Samstag, 25. Mai 2019

Der Horizont der Freiheit - Ines Thorn




Kurzbeschreibung:
Frankfurt 1848. Die Stadt ist in heller Aufregung. Die Nationalversammlung tagt in der Paulskirche. Auch der Verleger Joseph Rütten wird von dieser Aufbruchsstimmung angesteckt. Mit seinem Geschäftspartner Zacharias Löwenthal möchte er all die wesentlichen Texte drucken, um die Revolution zu befördern – allen voran den Roman »Wally – die Zweiflerin « von Gutzkow. Doch seinen Verlag plagen nicht nur Probleme mit der Zensur, sondern zudem große Geldsorgen. Und er ist verliebt – in Wilhelmine Pfaff, die Witwe eines Druckers. Die revolutionäre Atmosphäre in der Stadt droht umzuschlagen. Zwei Delegierte werden ermordet – und bald hat die Obrigkeit eine Verdächtige gefunden: Henriette Zobel, eine Freiheitskämpferin und Wilhelmines beste Freundin.



Mein Eindruck:
Der Roman spielt vier Jahre nach Gründung des Verlags Rütten und Loening. Interessant ist, dass Rütten und Loening, heute ein Imprint des Aufbau-Verlags, diesen Roman nun verlegt, in dem die beiden Gründer eine wichtige Rolle spielen. Vor allem Joseph Rütten, der zusammen mit seinem Partner Zacharias Löwenthal das Verlagshaus führt, ist einer der wichtigsten Charaktere neben der Witwe Wilhelmine Pfaff, in die er heimlich verliebt ist. Die Druckerei Pfaff liegt dem Verlagshaus gegenüber; Joseph Rütten und Wilhelmine Pfaff sind also Nachbarn und schon seit längerer Zeit gut befreundet. Nach dem Tod ihres geliebten Mannes ist Wilhelmine mutlos und weiß nicht, wie es mit dem Betrieb weitergehen soll. Mit Hilfe ihrer besten Freundin Henriette Zobel bringt sie die Druckerei jedoch wieder in Schwung, wobei Rütten und Löwenthal aber nicht ganz unbeteiligt sind, denn eine Reihe von Ereignissen führen zur Entscheidung der beiden Männer, ihrer Nachbarin diverse Druckaufträge zukommen zu lassen. Während Wilhelmine versucht, als allein stehende Frau das Unternehmen ihres verstorbenen Mannes weiter zu führen, hat sich ihre Freundin Henriette der Politik verschrieben. Sie verfolgt alle Tagungen der Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche und erhebt schon mal vehement ihre Stimme, um ihre Meinung durchzusetzen.
Die beiden Freundinnen könnten unterschiedlicher gar nicht sein. Während Wilhelmine sich wenig für Politik interessiert, sondern sich eher an der konventionellen Frauenrolle orientiert, ist Henriette ganz anders. Sie ist kämpferisch und leidenschaftlich, setzt sich für die Gleichberechtigung der Frauen und für die Demokratie ein, was ihr den Ruf einbringt, ein Blaustrumpf zu sein. Manchmal wirkt sie regelrecht fanatisch.
Ich habe die Entwicklung der Ereignisse mit Interesse verfolgt. Hier hat die Autorin tadellos recherchiert, und man erhält jede Menge Informationen zum damaligen Kampf um die Demokratie. Einige Charaktere aus dem Roman sind historisch reale Persönlichkeiten, und vieles, was hier erzählt wird, hat sich in gewisser Weise so zugetragen. Wo genau die wahre Geschichte endet und die Fiktion beginnt, ist Ines Thorns Geheimnis. Es war eine bewegte Zeit mit bedeutenden Ereignissen, die bis heute nachwirken, denn man erlebt hier quasi die Demokratie in ihren Kinderschuhen. Was meinem Geschichtslehrer nie gelungen ist, das hat Frau Thorn erreicht, denn sie hat mir diese wichtige historische Ära nahe gebracht, während der es leider nicht immer friedlich zuging. Mir hat dieser interessante Roman gut gefallen. Lediglich die integrierte fiktive Liebesgeschichte, die im Grunde genommen keine ist, war mir etwas zu kopfgesteuert, und das Ende wirkte auf mich etwas abrupt und vage, vor allem was Henriettes Schicksal angeht.

⭐⭐⭐⭐


Taschenbuch   oder   eBook
   

3 Kommentare:

  1. Hallo Susanne,
    Kurzer Einwurf: Ob der Text sauber recherchiert ist, kann ich nicht beurteilen, aber das Cover ist ja ziemlich daneben gegangen. Die Dame trägt Mode, die eher in die 1910er passt. Um 1848 sah Damenbekleidung definitiv anders aus. Schade.
    LG, Jürgen

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    1. Hallo Jürgen,
      das ist mir auch aufgefallen, denn die Mode auf dem Foto hätte ich auch viel später eingeschätzt. Leider ist es sehr häufig so, dass das Cover etwas völlig anderes wiederspiegelt als der Roman, der darin steckt. Ich habe auch schon häufig gehört, dass die Autoren bei der Wahl des Covers meist kein großes Mitspracherecht haben, was ich sehr schade finde.
      LG Susanne

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  2. Hallo nochmal,
    ja, das habe ich auch schon gehört und weiß von konkreten Einzelfällen, bei denen es fast zum Zerwürfnis zwischen Verlag und Autor*in darüber gekommen wäre. Ich gestehe, die Vorstellung, der Verlag würde sich über meine Wünsche hinwegsetzen oder schlimmer noch - sich auch massiv ins inhaltliche einmischen ("Streichen Sie den Charakter. Und außerdem brauchen wir noch eine Liebesgeschichte für den Hintergrund und der Kommissar muss männlich und geschieden sein und Zwerge wollen wir ..." "Kleinwüchsige" "Was? ja... also so was deprimiert die Leser... blablabla...)
    Irgendwie kann ich manche Kolleg*innen verstehen, die den Verlagen den Rücken kehren. Sicher sind nicht alle gleich, man sollte da nicht pauschalisieren, aber ich höre Derartiges immer öfter. Leider.
    LG, Jürgen

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