Freiburg im Jahr 1212: Ein Schildknappe ruft auf dem Jahrmarkt die Bevölkerung dazu auf, mit ihm nach Straßburg zu kommen. Dort sammeln sich die Gläubigen, um das heilige Kreuz zu nehmen und gemeinsam nach Jerusalem zu ziehen und das Heilige Grab von den Sarazenen zu befreien. Einem Hirtenjungen namens Nikolaus sei ein Engel erschienen und hätte diesen erwählt, den friedlichen Kreuzzug anzuführen. Die siebzehnjährige Anna, die unter ihrem jähzornigen Vater leidet, beschließt, das Wagnis auf sich zu nehmen. Hauptsächlich junge Leute folgen dem Knappen und wandern nach Straßburg, wo sie sich mit Gläubigen aus anderen Orten treffen. Tausende junger Menschen, hauptsächlich Kinder und Frauen, begeben sich auf diese lange, gefährliche Pilgerreise. Mit Anna sind noch einige Freiburger unterwegs. Als der angehende Priester Konrad zu den Pilgern stößt und sie von dieser weiten, gefährlichen und seiner Meinung nach sinnlosen Reise abhalten möchte, stoßen seine Argumente auf taube Ohren. Aber er hat seinem Oheim, dem Freiburger Stadtpfarrer, versprochen, die Kinder zurück zu holen. Da sich die Freiburger Schar nicht umstimmen lässt, folgt er den Pilgern schweren Herzens, um ihnen wenigstens seinen Schutz angedeihen zu lassen. Obwohl immer mehr Zweifel aufkommen, weil sich ihr Anführer Nikolaus feiern lässt wie ein König, zieht die riesige Pilgerschar weiter, in dem Glauben, dass sich in Genua für sie das Meer teilen wird, wie es ihnen der Hirtenjunge prophezeit hat. Es wartet ein riskantes und mühevolles Abenteuer auf die Pilger, denn Hunger, Durst und Erschöpfung sind ihre ständigen Begleiter.
Diesem Roman von Astrid Fritz liegt
eine wahre Begebenheit zugrunde, denn im Jahr 1212 brachen wirklich
zwei Kinderkreuzzüge auf, um das Heilige Land zu retten. Neben dem
deutschen Kinderkreuzzug unter Nikolaus, gab es eine ähnliche
Bewegung auch in Frankreich.
Über die Hintergründe zu diesem
wahnsinnigen Unterfangen kann man heute nur spekulieren, aber die
Autorin hat hier eine enorme, sehr gründliche Recherchearbeit
geleistet und die damaligen Vorgänge so realitätsnah wie möglich
rekonstruiert. Anhand der Freiburger schildert sie sehr ausführlich
und detailgetreu, wie es den Menschen auf dieser gigantischen Reise
erging. Nicht überall waren sie willkommen, und nicht wenige fanden
unterwegs den Tod. Es ist uns heute bewusst, dass das Wunder, auf das
die Pilger in Genua warteten, nämlich die Teilung des Meeres, nicht
eintraf. Wie es den Menschen, die an dem Kreuzzug teilnahmen, erging,
kann man hier gut nachempfinden. Das fiktive Schicksal der Freiburger
Protagonisten macht das Ausmaß des Unterfangens sehr deutlich. Es
treffen hier ganz unterschiedliche Charaktere aufeinander. Da ist
einmal Anna, die ihr Elternhaus klammheimlich verlässt, weil sie
unter der ungerechten Strenge ihres Vaters leidet. Der angehende
Priester Konrad versucht, ihr die Augen zu öffnen, dass vieles, was
sie glaubt, nicht der Realität entspricht. Konrad ist ein
vernünftiger, sehr umsichtiger Mann, der den größtenteils zu
gutgläubigen Pilgern aus Freiburg zur Seite steht. Aber Anna wirkt
sehr naiv, was vermutlich für ein Mädchen der damaligen Zeit auch
normal war.
Es sind auch weniger sympathische
Charaktere dabei, wie beispielsweise der junge Taglöhner Jecki, der
stets auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist und unterwegs nicht nur
einmal zu unlauteren Mitteln greift, um das, was er will, zu kriegen.
Auch der Anführer Nikolaus und seine
Beschützer, die Knappen, sind gut charakterisiert. Bei dem
Hirtenjungen wird die Diskrepanz deutlich, zwischen dem, was er
vorgibt zu sein und dem, was er wirklich ist.
Das Thema ist insgesamt sehr
interessant dargestellt, und auf den inneren Buchdeckeln gibt es
jeweils eine Karte, wo man den Weg des Kreuzzugs der Kinder
mitverfolgen kann. Es ist auch ein ausführliches Nachwort der
Autorin enthalten, wo sie weitere Informationen zu den historischen
Tatsachen gibt. Ein umfangreiches Glossar schließt sich an.
Der flüssige Schreibstil der Autorin
liest sich leicht und angenehm, und doch habe ich für diesen Roman
unverhältnismäßig lange gebraucht, denn so manche Passage hat sich
für mich ziemlich in die Länge gezogen. Es gibt auf dieser langen
Reise viele Situationen, die sich häufig in immer ähnlicher Weise
wiederholen. Hier hätte es für mich gerne ein wenig knapper gefasst
sein dürfen.
Aber der Roman ist, trotz mancher
Längen, auf jeden Fall sehr interessant und lesenswert. Insgesamt
hat er mir gut gefallen und konnte mich nachhaltig beeindrucken.
👍👍👍👍
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