Bei diesem Roman handelt es sich um die Fortsetzung zu „Die Eifelgräfin“. War das erste Buch der Reihe noch stark auf Elisabeth von Küneburg und Johann von Manten konzentriert, so ist dieser Band mehr aus dem Blickwinkel von Luzia, Elisabeths Leibmagd, geschildert. Luzia ist mir ihrer Herrschaft in Johanns Haus in Koblenz gezogen, um den Winter in der Stadt zu verbringen, da es dort bequemer ist als auf einer zugigen, schlecht heizbaren Burg. Hier treffen sie einen alten Bekannten wieder. Martin Wied ist ein angesehener Koblenzer Kaufmann und sehr eng mit Johann befreundet. Von Luzia ist er schon länger beeindruckt, denn bei einer früheren Begegnung hat er zu seiner Verwunderung festgestellt, dass die Magd lesen und schreiben kann und sich außerdem für komplizierten Rechenaufgaben interessiert, was für eine Frau ihres Standes mehr als außergewöhnlich ist. Als Martin Hilfe im Geschäft benötigt, wendet er sich an Luzia und bittet sie um ihre Mitarbeit. Am Kornmarkt macht die forsche junge Frau ihre ersten Erfahrungen als Händlerin. Die Arbeit mit edlen Gewürzen bereitet ihr viel Freude, und bald ist sie für Martin eine zuverlässige und unentbehrliche Assistentin. Zudem stellt der Kaufmann fest, dass seine Gefühle der neuen Mitarbeiterin gegenüber nicht nur freundschaftlicher Art sind, sondern weit darüber hinaus gehen. Und dann gerät Martin in große Bedrängnis, denn er wird des Mordes angeklagt. Luzia glaubt an seine Unschuld und setzt alles daran, ihn vor der Verurteilung zu retten.
Wie schon beim ersten Teil dieser Reihe war ich sofort wieder gefesselt von der eingängigen und spannenden Schreibweise der Autorin. Da ich „Die Eifelgräfin“ noch frisch im Gedächtnis hatte, fiel es mir sehr leicht, schnell in die Handlung hinein zu finden, denn ein Großteil der Charaktere war mir bereits vertraut. Aber auch, wenn man das erste Buch noch nicht gelesen hat, dürfte es keine Probleme geben, mit der aktuellen Handlung zurecht zu kommen. Alles Wissenswerte über die wichtigen Zusammenhänge wird in kleinen Rückblicken erklärt.
Luzias Erlebnisse und Erfahrungen sind nicht nur spannungsreich und äußerst unterhaltsam erzählt, sondern man erhält nebenbei sehr umfassende Informationen über die Sitten und Umgangsformen der Gesellschaft und die damaligen Lebensumstände der Frauen. Deren Möglichkeiten, eigenmächtig Geschäfte zu tätigen, waren recht begrenzt. Luzia ist hier sicher eher die Ausnahme, und sie benötigt ihre ganze Kraft, sich gegen Vorurteile, Standesdünkel und gegen die Konkurrenz durchzusetzen.
Im Mittelpunkt der Handlung steht die Verbindung zwischen Luzia und Martin Wied. Hier haben sich zwei interessante Protagonisten gefunden, die beide nicht auf den Mund gefallen sind. Es entwickeln sich lebhafte und amüsante Diskussionen zwischen den beiden. Sehr einfühlsam wird auch dargestellt, wie Luzia damit umgeht, dass Martins Körper teilweise von Brandnarben entstellt ist und er aus diesem Grund von vielen seiner Mitmenschen gemieden wird.
Die Rahmengeschichte findet in der „Gewürzhändlerin“ ebenfalls ihre Fortsetzung, denn auch diesmal dreht sich wieder alles um die geheimnisvolle Reliquie aus der Zeit der Kreuzzüge und um die damit verbundene freundschaftliche Beziehung dreier Familien. Mit dem silbernen Kruzifix bekommt der Roman einen geheimnisvollen, mystischen Aspekt. Berücksichtigt man die allgemeine Denkweise der damaligen Zeit, war der Besitz einer solchen Reliquie sicher auch nicht ungefährlich und konnte ziemliche Verwirrung stiften.
Alles in allem bietet „Die Gewürzhändlerin“ ein ansprechendes, vielfältiges Leseerlebnis, reich an interessanten Informationen, Spannung, Kurzweil und Romantik.
Ein Stadtplan von Koblenz, vorne im Buch, sowie eine Personenliste im Anhang sind eine gute und hilfreiche Ergänzung.
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