Montag, 15. Dezember 2014

Wind von Westen - Cordula Broicher

Niederwesseling 1793. Agnes, die junge Halfin des Kirchhofs, ist nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes gezwungen, sich so bald wie möglich neu zu vermählen. Die Wahl ihres Vaters Jakob Frings fällt auf Balthasar Broicher, den fünften Sohn eines wohlhabenden Halfen aus dem benachbarten Godorf. Die Zeiten sind unruhig. Die Alliierten pressen die letzten Heu- und Haferrationen aus den Bauern heraus, von Westen droht der Einmarsch der französischen Revolutionsarmee. Der Kirchhof ist schon seit langem verschuldet, doch nun drohen Einquartierungen und Repressalien den Menschen im Dorf ihre Lebensgrundlage zu entziehen.  Das sind jedoch keine Gedanken, mit denen sich Balthasar dieser Tage beschäftigt, schon seit Jahren heimlich in Agnes verliebt, sieht er sich endlich am Ziel seiner Träume. Doch am Hochzeitstag schaut er nur in feindselige Gesichter. Wird er sich gegen Jakob Frings Tyrannei behaupten, und, vor allem, wird er das Herz seiner Frau erobern können?

Mein Eindruck:
Mit diesem Roman betritt die Autorin ein völlig neues Terrain, denn bisher hat sie zeitgenössische Spannungsromane geschrieben. „Wind von Westen“ ist in mehrerer Hinsicht anders. Zum einen spielt die Geschichte Ende des 18. Jahrhunderts, während des ersten Koalitionskrieges, als französische Truppen Köln und das rheinische Umland besetzten und die Bevölkerung in Atem hielten. Die Bauern von Niederwesseling bleiben von Einquartierungen und hohen Abgaben ebenfalls nicht verschont. Auch Balthasar Broicher hat Existenzsorgen, denn der Kirchhof, dem er nun als Halfe vorsteht, ist verschuldet, und doch ist Balthasar glücklich, denn mit Anges' Heirat hat sich sein Traum erfüllt, ist er doch schon seit langer Zeit in die junge Frau verliebt. Aber es braucht seine Zeit, bis Agnes ihr Misstrauen ihm gegenüber aufgibt und seine Gefühle erwidert.
Eine weitere Besonderheit dieses Romans ist, dass Cordula Broicher die Geschichte ihrer eigenen Vorfahren erzählt, wie man bereits an Balthasars Nachnamen erkennen kann. Es ist eher eine Geschichte der leisen Töne, denn es sind größtenteils keine spektakulären Ereignisse, von denen hier berichtet wird, sondern die Autorin schildert den normalen Alltag einer Bauernfamilie zur damaligen Zeit. Es war ein ständiger Existenzkampf, den Balthasar Broicher mit seiner Familie ausfechten musste. Durch die schwierigen Lebensumstände kommt es teilweise auch zu Neid und Missgunst unter den Bauern, und gewisse Vorkommnisse schüren den Aberglauben in der Bevölkerung. In dieser Beziehung ist Balthasar ein aufgeschlossener und verständiger Zeitgenosse, der sich nicht so leicht ins Bockshorn jagen lässt. Er sorgt für seine Familie und beschützt sie. Was für die damaligen Menschen Normalität war, ist für uns heutzutage in mehrfacher Beziehung unvorstellbar.
Mit ihrem gewohnt schönen Schreibstil hat Cordula Broicher die Geschichte ihrer Familie zur damaligen Zeit mit Leben erfüllt und den Charakteren ein Gesicht gegeben, und man kann sich sehr gut in die Ereignisse hinein versetzen. So gesehen hätte ich dem Roman durchaus fünf Sterne gegeben. Es gab für mich nur einen Wermutstropfen bei der Sache, denn es kommen viele mundartliche und auch französische Redewendungen vor, die zwar alle im Anhang erklärt sind, aber da ich den Roman als eBook gelesen habe, war es mir mit der Zeit recht mühsam, die Begriffe alle nachzuschlagen. Das hat meinen Lesefluss häufig ausgebremst, und ich habe zuletzt darauf verzichtet, immer die Erklärungen nachzulesen, was wiederum manchmal auf Kosten des Verständnisses ging. Zwar kann man sich das meiste sinngemäß zusammenreimen, aber eben nicht immer. Zudem interessiert es mich sehr, wie die Menschen ihrer Zeit und ihrer Gegend gesprochen haben. Dass diese Begriffe im Roman vorkommen, macht ihn authentischer, aber hier hätte ich mir die Erklärungen als Fußnoten auf den jeweiligen Seiten gewünscht.
Dies würde mich jedoch ganz sicher nicht hindern, weitere historische Romane der Autorin zu lesen, denn letztendlich war ich fasziniert von diesem realistischen Einblick in die damalige Zeit.

Auf Cordula Broichers Website gibt es noch interessante ergänzende Informationen zum Roman und eine Leseprobe. Schaut doch dort einmal vorbei.


Wie ich inzwischen von der Autorin erfahren habe, ist das mit den Erklärungen in der Printausgabe besser gelöst, dort hat man sie als Fußnoten auf den jeweiligen Seiten.





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