Österreich
1760: Sophie, die junge Gräfin von Waldbach, steckt gerade mitten in
ihren Hochzeitsvorbereitungen, als sie an den Pocken erkrankt. Sie
überlebt, aber die Blattern hinterlassen Narben, und ihr Bräutigam
wendet sich von ihr ab. Es scheint für Sophie nur noch den Weg ins
Kloster zu geben, aber dann kann ihr Onkel ihr am Wiener Hof eine
Stellung vermitteln, wo sie eine Ausbildung als Erzieherin erhalten
soll.
Als
sie jedoch erfährt, dass einige der ihr anvertrauten Kinder von
ihren Eltern getrennt wurden, weil diese der Lehre Luthers anhängen,
wandelt sich ihre anfängliche Freude über die neue Stelle schnell
in Betroffenheit. Während die Eltern verfolgt und nach Siebenbürgen
abgeschoben werden, hat die Kaiserin Maria Theresia für die Kinder
verfügt, dass sie an ihrem Hof im katholischen Glauben erzogen
werden sollen. Eines der Mädchen, die Sophie betreut, ist die
Tochter des Reitlehrers Benno. Dieser ist seiner Tochter heimlich an
den Hof gefolgt und will alles tun, um wieder bei seinem Kind zu
sein. Er vertraut sich Sophie an, und die beiden planen eine riskante
Aktion, um Caroline aus der Hofburg zu befreien.
Mit
Sophie hat der Roman eine außergewöhnliche, starke Heldin. Hier hat
man einmal eine Protagonistin, die nicht vom ersten Moment an durch
Schönheit besticht, sondern sich durch Herzensgüte und großen Mut
bewährt. Als sich ihr Verlobter von ihr abwendet, bricht für Sophie
eine Welt zusammen, aber sie lässt sich nicht unterkriegen, sondern
kämpft für ihr Glück, denn sie erkennt, dass es eine Gnade für
sie ist, die Krankheit überlebt zu haben.
Und
dann ist da noch Benno, der aus Liebe zu seiner Tochter alles wagt
und sogar sein Leben aufs Spiel setzt. Die Handlung ist sehr
realitätsgetreu und damit glaubhaft, war es doch unter der
Herrschaft Maria Theresias wirklich so, dass die Kaiserin nur den
katholischen Glauben anerkannte und diesen als den einzig wahren in
Österreich zulassen wollte. Ich muss gestehen, dass ich mich bisher
noch nicht allzu stark mit dem Leben Maria Theresias befasst hatte.
So war mir auch nicht bekannt, mit welcher Intoleranz sie
Andersgläubigen gegenüberstand. Ihr Bestreben, alle Protestanten
aus ihrem Land zu vertreiben, grenzt an Fanatismus. Mehr über die
damaligen Ereignisse und auch über die Meinungsverschiedenheiten mit
ihrem Sohn und Thronfolger Joseph zu erfahren, fand ich sehr
interessant und lehrreich.
Sowohl
die fiktiven als auch die realen Charaktere sind allesamt sehr
plastisch beschrieben und vermitteln ein farbiges Bild der damaligen
Zeit,besonders am Wiener Hof.
Auch
die Liebe spielt im Roman eine Rolle, aber die Handlung wirkt zu
keiner Zeit rührselig oder gar kitschig. Sehr schön beschreibt die
Autorin beispielsweise, wie Benno Sophie sieht, dass er zwar ihre
Narben registriert, sie aber trotzdem als attraktive Frau wahrnimmt
und dabei mehr auf die Schönheit ihres liebenswerten Wesens achtet.
Die
Autorin hat hier einige Probleme angesprochen, die auch heute noch
aktuell sind, denn auch in unserer Zeit werden noch Menschen wegen
ihrer Religion verfolgt, und mag man den Medien glauben, steht die
Unversehrtheit des Körpers beim Schönheitsideal an oberster Stelle.
Diese Themen sind im Roman sehr glaubwürdig und feinfühlig
dargestellt
Alles
in allem hat „Die Schicksalswächterin“ sehr viel zu bieten: jede
Menge Spannung, viel Wissenswertes über die Zeit Maria Theresias am
Wiener Hof, ganz besondere Charaktere und eine Handlung, die
fasziniert und berührt, ein wirklich großartiger Roman.
⭐⭐⭐⭐⭐
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