehrfach neu vermählt und immer wieder Gründe findet, sich von seinen Ehefrauen zu trennen, ist wohl zur Genüge bekannt. Neu und interessant war für mich ein Blick auf die Vorgeschichte, auf die Jugendjahre dieses Königs, der später zum launischen Tyrannen wurde, dessen Entscheidungen und Urteile oft willkürlich ausfielen. Die Entwicklung dorthin ist sehr plastisch und ausführlich dargestellt.

Aus Margaret Poles Sicht wird das Leben am englischen Königshof sehr lebendig geschildert. Der Roman ist im Präsens, in der 1. Person, geschrieben, was einem die Ereignisse besonders nahe bringt.
Das Außergewöhnliche an diesem Roman ist für mich, dass er keine fiktive Handlung hat, und auch die Protagonisten hat es alle wirklich gegeben, zumindest alle wichtigen Charaktere. Durch die vielen kurzen Kapitel liest er sich wie ein Tagebuch, und auch wenn man natürlich nicht wissen kann, wie es sich damals genau zugetragen hat, so bewegt sich die Handlung doch sehr nahe am der Realität.
Margaret Pole weilte nicht ständig am Königshof. Da gab es auch ihre Familie und die eigenen Landgüter, um die sie sich kümmern musste. Als sie Witwe wird, beginnt ein langer und mühsamer Existenzkampf für sie und ihre Kinder. Aber ihre Loyalität gegenüber dem englischen Thron behielt sie durchgehend bei, und immer wieder wird sie als Ratgeberin und Unterstützung an den Hof geholt. So kümmert sie sich auch liebevoll um die Erziehung von Prinzessin Mary.
Ich fand es sehr aufschlussreich, die Geschichte von Heinrich VIII. einmal aus einer anderen Warte zu sehen und zugleich einen ausführlichen Blick auf die Lebensweise des englischen Adels werfen zu können, denn die Autorin spart nicht an Details, was das Leben und Schicksal und auch den Alltag ihrer Protagonistin betrifft. Philippa Gregory hat meine absolute Hochachtung, wenn man bedenkt, welch umfangreiche und ausführliche Recherche sie zu diesem Roman leisten musste. Man erhält einen kleinen Eindruck von den Ausmaßen, wenn man sich das Literaturverzeichnis im Anhang ansieht, denn das ist sage und schreibe acht Seiten lang! Eigentlich ist „Roman“ der falsche Ausdruck, sondern man könnte sagen, im „Königsfluch“ wurden historische Tatsachen sehr gründlich und detailreich aufbereitet und neu erzählt.
Beim Lesen historischer Romane suche ich immer gerne nach Sekundärliteratur, für noch ausführlichere Informationen und um die Geschichte aus mehreren Blickwinkeln betrachten zu können. Alles, was ich begleitend zum „Königsfluch“ gelesen habe, führte mich immer sehr präzise zu Philippa Gregorys Handlung hin, was zeigt, dass sich die Autorin sehr nahe an die Tatsachen hält. Ich habe durch dieses Buch einiges gelernt und so viel Neues über die englische Geschichte im 16. Jahrhundert erfahren, dass mich die Fülle an Informationen fast überwältigt hat. Für mich war dies kein Buch, das ich in einem Rutsch durchschmökern konnte, sondern ich habe es eher in Etappen gelesen und das Erfahrene immer wieder zwischendurch sacken lassen. Auch wird man mit sehr vielen Personen und Beziehungen konfrontiert, die sich glücklicherweise anhand zweier Stammbäume im Buch gut nachvollziehen lassen.
„Der Königsfluch“ ergänzt als sechster Band die Rosenkrieg-Reihe. Für mich war dies das erste Buch der Autorin, aber ich kann auf jeden Fall sagen, dabei wird es sicher nicht bleiben. Wer sich für Englands frühere Geschichte interessiert, der kommt an Philippa Gregorys Büchern einfach nicht vorbei.



4 Kommentare:

  1. Ach, Margret kenne ich aus der Serie "Die Tudors", eine Serie, die ich sehr liebe. Da ich die Bücher von Philippa Gregory auch sehr gerne lese (sie schreibt ja so viel über die Tudors) ist es definitiv Lektüre für mich.
    Ich freue mich schon auf die Fortsetzung von "The White Queen", das basiert auf den Büchern von Philippa Gregory.

    Guten Wochenstart wünsche ich Dir!

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    1. Ich bin auch auf den Geschmack gekommen, was die Bücher von Philippa Gregory angeht. Eines habe ich noch irgendwo auf dem SuB, da muss ich mich mal drum kümmern ;-)

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    2. Mir hat "Die Glut" von Philippa Gregory am besten gefallen. Auch "Das Erbe der Königin" und "Die ewige Prinzessin" sind wunderbare Bücher, die ich empfehlen kann. Ihre Romane gehören schon seit langem zu meiner Lieblingslektüre.

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    3. Auf Ihre Empfehlung hin habe ich mir den "Königsfluch" gekauft. Wie alle anderen Bücher der Autorin hat auch dieses mir sehr gut gefallen. Danke für Ihre immer wieder anregenden Tipps!
      Herzliche Grüße,
      B. R.

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