Montag, 2. Dezember 2013

Unter dem Südseemond - Regina Gärtner


Köln 1899: die junge Alma wird von ihrem strengen Vater in eine ungewollte Ehe mit einem älteren Mann gedrängt, den sie kaum kennt. Da Hermann Stieglitz die Führungsposition bei einer Kolonialhandelsgesellschaft angenommen hat, muss Alma ihrem Ehemann schweren Herzens in die Fremde folgen. Ihre neue Heimat wird Samoa sein. Obwohl sich Alma von ihrem Vater ungerecht behandelt fühlt und es ihr schwer fällt, versucht sie von Anfang an, das Beste aus der neuen Situation zu machen.
Als sie sich in den australischen Seemann Joshua verliebt, lässt sie sich nicht zu unbedachten Handlungen hinreißen, sondern ist bemüht, die Loyalität zu ihrem Mann zu wahren, obwohl ihre Ehe nicht glücklich ist.
Diverse Briefe aus der Heimat bringen schlechte Nachrichten und machen ihr zudem Sorgen, denn sie ahnt, dass sich zwischen den Zeilen einige Geheimnisse verbergen, die sie nicht zu entschlüsseln vermag.

Almas Schicksal ist mir von der ersten Seite an sehr nahe gegangen.
In gewisser Weise muss sie ja für die Fehler der Anderen büßen, indem sie schnell verheiratet und außer Landes gebracht wird. Man leidet und fühlt mit ihr und kann ihren Zorn und ihre Ohnmacht über diese Ungerechtigkeit gut verstehen. Aber schon während der Reise beginnt sie, sich mit ihrer neuen Lage zu arrangieren und sogar ihre Ehe mit dem ungeliebten Mann zu akzeptieren. Die ursprünglich angepasste und gehorsame Alma gewinnt in der Fremde an Persönlichkeit und Selbstbewusstsein. Sie ist aufgeschlossen und wissbegierig, und sie möchte alles erfahren, was es über die fremdartige Insel zu wissen gibt, die ihr immer mehr zu einer neuen Heimat wird, je länger sie dort weilt.
Joseph, ein früherer Seemann, der schon lange auf Samoa lebt und sich sehr gut dort auskennt, kann ihr viele Wissenswertes über das Land und seine Ureinwohner erzählen, immer wenn er bei ihr auftaucht und sie ihn heimlich mit Essen und Kleidung versorgt.
Der alte Seebär verrät Alma so manches gut gehütete Geheimnis und den neuesten Klatsch der Insel. Auch wichtige Details zur politischen Lage in den Kolonien des Kaiserreichs und zu gesellschaftlichen Zusammenhängen kann er ihr erklären. So erfährt auch der Leser ganz nebenbei, fast spielerisch und kurzweilig, alles historisch Wissenswerte. In die Handlung sind auch immer wieder kleine Details und informative Hinweise eingestreut, so dass man sich schnell ein deutliches und farbenprächtiges Bild der damaligen Lebensumstände auf Samoa machen kann. Ich war sehr erstaunt, wie verstreut und weit entfernt das deutsche Kaiserreich damals seine Kolonien hatte, quasi am anderen Ende der Welt.

Almas persönliche Situation gestaltet sich kompliziert. Sie liebt den Australier Joshua, ist aber verheiratet. Würden ihre wahren Gefühle öffentlich bekannt, wäre ihr Ruf ruiniert. Joshuas Bitten, mit ihm zu gehen, lehnt sie nicht nur aus eigenem Sicherheitsbedürfnis ab, denn sie selbst könnte durchaus mit diesem Wagnis leben, alle Brücken hinter sich abzubrechen. Aber da ist noch ihre Familie. Für Alma stehen immer die Bedürfnisse der Menschen im Vordergrund, denen sie sich verbunden fühlt. Ihre eigenen Gefühle und Wünsche bleiben dabei oft auf der Strecke. Sie ist ein starker Charakter und verfolgt unbeirrbar ihren Weg, auch wenn dieser oft steinig für sie ist. Dabei bleibt sie sich selbst stets treu.

Von der ersten bis zur letzten Seite war ich gefesselt von dieser Familiensaga und hingerissen von der sympathischen Protagonistin, deren Schicksal man fünfzehn Jahre lang begleitet. Regina Gärtner legt hier ein eindrucksvolles und gut recherchiertes Debüt im Genre der historischen Romane vor, das ich wärmstens empfehlen kann. Ich lege es allen Leser(inne)n ans Herz, die sich gerne in frühere Zeiten entführen und von der Faszination fremder Länder mitreißen lassen. 


2 Kommentare:

  1. Mensch....schon wieder ein Zugang auf meiner Wunschliste!!!! Ich brauch ja nochmals 2 Leben um alles zu lesen ;) Tolle Rezi!
    LG
    Martina

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    1. Liebe Martina, wir schaffen es immer gegenseitig, unsere Wunschlisten noch ein wenig zu verlängern ;-)
      LG
      Susanne

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