Köln 1899: die junge Alma wird von ihrem strengen Vater in
eine ungewollte Ehe mit einem älteren Mann gedrängt, den sie kaum kennt. Da
Hermann Stieglitz die Führungsposition bei einer Kolonialhandelsgesellschaft
angenommen hat, muss Alma ihrem Ehemann schweren Herzens in die Fremde folgen.
Ihre neue Heimat wird Samoa sein. Obwohl sich Alma von ihrem Vater ungerecht
behandelt fühlt und es ihr schwer fällt, versucht sie von Anfang an, das Beste
aus der neuen Situation zu machen.
Als sie sich in den australischen Seemann Joshua verliebt,
lässt sie sich nicht zu unbedachten Handlungen hinreißen, sondern ist bemüht,
die Loyalität zu ihrem Mann zu wahren, obwohl ihre Ehe nicht glücklich ist.
Diverse Briefe aus der Heimat bringen schlechte Nachrichten
und machen ihr zudem Sorgen, denn sie ahnt, dass sich zwischen den Zeilen einige
Geheimnisse verbergen, die sie nicht zu entschlüsseln vermag.
Almas Schicksal ist mir von der ersten Seite an sehr nahe
gegangen.
In gewisser Weise muss sie ja für die Fehler der Anderen
büßen, indem sie schnell verheiratet und außer Landes gebracht wird. Man leidet
und fühlt mit ihr und kann ihren Zorn und ihre Ohnmacht über diese
Ungerechtigkeit gut verstehen. Aber schon während der Reise beginnt sie, sich
mit ihrer neuen Lage zu arrangieren und sogar ihre Ehe mit dem ungeliebten Mann
zu akzeptieren. Die ursprünglich angepasste und gehorsame Alma gewinnt in der
Fremde an Persönlichkeit und Selbstbewusstsein. Sie ist aufgeschlossen und
wissbegierig, und sie möchte alles erfahren, was es über die fremdartige Insel
zu wissen gibt, die ihr immer mehr zu einer neuen Heimat wird, je länger sie
dort weilt.
Joseph, ein früherer Seemann, der schon lange auf Samoa lebt
und sich sehr gut dort auskennt, kann ihr viele Wissenswertes über das Land und
seine Ureinwohner erzählen, immer wenn er bei ihr auftaucht und sie ihn
heimlich mit Essen und Kleidung versorgt.
Der alte Seebär verrät Alma so manches gut gehütete
Geheimnis und den neuesten Klatsch der Insel. Auch wichtige Details zur
politischen Lage in den Kolonien des Kaiserreichs und zu gesellschaftlichen
Zusammenhängen kann er ihr erklären. So erfährt auch der Leser ganz nebenbei,
fast spielerisch und kurzweilig, alles historisch Wissenswerte. In die Handlung
sind auch immer wieder kleine Details und informative Hinweise eingestreut, so
dass man sich schnell ein deutliches und farbenprächtiges Bild der damaligen
Lebensumstände auf Samoa machen kann. Ich war sehr erstaunt, wie verstreut und
weit entfernt das deutsche Kaiserreich damals seine Kolonien hatte, quasi am
anderen Ende der Welt.
Almas persönliche Situation gestaltet sich kompliziert. Sie
liebt den Australier Joshua, ist aber verheiratet. Würden ihre wahren Gefühle öffentlich
bekannt, wäre ihr Ruf ruiniert. Joshuas Bitten, mit ihm zu gehen, lehnt sie
nicht nur aus eigenem Sicherheitsbedürfnis ab, denn sie selbst könnte durchaus
mit diesem Wagnis leben, alle Brücken hinter sich abzubrechen. Aber da ist noch
ihre Familie. Für Alma stehen immer die Bedürfnisse der Menschen im
Vordergrund, denen sie sich verbunden fühlt. Ihre eigenen Gefühle und Wünsche
bleiben dabei oft auf der Strecke. Sie ist ein starker Charakter und verfolgt
unbeirrbar ihren Weg, auch wenn dieser oft steinig für sie ist. Dabei bleibt
sie sich selbst stets treu.
Von der ersten bis zur letzten Seite war ich gefesselt von
dieser Familiensaga und hingerissen von der sympathischen Protagonistin, deren Schicksal man fünfzehn Jahre lang begleitet. Regina
Gärtner legt hier ein eindrucksvolles und gut recherchiertes Debüt im Genre der
historischen Romane vor, das ich wärmstens empfehlen kann. Ich lege es allen
Leser(inne)n ans Herz, die sich gerne in frühere Zeiten entführen und von der
Faszination fremder Länder mitreißen lassen.
Mensch....schon wieder ein Zugang auf meiner Wunschliste!!!! Ich brauch ja nochmals 2 Leben um alles zu lesen ;) Tolle Rezi!
AntwortenLöschenLG
Martina
Liebe Martina, wir schaffen es immer gegenseitig, unsere Wunschlisten noch ein wenig zu verlängern ;-)
LöschenLG
Susanne