England, im Jahr 1862
Lady Lucie Duff Gordon
leidet unter einer schweren Tuberkulose. Der Arzt sieht nur eine Chance auf
Linderung oder Heilung, wenn seine Patientin in ein trockenes, heißes Klima
übersiedelt. So kommt es, dass sich Lady Duff Gordon, in Begleitung ihrer Zofe
Sally Naldrett, auf eine sehr endgültige Reise nach Ägypten begibt. Sie
beziehen das so genannte „French House“ in Luxor. Lady Duff Gordon leidet sehr
darunter, von ihrer Familie getrennt zu sein, aber ihr Gesundheitszustand lässt
ihr keine andere Wahl. Sally ist ihr absolut treu ergeben und tut
alles, es ihrer Dienstherrin in der neuen Heimat so angenehm wie möglich zu
machen.
Zur Unterstützung des
Haushalts stellt die Lady den Dragoman Omar ein, der bei Gesprächen mit
Einheimischen übersetzt und vermittelt und daneben über begnadete Kochkünste
verfügt. Lady Duff Gordon nimmt regen und herzlichen Anteil am Schicksal der
Bevölkerung des Landes und hält regelmäßig Salons, wo sie Kontakt mit Würdenträgern
und Verantwortlichen knüpft und dabei oft die eigene Sicherheit außer Acht
lässt, wenn sie unverblümt ihre Meinung sagt.
Ihr aufschlussreicher,
kritischer Schriftwechsel mit der Familie wurde von ihrer Mutter, Sarah Austin,
zu einem Buch zusammengefasst und unter dem Titel „Letters from Egypt“ veröffentlicht.
Kate Pullingers Roman basiert
auf wahren Begebenheiten, wobei die Autorin darauf hinweist, dass sie sich ein
paar kleinere künstlerische Freiheiten erlaubt hat, wenn es die von ihr
angelegte Handlung erforderte. Hier wird die Geschichte aus der Sicht der Zofe
Sally Naldrett geschildert. Das relativ unkonventionelle Zusammenleben mit
ihrer Lady und dem Dragoman Omar bringt viele Freiheiten für alle Beteiligten
mit sich, aber es ergeben sich bald auch Probleme. Während Lady Duff Gordon
gegen ihre Krankheit ankämpft und sich in Zeiten, wo ihr Gesundheitszustand es
zulässt, mit Hilfe ihrer beiden Bediensteten, um die Einheimischen kümmert,
verlieben sich Sally und Omar ineinander. Lange Zeit halten sie ihre
Beziehung geheim, wissen nicht, wie sie es ihrer Lady sagen sollen.
Als Lucie Duff Gordon dann
davon erfährt, verhält sie sich ganz anders als erwartet. Sally und Omar sind
im Zwiespalt, hin und hergerissen, zwischen ihrer Liebe zueinander und der
Loyalität ihrer Herrin gegenüber. Der Grund, wieso Lady Duff Gordon so brüsk
reagiert und mit allen Mitteln versucht, das liebende Paar zu entzweien, wird
nicht so ganz deutlich.
Die Ich-Erzählerin tut
alles, um ihr Glück zu retten. Mit der Zeit legt sie sich ihre eigene
Philosophie zurecht und hat nur einen Wunsch: ein selbstbestimmtes Leben in
Ägypten, dem Land, das sie lieb gewonnen hat, zu führen und sich ihre Zukunft
nicht zerstören zu lassen. Sie lehnt sich gegen die Ungerechtigkeiten auf und
verweigert ihrer Lady gegenüber zuletzt den Gehorsam, da deren Anweisungen
nicht mehr logisch nachvollziehbar sind. Sallys Verhalten ist äußerst mutig und
stark und für mich sehr gut zu verstehen.
Der Roman wirft viele
Fragen auf, besonders, weil ihm wahre Begebenheiten zugrunde liegen. Was
veranlasst Lady Duff Gordon dazu, sich ihrer Zofe gegenüber derart streng und
unerbittlich zu verhalten und mit aller Kraft zu versuchen, Sallys Lebensglück
zu zerstören, wo sie sich andererseits für die Kranken und Schwachen einsetzt
und viele Opfer für ihre Ideale bringt? Diese zwei so grundverschiedenen Seiten
der Lady Duff Gordon haben mich nachhaltig bewegt und nachdenklich gemacht. Darum lese ich nun, zum besseren Verständnis, "Letters from Egypt", in der Hoffnung, dort weitere Einzelheiten zu den damaligen Schicksalen zu erfahren.
„Eine Liebe in Luxor“ ist
weit mehr als eine Liebesgeschichte. Die Autorin vermittelt die Atmosphäre
des Landes und die Lebenssituation im „French House“ wunderbar farbig und
detailreich. Obwohl es eine bewegende Geschichte der großen Gefühle ist, bleibt
der Schreibstil durchgehend eher ruhig und diskret. Zugleich ist dieser
großartige Roman ein beeindruckendes Zeitzeugnis und lässt auch die politischen
Probleme und Abhängigkeiten der ehemaligen Hochkultur Ägypten nicht außer Acht.
Das hört sich interessant an, zumal es auf wahren Begebenheiten beruht.
AntwortenLöschenHört sich wirklich gut an.
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