Samstag, 6. Juni 2015

Ich wollte immer nur dich – Anne Wiegner

Im März habe ich schon über die Vorgeschichte zu diesem Roman berichtet, wie sich einige vielleicht erinnern können. Nun habe ich Anne Wiegners Debütroman fertig gelesen, und es hat sich wirklich gelohnt. Im Anschluss erfahrt ihr, was ich von dem Roman halte.

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Kurzbeschreibung:
Johannas Leben ist zum Stillstand gekommen: Job, Familie, Beziehung – alles Routine, keine Höhen, keine Tiefen, nur glattpoliertes Gleichmaß. Sie ist Mitte vierzig, abgeklärt und hält Träumen für reine Zeitverschwendung. Doch dann überschlagen sich die Ereignisse: Ihr Mann verlässt sie und sie macht sich auf die Suche nach ihrer Jugendliebe, dem charismatischen Paul, der bereits vor zwanzig Jahren ihr Leben gründlich durcheinander gewirbelt hat. Schon bei ihrem ersten Treffen ist alles wieder da: dieser unerklärliche Zauber der Studententage, die Anziehung, das Verlangen. Kopfüber stürzt sich Johanna in ein leidenschaftliches Abenteuer, in dem sie nachholt, was sie in den Jahren ihrer Ehe versäumt hat. „Alte Liebe rostet nicht“, sagt Paul lachend. „Das klingt nach Happy End“, antwortet Johanna. Vor lauter Glück merkt sie nicht, dass Paul ein Mann voller Geheimnisse ist und trifft eine folgenschwere Entscheidung ...

Mein Eindruck:
Man sollte sich von dem romantisch anmutenden Cover nicht täuschen lassen, denn dahinter verbirgt sich viel mehr als einfach nur ein Liebesroman.
Johannas Leben ist an einem Scheideweg. Nach der Trennung von ihrem Mann wird sie durch Zufall auf ihre Jugendliebe aufmerksam und erfährt, dass Paul ganz in ihrer Nähe lebt. Sie nimmt Kontakt zu ihm auf, und alles ist wieder da, wie bereits vor zwanzig Jahren: ihre Gefühle, die Anziehungskraft, die Faszination und das Verlangen. Paul scheint nur auf Johanna gewartet zu haben, denn auch er lebt von seiner Ehefrau getrennt, wie er ihr erzählt. Sie kommen sich wieder sehr nahe und verbringen viel Zeit miteinander. Aber es gibt so einige Hindernisse, die Johanna überwinden muss, denn da gibt es ja auch noch ihre beiden Töchter. Johanna fühlt sich hin und hergerissen zwischen ihrer Eigenschaft als treu sorgende Mutter und ihrer neuen Rolle als leidenschaftliche Geliebte. Lange Zeit kann sie diese beiden Seiten ihres neuen Lebens nicht miteinander in Einklang bringen. Zu allem Überfluss zerstreitet sie sich auch noch mit ihrer besten Freundin, die der neuen Situation eher kritisch und ablehnend gegenüber steht. Johanna ist glücklich und genießt die Zweisamkeit mit Paul, allen Unkenrufen der Freundin zum Trotz. Aber es gibt auch Zeiten, wo Paul sich kaum bei ihr meldet. Er schützt jede Menge Arbeit und Termine vor, und Johanna leidet, wenn sie nicht bei ihm sein kann. Erst spät erkennt sie, dass der charmante Paul ein Mann mit vielen Gesichtern ist und jede Menge Geheimnisse hat.
Es ist der Autorin sehr gut gelungen, die jeweils vorherrschende Stimmung zwischen den Protagonisten einzufangen und charakteristische Wesenszüge darzustellen. Man kann sich sehr gut in Johanna hinein versetzen, wie sie immer wieder in einen Zwiespalt gerät, einerseits die gewissenhafte Mutter, die sich Gedanken macht, wie sie mit der neuen Situation umgehen soll und wie sie die Veränderungen ihren Töchtern möglichst schonend nahebringen kann. Sie möchte keinen Fehler machen, denn sie hat den Eindruck, dass ihre Kinder schon unter der Trennung der Eltern leiden. Andererseits genießt sie aber auch ihre Rolle als die begehrenswerte Frau an Pauls Seite.
Der Roman ist größtenteils aus Johannas Sicht in der 1. Person geschrieben, aber es gibt dazwischen auch einige Passagen aus anderen Blickwinkeln. Was es damit auf sich hat, darauf möchte ich hier gar nicht näher eingehen, denn dann würde ich womöglich zu viel verraten. Auf jeden Fall ist die Geschichte so aufgebaut, dass der Leser immer ein wenig mehr weiß als die Ich-Erzählerin zu der Zeit, von der sie berichtet.
Paul wird als sehr charmant dargestellt. Er liest Johanna jeden Wunsch von den Augen ab, und sie verbringen eine wunderschöne Zeit zusammen. Aber diverse Äußerungen und Handlungen von ihm lassen einen doch stutzig werden, ob denn alles Gold ist, was da glänzt.
Ein wenig enttäuscht war ich von Johannas Kollegin und zugleich bester Freundin Karen. Eine Bemerkung von ihr gab den Ausschlag, dass sich Johanna überhaupt wieder an Paul erinnert und den Kontakt zu ihm gesucht hat, aber gerade dann, wenn Johanna ihre Freundschaft und ihren Rat besonders dringend braucht, zieht sich Karen zurück in ihr Schneckenhaus. Statt mit Johanna zu reden, schmollt sie vor sich hin und geht jeder Konfrontation aus dem Weg.
Ein besonderer Leckerbissen im Verlauf der Geschichte ist Johannas Reisebericht, wo sie von ihren Erlebnissen während eines Aufenthalts in Afrika erzählt. Die Beschreibungen sind so lebendig und farbig, dass man glatt Fernweh bekommt.
Anne Wiegners Debütroman ist so ganz anders als man beim Anblick des Covers und beim Lesen des Titels erwartet. Es ist ein faszinierender zeitgenössischer Roman über eine Frau in den besten Jahren, die gerade eine Trennung hinter sich hat und neu verliebt, die aber auch erfahren muss, dass Liebe zwar nicht blind, aber doch ein wenig kurzsichtig macht. Das Ende ist für mein Empfinden etwas abrupt, auf jeden Fall sehr überraschend und doch irgendwie stimmig. Da mir der Schreibstil der Autorin gut gefällt, freue ich mich jetzt schon auf weitere Romane von ihr.

4sterne

2 Kommentare:

  1. Ich muss gestehen, dass ich sowohl das Cover als auch den Titel sofort in die Sparte Liebeskitsch gesteckt und nie angerührt hätte.

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  2. Ich danke dir so sehr für deine wunderbare Rezension, die alles erzählt und doch nichts verrät!
    Und für deine Zeit und deine Geduld (weil es ja doch nur ein eBook ist ;-) und vor allem dafür,
    dass du den Weg dieser Geschichte von Anfang begleitet hast.

    Ich bin so froh, ausgerechnet dir und deinem Blog in den Weiten des Internets begegnet zu sein !

    Alles Liebe für dich und deine Leser.

    Deine Anne Wiegner

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