Samstag, 10. November 2012

Blutiger Sommer - Gabriella Wollenhaupt / Friedemann Grenz

Blutiger Sommer
Gabriella Wollenhaupt und Friedemann Grenz
Grafit Verlag
346 Seiten, Paperback
ISBN: 978-3-89425-616-6

Im Sommer 1846 sorgen in Berlin zwei Verbrechensserien für Aufruhr. Im Scheunenviertel wird eine junge Frau auf brutale Weise ermordet und zerstückelt. Es bleibt nicht bei diesem einen Gewaltverbrechen, sondern es folgen weitere Morde, alle nach dem gleichen Schema. An der Havel lauert in dieser Zeit häufig ein Fremder jungen Frauen und Mädchen auf und jagt ihnen Angst ein. Auch Berichte über Notzuchtverbrechen werden laut. Jette Wehner, eine junge Näherin, kann dem Vergewaltiger nur entkommen, weil sie eine gute Schwimmerin ist. Ihre Kleider muss sie am Flussufer zurücklassen. In der Kutsche, die sie in ihrer Not anhält und die Insassen um Hilfe bittet, sitzen zufällig der Kriminalermittler Justus von Kleist und seine schöne Gattin Rachel. Die beiden nehmen sich der verstörten jungen Frau an.
Als ein jüdischer Metzgergeselle in Tatverdacht gerät, trifft sich dies gut mit den politischen Vorstellungen des Polizeipräsidenten Puttkamer. Um die Angelegenheit möglichst schnell abzuschließen, ist er nicht gewillt, gründlichere Ermittlungen durchzuführen, auch hat er keine hohe Meinung von den Juden, und für ihn steht der Schuldige fest. Von Kleist ist jedoch von der Unschuld des jungen Metzgers überzeugt. Als er meint, eine gute Möglichkeit gefunden zu haben, den wirklichen Schuldigen zu überführen, bringt er dabei seine eigene Frau in große Gefahr. Auch der Vergewaltiger ist in der Zwischenzeit nicht untätig und belauert sein aktuelles Opfer.

Die Mordfälle, die Berlin in Aufruhr bringen, lassen selbst abgehärtete Polizeibeamte nicht kalt, denn die Toten sind durchwegs junge Frauen, die nicht nur umgebracht, sondern regelrecht abgeschlachtet wurden. Es ist nicht leicht für die Ermittler, denn es bieten sich am Tatort schreckliche Bilder. Damit nicht genug müssen Justus von Kleist und seine Kollegen auch noch ins Leichenhaus der Charité, um an den Obduktionen teilzunehmen. Sehr bald läuft alles aus dem Ruder, denn der Polizeipräsident hat seine eigenen Vorstellungen von der Abwicklung der Mordfälle, und er duldet keinen Widerspruch. Kurzerhand beurlaubt er von Kleist.

Blutiger Sommer ist ein sehr gelungener, außerordentlich fesselnder historischer Kriminalroman, mit ernster Handlung, die jedoch häufig feinen Humor durchblicken lässt, der manchmal auch ein wenig ironisch angefärbt ist. Bei diesem neuen Buch des Autoren-Ehepaars Wollenhaupt/Grenz dürfen sich die Leser auf eine spannende Handlung freuen, deren Ablauf scharfsinnig angelegt ist und die mit geistreichen Protagonisten aufwarten kann. Einige bekannte, damals reale Zeitgenossen werden ebenfalls erwähnt oder nahtlos in den Verlauf der Geschichte eingebunden.
Mit viel Zeit- und Sozialkolorit sind die politische Situation, die Atmosphäre Berlins im Vormärz und auch die Lebensbedingungen der Armen im Scheunenviertel sehr anschaulich dargestellt. Man kann sich geistig gut in das beschriebene Milieu versetzen und rätselt automatisch mit, ob es sich bei den Morden und Vergewaltigungen um mehrere Täter handelt, oder ob die ganzen Untaten einem einzigen Verbrecher zugeschrieben werden müssen.
Beachtenswert und originell sind die kurzen Zusammenfassungen, die jedes Kapitel als Überschrift einleiten. Hier kann man wunderbar spekulieren, was sich hinter den knappen Bemerkungen verbirgt und in welcher Form sie in die Handlung einfließen.
Das Buch bietet ausgezeichnete Krimikost und wird zugleich auch viele Liebhaber historischer Romane ansprechen.

Herzlichen Dank für die Überlassung des Rezensionsexemplars
an  den Krimiverlag Grafit.

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