„Skarabäus und Schmetterling“
besteht aus zwei großen Abschnitten, die zu unterschiedlichen Zeiten
spielen.
Der erste Teil der Geschichte ereignet
sich Anfang der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts. Die junge
Sarah reist zusammen mit ihrer Arbeitgeberin Lady Alison nach
Ägypten. Die beiden Frauen treffen Howard Carter und sind fasziniert
von den Ausgrabungsstätten, besonders als sich herausstellt, dass
Carter anscheinend das Grab des Tutanchamun gefunden hat. Doch dann
geschehen seltsame Dinge. Mehrmals gerät Sarah in große Gefahr und
wird von einem Unbekannten verfolgt. Lange Zeit glaubt sie an einen
Irrtum, denn sie kann sich nicht vorstellen, wer hinter den
Anschlägen steckt. Doch die Fakten verdichten sich immer mehr und
weisen darauf hin, dass die ahnungslose Sarah einen gefährlichen
Feind hat.
Der zweite Teil führt nach Berlin in
die Gegenwart. Rahel Höfling, eine junge Praktikantin, die im
Berliner Neuen Museum alte Ausstellungsstücke katalogisiert und
prüft, gerät unter Verdacht, als plötzlich Tutanchamun-Artefakte
auf dem Schwarzmarkt auftauchen.
Duke Taylor wird von Europol auf die junge Frau und ihre Großmutter
Mary angesetzt, um zu klären, ob die Familie etwas mit der
geschmuggelten Ware zu tun hat. In der folgenden Zeit sieht sich
Rahel ständig irgendwelchen Gefahren ausgesetzt. Sie wird
überfallen, ihr Apartment wird aufgebrochen und verwüstet, und auch
bei ihrer Großmutter in England gibt es einen Einbruch. Die Fälle
scheinen zusammenzuhängen. Rahel sucht Schutz bei Emma Ritter, ihrer
früheren Lehrerin, und Duke steht plötzlich zwischen den Fronten,
denn er hat sich in Rahel verliebt. Er sieht in ihr nicht mehr die
Verdächtige, die es zu überwachen gilt, sondern hat nur den Wunsch,
sie zu beschützen und ihr nahe zu sein. Der Zwiespalt führt zu
Differenzen mit seiner vorgesetzten Stelle.
Eigentlich
werden in diesem Buch zwei Romane erzählt, die jedoch
zusammengehören, deren Handlungsstränge ineinander greifen und
deren Charaktere verwandtschaftlich oder auch durch ihr Schicksal
verbunden sind, denn Rahel beispielsweise ist Sarahs Urenkelin. Was
Sarah 1922 in Ägypten erlebt hat, wiederholt sich nun in ganz
ähnlicher Form, denn auch in Rahels Leben gibt es anscheinend
unbekannte Feinde, die sie verfolgen und es auf ihr Leben abgesehen
haben, und so beginnt eine atemberaubende Flucht für die bisher eher
zurückgezogen lebende junge Frau. Zwischen ihrem Leben und Sarahs
gibt es einige Parallelen. Zum einen ist da die Faszination für
Ägypten und seine Artefakte. Diese Liebe hat sich über Generationen
hinweg in der Familie Höfling weitervererbt. Und wie Sarah vor 90
Jahren, so hat auch Rahel einen Mann an ihrer Seite, der sie
beschützen möchte und dem sie vertrauen soll. Trotz aller
Unwägbarkeiten fühlt sich Rahel fast magisch zu Duke hingezogen,
und in ihrem Bemühen, sich über ihre Gefühle klar zu werden und
gleichzeitig die Kraft aufzubringen, die beängstigenden Erlebnisse
mit den unbekannten Verfolgern durchzustehen, findet sie auch hier
Parallelen zum Leben und Wirken ihrer Urgroßmutter.
Wenn
Sarahs Geschichte endet und der Abschnitt mit Rahel beginnt, möchte
man gleich weiterlesen, zumindest ist es mir so ergangen, wollte ich
doch so bald wie möglich erfahren, wie sich alles weiterhin
entwickelt. So habe ich den Zeitsprung von 90 Jahren sofort gewagt
und mich gleich in die Situation der Handlung hineingefunden, die in
der Gegenwart spielt. Hatte der erste Teil einen eher ernsten
Grundton, so wird es in der Gegenwart schon öfter amüsant.
Besonders Falk, Rahels Schulfreund, ist ein pfiffiger, sehr
humorvoller und herzensguter Kerl, nie um eine Antwort verlegen und
immer mit schlauen Ideen zur Hand. Er hat sich für mich schnell zu
einem Lieblingscharakter entwickelt, und ich habe sein Geplänkel mit
Duke und seine Dialoge mit Emma, Daniel und vor allem mit Grandmary
sehr genossen. Er wirkt zwar manchmal überdreht, aber bei allem
Übermut erweist er sich für Rahel als guter Freund in dieser
kritischen Lage.
Beide
Frauen, sowohl Sarah als auch ihre Urenkelin, sehen sich hilflos den
dunklen, undurchsichtigen Machenschaften gegenüber und wissen nicht,
wie sie aus der Sache heil herauskommen sollen. Aber beide wachsen an
der Situation und verlieren nicht den Mut. Wenn es wirklich darauf
ankommt, beweisen sie ungeahnte Stärke und finden Kraft in ihrem
Glauben. Der christliche Glaube zieht sich wie ein roter Faden durch
das Leben der Familie. In die Handlung wird das Thema stets sehr
dezent eingebracht, ist aber immer präsent.
Brillant
und zugleich sehr gefühlvoll gezeichnete Charaktere, ein
faszinierender historischer Hintergrund und eine spannungsgeladene
Handlung machen diesen Roman zu einem Pageturner, dessen
Protagonisten mir sehr gefallen haben, der mich gefesselt hat und in
dem es so mache überraschende Wendung gab. Daher bekommt Elisabeth
Büchles Roman mit dem wunderschönen und ein wenig geheimnisvollen
Titel „Skarabäus und Schmetterling“ eine absolute Leseempfehlung
von mir.
Noch eine Anmerkung:
Dem
Nachwort der Autorin habe ich entnommen, dass Rahel und Falk bereits
in einem früheren Roman eine Rolle spielten, nämlich in dem 2010
erschienenen Buch „Das Mädchen aus Herrnhut“. Die erwähnte
Verbindung zu diesem Roman, in dem es wohl hauptsächlich um Rahels
Lehrerin Emma und ihren Mann Daniel geht, hat mich gleich neugierig
gemacht, aber leider ist das Buch nicht mehr im Handel erhältlich.
Vielleicht gibt es ja eine Chance, das Buch antiquarisch irgendwo zu
erwerben; ich werde auf jeden Fall danach Ausschau halten.
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